Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)
ein Dienstmann bereit, der es ins Hotel bringen wird. Wenn Sie nun so gut sein wollen, uns zum Britannia zu begleiten? Draußen wartet eine Droschke.«
London, Secret Service Bureau, 15. Oktober 1913, Mittwoch
» Die Deutschen behaupten, daß dieser Diesel von uns ermordet wurde!«, sagt Kell und sticht mit dem Zeigefinger auf die Titelseite der Neuen Preußischen Zeitung, die in Deutschland wegen des Eisernen Kreuzes auf dem Titel Kreuzzeitung genannt wird.
Kell kann gut Deutsch, wie Drummond weiß. Die Schlagzeile versteht auch er:
ERFINDER DES DIESELMOTORS VOM ENGLISCHEN GEHEIMDIENST ERMORDET ?
» Na so was! Warum sollten wir den umbringen«, wundert sich Drummond, » der hat uns doch immerhin das Patent seines Motors verkauft, oder irre ich mich da?«
» Das hat er«, erwidert der Captain, » und dieser Motor hat unsere Unterseeboote erst hochseetauglich gemacht. Wär er Engländer gewesen, hätte er einen Orden verdient.«
Er zieht unter dem deutschen Blatt die Daily Mail hervor. » Und jetzt lesen Sie mal das da!«
ERFINDER INS MEER GEWORFEN – SOLLTE PATENTVERKAUF AN ENGLAND VERHINDERT WERDEN ?
Der Erfinder des Dieselmotors, Dr. Rudolf Diesel, war am 29. September 1913 in Antwerpen an Bord des Postdampfers Dresden gegangen, um in London an einer Konferenz der Consolidated Diesel Manufacturing Ltd. teilzunehmen. Am folgenden Morgen wurde er vermißt und blieb trotz gründlichster Durchsuchung des ganzen Schiffes verschwunden.
Am 10. Oktober sah die Besatzung des niederländischen Lotsenbootes Coertsen bei heftigem Seegang die Leiche eines Mannes im Wasser treiben. Sie konnte die in Auflösung befindliche Leiche nicht bergen und entnahm der Kleidung des Toten eine Pastillendose, ein Portemonnaie sowie ein Taschenmesser und ein Brillenetui. Diese Gegenstände wurden von Diesels Sohn Eugen in Vlissingen als seinem Vater gehörend identifiziert. Die Hinterbliebenen glauben jedoch nicht an Selbstmord, sondern vermuten ein Verbrechen.
Es wäre auch vorstellbar, verlautet aus informierten Kreisen, daß die deutsche Geheimpolizei verhindern wollte, daß Diesel Patente, die Weiterentwicklung seines Motors betreffend, nach Großbritannien verkaufe.
» Die Zeitung vermutet übrigens«, sagt Kell, » daß außer uns auch die Ölgesellschaften dahinterstecken könnten. Es heißt nämlich, Diesel habe an einem Kraftstoff aus Pflanzenölen gearbeitet.«
» Hm. Wäre das eine gefährliche Konkurrenz für Erdöl geworden?«
» Vielleicht. Wer weiß. Das Ganze geht uns ohnehin nichts an.«
Kell zieht seine Schreibtischschublade auf, holt ein Papier heraus und wird wieder dienstlich. » Das hier ist die Liste aller dringend der Spionage verdächtigen Deutschen, die in England leben, Mr. Drummond. Einundzwanzig sind es. Lassen Sie zwei Abschriften machen, und bringen Sie eine davon dem Superintendenten der Special Branch im Yard. Meine Empfehlung, und er möchte so freundlich sein, sie an alle Chief Constables in England und Schottland weiterzuleiten. Die Leute sollen von jetzt an im Auge behalten werden. Wo die Anschriften fehlen, bitten wir darum, sie baldmöglichst zu ermitteln und uns mitzuteilen.«
» Ja, Sir. Wird erledigt, Sir.«
» Weisen Sie nochmals darauf hin, daß diese Personen unter gar keinen Umständen merken dürfen, daß sie unter Überwachung stehen.«
» Ja, Sir.« Drummond zögert einen Moment. » Darf ich Sie etwas fragen, Sir?«
» Nur zu.«
» Ich habe ja im Mai Captain Trench und Lieutenant Brandon in Berlin abgeholt. Mir geht die ganze Zeit die Frage im Kopf herum, ob die beiden wirklich auf eigene Faust nach Borkum gezogen sind, Sir.«
Kell runzelt die Stirn. » Hm. Das fällt eigentlich unter Geheimhaltung. Aber die Angelegenheit ist ja nun erledigt und abgeschlossen. Also gut. Bevor Sie deswegen nicht mehr schlafen können: Trench und Brandon hatten sich freiwillig gemeldet, insofern ist ihre Aussage keine direkte Lüge gewesen. Aber ihren konkreten Spionageauftrag haben sie vom Chef der Foreign Section bekommen, Captain Cumming. Er hat sie hinausgeschickt. Bewahren Sie Stillschweigen darüber.«
1914
London, Cecil Court, 15. März 1914, Sonntag
» Sag mal, Vater, hast du schon einmal daran gedacht, nach Deutschland zurückzukehren?«, fragt Vivian, während sie Arm in Arm durch den Hydepark schlendern.
» Ich? Ja, doch, das hab ich. Nicht nur einmal. Warum fragst du?«
» Nur so. Wegen dem ganzen Ärger hier, mein ich. Diese Deutschenhetze.«
» Deswegen hab ich auch mit
Weitere Kostenlose Bücher