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Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Seyfried
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als sollten sie jeden Versuch zu lachen oder zu weinen unmöglich machen. Vivian kann kaum die Tränen zurückhalten, aber sie nimmt sich zusammen. Es muß ihm ähnlich gehen, wahrscheinlich genauso. Sie sieht es ihm an. Er kämpft dagegen, daß ihn seine Gefühle überwältigen, und das macht ihn ganz starr, seine Lippen sind fest aufeinandergepreßt. Über seine Schulter hinweg sieht sie den Zeiger der Uhr weiterrücken. Noch sieben Minuten. O Gott! Ein dumpfer Druck sitzt ihr in der Brust und will durch ihre Kehle nach oben, sie schluckt mehrmals, um ihn zurückzudrängen. Sie will etwas sagen, bringt kein Wort heraus, und auch er sieht sie nur schweigend an. Sein Blick ist liebevoll, und nun schimmert es feucht in seinen Augenwinkeln. Da läßt sie seine Hände los und umarmt ihn. Vor allen Leuten, aber das ist ihr egal. Sie drücken sich verzweifelt aneinander und küssen sich wild. Es vergeht eine Ewigkeit, bevor sich ihre Lippen voneinander lösen, aber sie halten sich nach wie vor eng umschlungen.
    » Zeit einzusteigen, Sir, Madam, bitte!« Der Kondukteur lächelt verständnisvoll, einladend hält er die Waggontür auf.
    » Vivian«, sagt Adrian heiser, » ich werde wiederkommen, das verspreche ich dir.«
    Sie schmiegt sich enger an ihn: » Küß mich noch einmal.«
    Der letzte Kuss. Er löst sich aus ihrer Umarmung, nimmt den Koffer und steigt ein. Der Schaffner folgt ihm auf dem Fuß und knallt die Tür zu. Abfahrtspfiff. Ein leichter Ruck, noch einer, dann rollt der Zug.
    Sie geht ein paar Schritte mit und sieht ihn noch einmal kurz durchs Fenster, dann ist es vorbei. Schon ist der Zug aus der Halle, das rote Schlußlicht erlischt im grauen Regenvorhang. Blind vor Tränen tastet sie nach ihrem nassen Schirm, den sie auf eine Bank gelegt hat.
    Dover–Calais, 30. September 1911, Samstag
    Dover Castle, auf seiner Klippe hoch über dem Hafen, bleibt zurück, verblaßt langsam als grauer Schemen im Regen. Die Fähre passiert die Ausfahrt zwischen den Molenköpfen und geht auf nordöstlichen Kurs. Die See ist rauh hier im Kanal, und das Schiff beginnt leicht zu stampfen. Gischtfahnen wehen über das Vorschiff. Es stürmt und regnet, die Passagiere sind alle in die Salons geflüchtet. Seiler ist wehmütig zumute, er kämpft sogar mit den Tränen. Er verläßt den schwankenden Salon, in dem die Luft zum Schneiden dick ist, und tritt auf das achtere Sitzdeck hinaus. Die Holzbänke dort triefen vor Nässe.
    Es fällt ihm ein, was Vivian ihm beim Abendessen im Queen’s Hotel erzählt hat: Vivian sei in der Artussage eine Zauberin, the Lady of the Lake, weil sie in einem Schloß lebe, das von einem See umgeben sei. Das Schloß ist England, denkt er, der See der Nordatlantik. Wie soll ich zu ihr kommen? Der nächste Urlaub ist in weiter Ferne. Und was, wenn zwischen unseren Ländern der Krieg ausbricht?
    Er steht am Heck an der Reling, allein. Regentropfen und salzige Gischt mischen sich mit seinen Tränen.
    Als er in Calais an Land geht, hat er sich wieder einigermaßen gefaßt. Im Zug nach Köln, wo er Anschluß an den Zug nach Kiel über Hamburg hat, drückt er sich in eine Abteilecke und schließt die Augen. Das Ende in London war schnell gekommen, viel zu schnell. Vorgestern war Reimers im Hotel aufgetaucht und hatte ihm ein Kuvert von Widenmanns Sekretär Mellentier überreicht. Es enthielt ein offizielles Schreiben des Reichsmarineamtes, das ihn nach Kiel zurückbeorderte. Am 2. Oktober habe er sich um acht Uhr morgens bei der Flottille zu melden.
    Er sagte es Reimers, und der nickte: » Tja, die Pflicht ruft. War zu erwarten. Die Marokkokrise entspannt sich allmählich, eine Einigung mit Frankreich steht ins Haus.«
    Er sah ihn prüfend an. » Besonders glücklich scheinen Sie nicht zu sein?«
    Seiler zuckte die Achseln. » Ich glaube, ich habe mich ein wenig zu sehr an England gewöhnt. War ja fast drei Monate hier.«
    » Glaub’s Ihnen gerne. Hier läßt es sich aushalten, nicht wahr. Na ja, ich muß auch nach Berlin zurück, aber erst in eineinhalb Wochen. Mein Verein wird ungeduldig.«
    Seiler hat ihn wohl ein wenig verwundert angesehen, weil Reimers ergänzte: » Reichsmarineamt. Unser winziger Nachrichtendienst. Ich sage meistens N dazu.«
    Er reichte ihm die Hand. » Leben Sie wohl, Seiler. Und falls Sie Zweifel haben: Sie haben gute Arbeit geleistet.« Dann grinste er, bis seine Augen nur noch schmale Schlitze waren, und schlug vor: » Kommen Sie! Darauf trinken wir noch einen, oder meinetwegen

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