Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
Wahrscheinlich vermutete der Kommissar eine engere Beziehung zwischen den beiden.
»Ja? Fällt Ihnen etwas ein?«
»Er kommt mir bekannt vor.« Ishigami schüttelte den Kopf. »Aber mehr auch nicht, tut mir leid. Vielleicht verwechsle ich ihn auch mit jemandem.«
»Macht ja nichts.« Mit bedauernder Miene steckte Kusanagidas Foto wieder ein und zog eine Visitenkarte hervor. »Falls Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie mich bitte an.«
»Natürlich. Hat dieser Mann etwas mit Ihrem Fall zu tun?«
»Das wissen wir nicht. Wir ermitteln noch.«
»Steht er in irgendeiner Beziehung zu Frau Hanaoka?«
»Ja, vielleicht«, sagte Kusanagi absichtlich vage. Er wollte keine weiteren Informationen preisgeben. »Übrigens waren Sie neulich mit Yukawa im
Benten-tei
, nicht wahr?«
Ishigami erwiderte den Blick des Kommissars. Die Frage kam so überraschend, dass ihm für einen Moment die Worte fehlten.
»Ich habe Sie beide zufällig gesehen. Aber weil ich Dienst hatte, konnte ich Sie nicht ansprechen.«
Demnach beobachtete die Polizei das Lokal.
»Ja, Yukawa wollte ein Bento kaufen, also habe ich ihn mitgenommen.«
»Aber warum ausgerechnet dort? Ein Supermarkt wäre doch näher gewesen.«
»Tja, da müssen Sie ihn schon selbst fragen. Er hat mich darum gebeten.«
»Haben Sie über Frau Hanaoka und den Fall gesprochen?«
»Nur, dass ich Sie unterstützen soll.«
Kusanagi schüttelte den Kopf. »Schade. Er hat Ihnen wahrscheinlich erzählt, dass ich ihn manchmal um seinen Rat bitte. Er ist ein genialer Physiker, aber seine Fähigkeiten als Detektiv sind auch nicht zu verachten. Ich hatte gehofft, er hätte eine Art Hypothese geäußert.«
Kusanagis Frage verwirrte Ishigami ein wenig. Falls Yukawa und der Kommissar sich wirklich so häufig trafen, tauschten sie doch sicher ihre Informationen aus. Aber warum fragte der Kommissar dann ihn?
»Nein, er hat nichts Besonderes erwähnt«, sagte Ishigami.
»Na dann. Entschuldigen Sie, dass ich Sie nach der Arbeit noch belästigt habe.« Kusanagi nickte knapp und ging den Weg zurück, den sie gekommen waren. Ishigami sah ihm nach. Er fühlte sich auf unangenehme Weise verunsichert. So ähnlich, als verlöre eine Formel, die er für absolut vollkommen gehalten hatte, durch eine unvorhergesehene Variable ihre Festigkeit.
Kapitel 11
Als Kusanagi den Bahnhof Shinozaki verließ, rief er Yukawa an. Das Telefon am Ohr schaute er sich um. Es war drei Uhr am Nachmittag, dennoch waren eine Menge Leute unterwegs. Vor dem Supermarkt standen wie üblich zahlreiche Fahrräder. Die Verbindung kam zustande, und Kusanagi wartete, dass das Rufzeichen ertönte. Doch dann legte er auf, noch bevor es klingelte. Er hatte die Person entdeckt, nach der er suchte. Yukawa saß auf dem Geländer vor einem Buchladen und aß ein Softeis. Er trug eine weiße Hose, ein schwarzes Hemd und eine modische Sonnenbrille.
Kusanagi überquerte die Straße und näherte sich ihm von hinten. Yukawa schien den Supermarkt im Visier zu haben.
»He, Meister Galileo!«, rief der Kommissar, um ihn zu erschrecken, aber Yukawas Reaktion war ungewöhnlich gelassen. Noch immer mit seinem Eis beschäftigt, wandte er sich in Zeitlupe um.
»Du hast wirklich einen guten Riecher. Wozu braucht die Polizei eigentlich Hunde?«, sagte er mit nahezu unbewegter Miene.
»Was machst du denn hier? Und erzähl mir nichts von Eis essen.«
Yukawa grinste. »Ich könnte dir die gleiche Frage stellen, aber die Antwort ist einfach. Du hast mich gesucht. Besser gesagt, du willst herausfinden, was ich hier mache.«
»Wenn du das alles schon weißt, kannst du es mir ja auch sagen. Also, was machst du hier?«
»Ich warte auf dich.«
»Auf mich? Was du nicht sagst.«
»Großes Ehrenwort. Ich habe gerade im Labor angerufen. Einer der Doktoranden sagte, du hättest vorbeigeschaut. Und gestern Abend warst du auch dort. Also habe ich mir gedacht, dass ich nur hier zu warten brauche, bis du irgendwann auftauchst. Immerhin hat der Doktorand dir gesagt, ich sei nach Shinozaki gefahren.«
Alles was Yukawa sagte, stimmte aufs Wort, beantwortete aber noch immer nicht die Frage, was er hier wollte. Also hakte Kusanagi nach.
»Ich frage dich, was du hier suchst«, sagte Kusanagi nun etwas lauter. Er war an die Umschweife seines Freundes gewöhnt, aber manchmal ging er ihm damit ziemlich auf die Nerven.
»Kein Grund zur Aufregung. Wollen wir einen Kaffee trinken? Der aus dem Automat da drüben ist bestimmt immer noch besser als der bei uns im
Weitere Kostenlose Bücher