Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)
Undichtigkeit irgendwo gefährlich werden.«
» Aha«, hatte Seiler gesagt und versucht, es ganz unbeeindruckt klingen zu lassen, » und wann sind wir dran?«
» Sobald U 3 wieder auftaucht. Normalerweise bleibt jedes Boot ’ne halbe Stunde unten, und das andere paßt währenddessen auf.«
» Verzeihn, Herr Oberleutnant!« Ein Maat reißt ihn aus dieser Erinnerung, er muß mit einem großen Werkzeugkasten durch die Zentrale nach vorn, und Seiler drückt sich an die Rohre, um ihm Platz zu machen.
Ohne den Maschinenlärm ist es im Boot beinahe still, und er kann das Geräusch des Wassers außerhalb des Druckkörpers hören, ein seltsames Murmeln, Knirschen und Poltern. Gelegentlich plätschert es unter den Flurplatten, das ist das Bilgewasser, das hin und her schwappt. Es riecht durchdringend nach Petroleum, nach heißem Öl und Schmierfett, und er wünscht sich, wieder an Deck zu dürfen.
Es ist eigentlich nicht viel anders als unter Deck auf einem Torpedoboot. Auch da war es eng und stickig, aber nicht so kalt, weil die Kessel Wärme verbreiteten und zudem eine Dampfheizung vorhanden war. Bei grober See war es unten aber kaum auszuhalten, und er war mehr als einmal seekrank geworden, aber daran sollte er jetzt nicht denken. Schon wird ihm flau im Magen, dabei liegt das Boot fast ruhig. Es ist dieser Petroleumgestank. Den anderen, dem Steuermann und den beiden Maaten an den Tiefenrudern, scheint er nichts auszumachen, sie sind wohl längst daran gewöhnt.
Von oben ruft der Erste: » Seewache an Deck, Deck tauchklar machen!« Drei Mann drängen in die Zentrale und entern die Eisenleiter zum Turm auf. Noch ein Ruf: » Klar bei Entlüftungen! Oberleutnant Seiler an Deck!«
Er soll sich wohl ansehen, wie an Oberdeck klargemacht wird. Bevor er den Fuß auf die Leiter setzen kann, reicht ihm der Steuermann einen dicken Wollschal und ein paar Lederhandschuhe: » Hier, nehmen Sie meine, Herr Oberleutnant!« Seiler dankt ihm, wickelt sich den Schal um den Hals und steigt erleichtert nach oben.
Kiel, 17. Januar 1912, Dienstag
Ein grauer, kalter Vormittag. Über dem Dach der Torpedoinspektion recken kahle Bäume ihr schwarzes Astgewirr in den grauen Himmel. Es geht kein Wind. Nebelschwaden über dem bleigrauen Wasser der Förde, Wellen lecken mit sachtem Plätschern ans Ufer. Aus der Ferne klagt ein Nebelhorn.
» Meine Damen, meine Herren, wir gedenken heute unserer Kameraden, die bei dem tragischen Unfall von U 3 an diesem Tage vor einem Jahr ihr Leben gelassen haben«, beginnt Admiral Wilhelm Lans, der Chef der Torpedoinspektion, und bringt das leise Gemurmel zum Verstummen. Seiler wacht aus seinen Gedanken auf und richtet seine Aufmerksamkeit auf den Redner.
An der Vorderseite des Rednerpultes sind große, mit Trauerflor geschmückte Photographien der drei Toten aufgehängt, in der Mitte erhöht der Kommandant von U 3, Kapitänleutnant Ludwig Fischer, rechts von ihm sein Erster Offizier Leutnant Kalbe und auf der anderen Seite der Rudergänger, Torpedomatrose Rieper. Die Namen sind sauber in großen schwarzen Lettern unter die Portraits gemalt.
Es ist die Gedenkfeier für die drei Opfer des U-Bootunfalls. Vor dem Podium ist eine Reihe Stühle aufgestellt, auf denen die Angehörigen Platz genommen haben, dick vermummt gegen die Kälte. Dahinter stehen im Mantel barhäuptig die Offiziere in Dunkelblau und Gold. Da ist Korvettenkapitän Michaelis, der Chef der Flottille, da sind die Kommandanten der Boote, Boehm-Bezing von U 1, Weddigen von U 9, Forstmann von U 11, Max Valentiner, der Bergungsoffizier der Vulkan, der sich bei der Rettung der Besatzung hervorgetan hat, dann der Kommandeur der U-Schule und die Offiziere der Marinestation Ostsee, der Torpedoinspektion und der Marineakademie. Schließlich eine Abordnung der Besatzungen in Paradeuniform unter der halbstock gesetzten Kriegsflagge.
» Mitten im Frieden hat sie der Tod aus unseren Reihen gerissen. Getreulich bis zum letzten Atemzuge haben sie ihre Pflicht erfüllt. Opfer des Fortschrittes, der zu allen Zeiten seinen Tribut gefordert hat.«
Unterdrücktes Schluchzen ist aus der Reihe der Angehörigen zu hören.
Seiler hat den Unfall von U 3 miterlebt . Er war an diesem 17.Januar, seinem ersten Tag in der Flottille, Zeuge von dessen Untergang und der dramatischen Bergungsversuche geworden.
Das Unglück geschah am Vormittag. Wasser war durch eine Lüftungsklappe in die achtere Abteilung eingedrungen, dadurch ließ sich das Boot nicht mehr hochbringen. Da
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