Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
Institut.« Yukawa stand auf und warf die Softeiswaffel in den nächsten Abfalleimer. Daraufhin zog er zwei Dosen Kaffee aus dem Automaten vor dem Supermarkt, setzte sich lässig auf eines der Fahrräder und trank. Kusanagi öffnete seine Dose im Stehen und schaute sich um.
»Du solltest dich nicht auf fremde Fahrräder setzen.«
»Das geht schon. Die Besitzerin kommt so bald nicht wieder.«
»Woher weißt du das?«
»Nachdem sie es hier abgestellt hat, ist sie in die U-Bahn gegangen. Selbst wenn sie nur eine Station fährt, braucht sie mindestens eine halbe Stunde, bis sie zurück ist.«
Kusanagi nahm einen Schluck Kaffee. Er gab sich geschlagen.
»Das hast du wohl gesehen, als du da drüben dein Softeis gegessen hast?«
»Menschen beobachten ist mein Hobby. Ausgesprochen interessant.«
»Es reicht jetzt mit der Angeberei. Sag mir sofort, was du hier zu suchen hast! Und keine fadenscheinigen Ausreden. Und versuch nicht, mir einzureden, es hätte nichts mit meinem Mordfall zu tun.«
Yukawa drehte sich auf dem Sitz des Fahrrads um und nahm das Rückblech in Augenschein.
»Heutzutage schreiben immer weniger Leute ihren Namen auf ihr Rad. Wahrscheinlich glauben sie, es sei gefährlich, wenn Fremde ihn lesen. Früher hat man das immer gemacht. Andere Zeiten, andere Sitten.«
»Du interessierst dich für das gestohlene Fahrrad. Wir haben schon einmal darüber gesprochen.« Kusanagi begriff nun, was seinem Freund durch den Kopf ging.
Yukawa nickte. »Damals sagtest du, es sei unwahrscheinlich, dass das Rad vorsätzlich am Tatort abgestellt worden sei.«
»Nein, ich habe nur gesagt, es wäre sinnlos, das Rad absichtlich dort zu deponieren, um die Fingerabdrücke des Opfers darauf zu hinterlassen, wenn man die Fingerkuppen der Leiche verbrennt. Schließlich haben wir mit Hilfe dieser Abdrücke die Identität des Mannes geklärt.«
»Und wenn auf dem Rad keine Fingerabdrücke gewesen wären? Hättet ihr ihn dann nicht identifizieren können?«
Kusanagi schwieg für etwa zehn Sekunden. Diese Frage hatte er noch nicht bedacht.
»Doch«, sagte er, »hätten wir. Die Fingerabdrücke haben uns zwar zu dem Mann geführt, der aus der Pension verschwunden ist. Aber auch ohne die Fingerabdrücke wäre das kein Problem gewesen. Ich habe dir ja erzählt, dass wir einen DNA-Test gemacht haben.«
»Demnach war es letzten Endes völlig sinnlos, der Leiche die Fingerkuppen zu versengen. Was, wenn der Mörder das von vorneherein miteinkalkuliert hat?«
»Er hat die Fingerkuppen verbrannt, obwohl er wusste, dass es nichts bringt?«
»Natürlich hatte er einen Grund. Der allerdings nicht darin bestand, die Identität des Opfers zu verschleiern. Vielleicht war es ein Trick, um den Anschein zu erwecken, das Fahrrad sei zufällig zurückgeblieben. Was hältst du davon?«
Angesichts dieser überraschenden Theorie verschlug es Kusanagi kurz die Sprache. »Du meinst also, das Rad sei vorsätzlich dort abgestellt worden?«, sagte er dann.
»Zu welchem Zweck ist mir allerdings noch unklar.« Yukawa stieg von dem Fahrrad. »Vermutlich will der Täter uns glauben lassen, das Opfer sei selbst mit dem Rad an den Fundort gelangt. Aber weshalb?«
»Um zu verschleiern, dass das Opfer sich in Wirklichkeit nicht mehr aus eigener Kraft bewegen konnte«, sagte Kusanagi. »Weil es nämlich schon tot war und als Leiche an den Fluss geschafft wurde. Dieser Ansicht ist unser Chef.«
»Aber du bezweifelst diese Theorie. Weil deine Hauptverdächtige Yasuko Hanaoka keinen Führerschein hat.«
»Wenn sie allerdings einen Komplizen gehabt hätte, sähe die Sache anders aus«, sagte Kusanagi.
»Also gut, dann beschäftigen wir uns mal mit der Frage, wann das Fahrrad gestohlen wurde. Soweit ich gehört habe, zwischen elf Uhr vormittags und zehn Uhr am Abend. Woher wisst ihr das denn so genau?«
»Weil die Besitzerin es gesagt hat. Das herauszufinden war nicht schwierig.«
»Allerdings nicht«, sagte Yukawa und schwenkte seineKaffeedose in Kusanagis Richtung. »Aber wie habt ihr die Besitzerin so schnell gefunden?«
»Auch das war nicht schwierig. Sie hatte das Rad als gestohlen gemeldet. Wir brauchten nur nachzufragen.«
Bei dieser Antwort stöhnte Yukawa auf und sah Kusanagi durch seine Sonnenbrille scharf an.
»Was ist los? Was gefällt dir jetzt wieder nicht?«, fragte dieser.
»Weißt du, wo das Fahrrad gestohlen wurde?«
»Natürlich, ich habe die Besitzerin ja selbst befragt.«
»Könntest du mich hinführen? Es war hier in der Nähe,
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