Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
wäre?«
»Was ist schwieriger: Ein unlösbares Problem zu schaffen oder es zu lösen? Es existiert eine richtige Antwort. Wie findest du es? Interessant, oder?«
»Sehr interessant.« Ishigami sah Yukawa forschend ins Gesicht. »Ich werde darüber nachdenken.«
Yukawa nickte, machte kehrt und ging in Richtung der Hauptstraße davon.
Kapitel 9
Als sie die letzte Garnele verzehrt hatten, war auch die Weinflasche leer. Yasuko trank ihr Glas aus und seufzte leise. Sie überlegte, wann sie das letzte Mal italienisch gegessen hatte.
»Möchtest du noch etwas trinken?«, fragte Kudo. Seine Augen waren leicht gerötet.
»Nein, danke, ich habe genug. Aber wenn du noch etwas möchtest …«
»Nein, ich lasse es auch. Ich genehmige mir lieber einen Nachtisch.« Er lächelte und tupfte sich den Mund mit der Serviette ab.
Wenn Yasuko in ihrer Zeit im
Klub Marian
mit Kudo essen gegangen war, hatte er es nie bei einer Flasche Wein bewenden belassen, ganz gleich, ob sie in einem französischen oder italienischen Restaurant gewesen waren.
»Du trinkst wohl jetzt weniger?«
Kudo dachte kurz nach und nickte dann. »Ja, stimmt, wahrscheinlich liegt es am Alter.«
»Auf jeden Fall ist es besser so. Du musst auf deine Gesundheit achten.«
»Danke für deine Fürsorge.« Kudo lachte.
Er hatte sie gegen Mittag auf ihrem Handy angerufen und zu diesem Abendessen eingeladen. Nach anfänglichem Zögern hatte sie zugesagt. Gezögert hatte sie, weil der Mord sie immer noch belastete. In einer so kritischen Zeit auszugehen bereitete ihr ein schlechtes Gewissen. Es erschien ihr rücksichtslos,besonders ihrer Tochter gegenüber, die die polizeilichen Ermittlungen sicher noch mehr verstörten als sie selbst. Und gegenüber Ishigami, der alles tat, um sie zu decken.
Aber war es andererseits nicht auch wichtig, sich gerade jetzt so normal wie möglich zu verhalten? Es wäre doch »normal«, eine solche Einladung anzunehmen. Grundlos abzulehnen wäre viel unnatürlicher. Falls Sayoko davon erführe, würde sie vielleicht sogar Verdacht schöpfen. Aber Yasuko merkte selbst, dass dies im Grunde alles Ausreden waren. Der einzige wahre Grund, aus dem sie Kudos Einladung annahm, bestand darin, dass sie sich mit ihm treffen wollte. Sie wusste selbst nicht genau, ob ihre Gefühle für Kudo romantischer Natur waren. Bis zu ihrem jüngsten Wiedersehen hatte sie kaum an ihn gedacht. Er war ihr sympathisch, aber auf mehr konnte sie sich im Augenblick ohnehin nicht einlassen. Dennoch ließ sich nicht leugnen, dass sie sich, nachdem sie seine Einladung zum Essen erhalten hatte, in bester Stimmung befand. Sie fühlte sich fast wie vor einem Rendezvous mit einem Liebhaber. Ihr war sogar etwas heiß. Aufgeregt hatte sie Sayoko gefragt, ob sie etwas früher gehen dürfe, damit sie sich vorher noch zu Hause umziehen könne.
Vielleicht lag es einfach an ihrer Sehnsucht, und sei es nur für kurze Zeit, ihrer bedrückenden Situation zu entkommen. Vielleicht war in ihr der Wunsch erwacht, einmal wieder wie eine Frau behandelt zu werden.
Jedenfalls bereute Yasuko es nicht, die Einladung angenommen zu haben. Der Abend verging rasch, und auch wenn sie die ganze Zeit ihr schlechtes Gewissen nicht ganz unterdrücken konnte, amüsierte sie sich wie schon lange nicht mehr.
»Was isst denn Misato heute zu Abend?«, fragte Kudo, seine Kaffeetasse in der Hand.
»Ich habe ihr auf den Anrufbeantworter gesprochen, dass sie sich etwas bestellen darf. Wahrscheinlich nimmt sie Pizza – ihr Lieblingsgericht.«
»Ach, das arme Kind. Und wir essen so ein Festmahl.«
»Ich glaube, sie sitzt viel lieber mit ihrer Pizza vor dem Fernseher, als in einem Restaurant wie diesem. Sie verabscheut feine Restaurants.«
Kudo nickte stirnrunzelnd und kratzte sich an der Nase. »Bestimmt würde es ihr keinen großen Spaß machen, mit einem alten Knacker zu Abend zu essen, den sie nicht mal kennt. Für nächstes Mal überlege ich mir etwas. Vielleicht eine Sushi-Bar?«
»Das ist sehr lieb, danke. Aber du musst dir deshalb wirklich keine Sorgen machen.«
»Ich mache mir keine Sorgen. Ich würde einfach gern deine Tochter kennenlernen.« Kudo nahm einen Schluck von seinem Kaffee und sah sie scheu an. Als er Yasuko eingeladen hatte, hatte er sie gebeten, auch ihre Tochter mitzubringen. Yasuko hatte gespürt, dass er es aufrichtig meinte, und sich darüber gefreut. Dennoch konnte sie Misato nicht mitnehmen. Sie mochte tatsächlich keine feinen Restaurants. Darüber hinaus wollte sie
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