Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)
besteht aus neun Mann, zwanzig Passagiere können mitgenommen werden.
» Ein Wunderwerk der Technik, nicht wahr«, sagt Lieutenant Gordon auf englisch neben Seiler, » das war mein erster Ausflug hinauf in die Luft! Ihrer auch?«
Seiler nickt. » In der Tat. Ein außergewöhnlich interessantes Erlebnis! Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen, Lieutenant.«
» Oh yes! Grandios! Und Berlin ist eine großartige Stadt, aus dieser Höhe betrachtet.« Er streckt Seiler die Hand hin. » Freut mich sehr, Sie bei uns zu haben, Lieutenant, wenn es auch nur für die Dauer unseres Aufenthaltes hier ist.«
Sie schütteln sich die Hände, und Gordon erkundigt sich: » Haben Sie denn bei Ihrer Marine auch solche Luftschiffe?«
Seiler lacht. » Das ist aber eine sehr unbescheidene Frage!«
» Touché!«, grinst Gordon. » Im umgekehrten Fall hätte ich Ihnen die gleiche Antwort gegeben.« Er hebt sein Glas. » Hier, lassen Sie uns auf die teuren Geheimnisse unserer Vaterländer anstoßen!«
» Auf die Geheimnisse! Cheers!«
Als aber Admiral Jellicoe den Luftschiffkapitän fragt, ob es auch militärische Zeppeline gebe, antwortet dieser bereitwillig: » Aber ja. Sowohl beim Heer als auch bei der Marine. Ihre Aufgabe liegt ausschließlich in der Aufklärung. Ihre Anzahl unterliegt allerdings der Geheimhaltung, ebenso ihre Reichweite, die erreichbare Höhe und alle weiteren Eigenschaften.«
» Das ist schade«, erwidert der Admiral, » hätte mich interessiert. Nun, wenn sich die Beziehungen zwischen unseren Ländern weiter so verbessern, besteht wohl kein Anlaß zu übertriebener Neugier.«
Sir John Rushworth Jellicoe entspricht nicht dem Bild, das sich Seiler von ihm gemacht hat. Auf den ersten Blick wirkt er durchschnittlich. Der Admiral ist nicht gerade groß, vielleicht nicht einmal eins siebzig. Das Gesicht ist zerfurcht und wettergegerbt, und die große Nase sticht auffallend daraus hervor. Aber seine Augen sind wach, intelligent und ihr Ausdruck gelassen und freundlich. Jetzt, mit 54 Jahren, hat er beinahe den Höhepunkt seiner Karriere erreicht. Er ist bereits kommandierender Admiral der Atlantikflotte gewesen und danach Zweitkommandierender der Home Fleet. Im vergangenen Jahr ist er zum Vizeadmiral befördert und als Zweiter Seelord in die Admiralität berufen worden. Im Offizierskorps der deutschen Marine rechnet man damit, daß er in spätestens einem Jahr Oberbefehlshaber der gesamten Flotte sein wird.
Um halb sieben Uhr abends betritt Seiler das Admiralitätsgebäude. Von hier aus werden sie zum Dinner der Offiziere aufbrechen, das bei Lutter & Wegener stattfinden wird. Große Uniform ist befohlen. Tapken steht in der Halle in einer Gruppe von Offizieren und Beamten, alle piekfein herausgeputzt. Seiler tritt vor den Kapitän und meldet sich zur Stelle. Tapken blickt ihn von oben bis unten an und sagt stirnrunzelnd: » Ihre Uniform ist nicht ganz in Ordnung, wie mir scheinen will.«
Seiler blickt verdutzt an sich herunter. Was hat der Kapitän auszusetzen? Die Schuhe sind blitzblank, alles ist richtig geknöpft, kein Stäubchen zu sehen.
Tapken sagt streng: » Ihre Ärmelstreifen. Fehlt da nicht was, Herr Kapitänleutnant?«
Seiler schaut auf seinen Ärmel, aber auch da ist alles in Ordnung. Fragend blickt er den Kapitän an. Erst dann dämmert es ihm. Tapken reicht ihm grinsend ein gefaltetes Dokument. » Zwei Streifen fehlen! Einer reicht nicht mehr, Seiler. Gratuliere zur Beförderung!«
Berlin, Schlesischer bahnhof, 25. Mai 1913, Sonntag
Die Hochzeitsfeierlichkeiten sind vorbei. Prinzessin Victoria Luise ist gestern mit Prinz Ernst August von Hannover im Berliner Schloß vermählt worden. Die prachtvolle Hochzeit beendet die lange Fehde zwischen den Häusern der Welfen und der Hohenzollern.
Das große Aufräumen ist in vollem Gang. Der Festschmuck wird wieder von den Straßen entfernt, Tausende von Fahnen werden eingeholt, die Girlanden aus Tannengrün verschwinden, und ganze Kolonnen von Straßenkehrern sind am Werk.
Um 2 Uhr 15 werden die amnestierten britischen Offiziere Stewart, Trench und Brandon mit dem Zug aus Breslau ankommen. Seiler ist von Lieutenant Gordon gefragt worden, ob er ihn zum Bahnhof begleiten wolle, und er hat zugesagt. Nun stehen sie in der gläsernen Halle und warten, in Uniform. Ein englischer und ein deutscher Seeoffizier, die beide nicht ganz echt sind. Mit ihnen warten ein Kriminalbeamter und ein Schutzmann. Der Kriminalbeamte ist auch nicht ganz echt. Es ist Steinhauer,
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