Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
Schluss nur einsilbig antwortete.
»Ich geh mal auf die Toilette«, sagte sie zu Yasuko, als sie mit ihrem Nachtisch fertig war.
»Ja, mach das«, antwortete ihre Mutter. Sie wartete, bis Misato gegangen war, und wandte sich dann Kudo zu.
»Entschuldige bitte«, sagte sie.
»Aber was denn?«, sagte er überrascht, aber Yasuko wusste, dass er nur so tat.
»Sie ist nicht an den Umgang mit Menschen gewöhnt. Und ältere Männer sind ihr besonders suspekt.«
Kudo lachte. »Wir werden uns sicher bald anfreunden. Ich war in dem Alter genauso. Ich freue mich, dass ich sie heute kennenlernen konnte.«
»Danke, du bist sehr verständnisvoll.«
Kudo nahm ein Päckchen Zigaretten und ein Feuerzeug aus seinem Jackett, das über der Stuhllehne hing. Er hatte sich beim Essen zurückgehalten. Wahrscheinlich wegen Misato.
»Gibt es neue Erkenntnisse, seit wir uns letztes Mal gesehen haben?«
»Was denn für Erkenntnisse?«
»Bei den Ermittlungen, du weißt schon.«
»Ach so, ja.« Yasuko senkte für einen Moment die Lider und sah ihn gleich wieder an. »Nein, es hat sich nichts ereignet. Alles wie immer.«
»Gut. Und die Polizei war auch nicht mehr bei dir?«
»Schon eine ganze Weile nicht. Auch nicht im Laden. Waren sie nochmal bei dir?«
»Nein. Ich glaube, sie haben den Verdacht gegen mich fallenlassen.« Kudo klopfte seine Zigarette im Aschenbecher ab. »Etwas bereitet mir allerdings Sorgen.«
»Was denn?«
Kudo zögerte. »Ich bekomme neuerdings diese Anrufe. Jemand ruft an und legt wieder auf, ohne etwas zu sagen.«
»Was? Wie unheimlich.« Yasuko zog die Brauen zusammen.
»Und noch etwas.« Kudo zog nach kurzem Zögern ein Blatt Papier aus seiner Jackentasche. »Das hier war in meinem Briefkasten.«
Yasuko warf einen Blick auf den Zettel und erstarrte. Darauf stand: »Finger weg von Yasuko Hanaoka. Mit einem Mann wie dir kann sie nie glücklich werden.« Anscheinend mit Computer geschrieben. Natürlich ohne Unterschrift.
»Hat dir das jemand geschickt?«
»Nein, anscheinend wurde es eingeworfen.«
»Hast du eine Ahnung von wem?«
»Nicht die geringste. Ich dachte, du hättest vielleicht eine Idee.«
»Nein, auch nicht.« Yasuko griff in ihre Handtasche und zog ein Taschentuch hervor. Ihre Hände wurden feucht.
»War es nur diese Nachricht?«
»Nein, ein Foto war auch dabei.«
»Was für ein Foto?«
»Von mir. Als wir uns in Shinagawa getroffen haben. Jemand muss es im Hotelparkhaus aufgenommen haben. Ich habe überhaupt nichts davon bemerkt.« Kudo schüttelte den Kopf.
Unwillkürlich ließ Yasuko ihren Blick durch den Raum schweifen. Hier würde doch niemand sie beobachten?
Als Misato zurückkam, wechselten sie das Thema. Kurz darauf verließen sie das Restaurant, verabschiedeten sich von Kudo und stiegen in ein Taxi.
»Na, habe ich dir nicht gesagt, dass es dir schmecken wird?«, sagte Yasuko zu ihrer Tochter.
Aber Misato schwieg nur mürrisch.
»Es war sehr unhöflich von dir, die ganze Zeit ein solches Gesicht zu ziehen.«
»Dann hättest du mich eben nicht mitnehmen sollen. Ich wollte ja nicht.«
»Aber er hat dich ausdrücklich eingeladen.«
»Er wäre mit dir vollauf zufrieden gewesen. Ich geh da nicht mehr mit.«
Yasuko seufzte. Kudo schien zu glauben, dass Misato sich ihm öffnen würde, wenn man ihr nur genug Zeit gäbe, aber sie hatte da so ihre Zweifel.
»Wirst du ihn heiraten, Mama?«, fragte Misato plötzlich.
Yasuko setzte sich auf. »Was redest du da?«
»Ich meine es ernst. Du wirst ihn heiraten, ja?«
»Nein.«
»Wirklich nicht?«
»Natürlich nicht. Wir treffen uns nur ab und zu.«
»Dann ist es ja gut.« Misato drehte das Gesicht zum Fenster.
»Was willst du mir sagen?«
»Eigentlich nichts.« Misato wandte sich ihr langsam zu. »Ich fände es nur nicht gut, den anderen Typ zu hintergehen.«
»Was für einen Typ?«
Misato sah ihrer Mutter vielsagend in die Augen und schwieg. Aber es war klar, dass sie Ishigami meinte. Sie sprach den Namen nicht aus, weil sie nicht wollte, dass der Taxifahrer ihn hörte.
»Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen.« Yasuko lehnte sich wieder zurück.
»Hm«, machte Misato bloß. Sie war eindeutig anderer Meinung.
Yasuko dachte an Ishigami. Misato musste sie nicht erstauf die Problematik hinweisen. Der Gedanke an ihn bedrückte sie sehr. Besonders wegen der Dinge, die sie von Kudo gehört hatte. Natürlich war er die einzige Person, die das Foto und den Brief geschickt haben konnte. Ishigamis finsterer Blick, als
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