Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
ihre Aufregung nicht bemerkte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er ihn nur zufällig erwähnte.
»Wie lange haben Sie das Gerät denn schon?«
»Ich weiß nicht genau – vier oder fünf Jahre, glaube ich. Ist etwas damit?«
»Aber nein.« Kishitani schüttelte den Kopf. »Sind Sie heute Abend nach der Arbeit noch ausgegangen? Sie sind spät nach Hause gekommen.«
Die Frage überrumpelte Yasuko, und sie erschrak. Offenbar hatte der Kommissar vor dem Haus auf sie gewartet. Das hieß, er hatte sie wahrscheinlich aus dem Taxi steigen sehen. Es hatte keinen Sinn zu lügen.
»Ich war mit einem Bekannten essen.« Sie versuchte, sich möglichst vage auszudrücken, aber der Kommissar gab sich mit dieser Antwort nicht zufrieden.
»Der Mann hat sie mit dem Taxi nach Hause gebracht. Wasist das für ein Bekannter? Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, mir seinen Namen zu nennen«, sagte Kishitani mit entschuldigender Miene.
»Muss ich ihn sagen?«
»Ich weiß, dass das zudringlich ist. Aber wenn ich Sie nicht frage, bekomme ich Ärger mit meinem Chef. Wir werden Ihren Bekannten nicht belästigen. Jedenfalls wäre es nett, wenn Sie es mir erzählen würden.«
Yasuko stieß einen lauten Seufzer aus. »Er heißt Kudo und war Stammgast in dem Klub, in dem ich früher gearbeitet habe. Er hat von dem Mord gehört und sich Sorgen gemacht. Er wollte sich überzeugen, dass bei mir alles in Ordnung ist.«
»Was macht Herr Kudo beruflich?«
»Soweit ich weiß, ist er Geschäftsführer einer Druckerei. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Wissen Sie, wie wir ihn erreichen können?«
Yasuko runzelte unwirsch die Brauen, und der junge Kommissar senkte betreten den Kopf.
»Solange es nicht absolut notwendig ist, werden wir ihn nicht belästigen. Bitte glauben Sie mir.«
Stumm und ohne ihren Unwillen zu verbergen, nahm Yasuko ihr Handy hervor und rasselte die Nummer herunter, die Kudo ihr gegeben hatte. Kishitani notierte hastig. Anschließend bat er sie noch immer etwas betreten, ihm alles zu berichten, was sie über Kudo wisse. Am Ende erzählte Yasuko ihm alles seit Kudos erstem Auftauchen im
Benten-tei
.
Als Kishitani gegangen war, schloss Yasuko die Tür hinter ihm ab und sank im Flur auf den Boden. Sie war völlig erschöpft und hatte das Gefühl, kurz vor einem Nervenzusammenbruch zu stehen.
Sie hörte, wie die Schiebetür vom hinteren Zimmer geöffnet wurde. Misato kam heraus. »Die sind noch immer misstrauisch wegen dem Kino, stimmt’s?«, sagte sie. »Genau wie Ishigami es vorausgesagt hat. Er ist unglaublich clever, dieser Lehrer.«
»Ja, wirklich.« Yasuko stand auf, strich sich die Haare aus dem Gesicht und trat ins Wohnzimmer.
»Du warst gar nicht mit den Leuten vom
Benten-tei
essen, Mama, oder?«
Yasuko sah überrascht auf und begegnete dem vorwurfsvollen Blick ihrer Tochter.
»Du hast alles gehört?«
»Natürlich.«
»Na dann …« Yasuko setzte sich und schob die Beine unter den Kotatsu. Sie musste daran denken, wie der Kommissar das Gespräch darauf gelenkt hatte, und ließ den Kopf hängen.
»Wie kannst du jetzt mit einem fremden Mann essen gehen?«
»Ich konnte nicht ablehnen. Dieser Mann war früher sehr anständig zu mir. Und er hat sich gemeldet, weil er sich Sorgen um uns gemacht hat. Tut mir leid, dass ich es dir verschwiegen habe.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.«
In diesem Moment war zu hören, wie die Tür der Nachbarwohnung geöffnet und wieder geschlossen wurde. Als Nächstes ertönten Schritte, die sich die Treppe hinunterbewegten. Mutter und Tochter tauschten einen Blick.
»Mama, dein Handy«, sagte Misato.
»Es ist eingeschaltet«, antwortete Yasuko.
Kurz darauf klingelte es.
Ishigami benutzte stets das gleiche Telefonhäuschen. Es war sein dritter Anruf von dort an diesem Abend. Das beunruhigte ihn, denn bisher hatte er sie immer auf Anhieb erreicht. Aber nun erkannte er an ihrer Stimme, dass seine Sorge unbegründet gewesen war.
Er hatte gehört, dass gerade jemand bei den Hanaokas geläutet hatte. Wie er schon vermutet hatte, war es die Polizei gewesen. Yasuko erzählte ihm, dass der Kommissar sie um die abgerissenen Eintrittskarten gebeten hatte. Ishigami dachte sich, dass die Polizei vorhatte, im Abfall des Kinos nach den anderen Hälften zu suchen, um die Fingerabdrücke vergleichen zu können. So ließe sich beweisen, dass Yasuko und ihre Tochter an dem Abend zumindest im Kino gewesen waren, ob sie nun den Film gesehen hatten oder nicht. Fände man
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