Verdeckt
letzte Mal hatte er sie zusammen mit Harper gesehen. Und der kauzige alte Nachbar hatte behauptet, Harper hätte die Nacht bei ihr verbracht. War sie vielleicht immer noch mit Harper zusammen? Zwischen den beiden lief etwas. Seine Kiefermuskeln spannten sich. Das war nicht in Ordnung, aber im Augenblick tat das nichts zur Sache. Er musste wieder auf den richtigen Kurs zurückfinden und herausbekommen, wo sie war.
Wohin konnte dieser Dreckskerl sie bringen?
Er verfluchte seine mangelnde Weitsicht. Warum hatte er nur an Laceys Truck einen GPS-Tracker angebracht und nicht auch an Harpers? Sie konnten in jedem Hotel im Staat sein. Oder in einem Flugzeug sitzen.
So war das alles nicht gedacht gewesen.
Ein saurer Geruch umwehte ihn. Es roch nach sorgfältig eingefädelten Plänen, die in ihre Einzelteile zerfielen. Die Sache lief immer mehr aus dem Ruder. Dazu gehörte auch der Zeitungsbericht über die vermisste Frau. Er biss sich auf die Innenseite der Wange, bis er den metallischen Geschmack von Blut auf der Zunge hatte. Mit Kelly Cates hatte er nichts zu tun. Es musste noch jemand anderen geben.
Aber wen?
Vielleicht verbreitete die Polizei ja irgendwelche Fehlinformationen, um ihn zu verwirren. Er stieß sich vom Schreibtisch ab und drehte sich so, dass er auf die kahle Wand starren konnte. Oder aber die Cates-Familie war der Köder in einer perfiden Falle, die die Polizei ihm stellte. Aber bei den Cates hatte er sichsorgfältig umgesehen. Der Mann war völlig aufgelöst, die Tochter hatte verweinte Augen. Außer ihnen schien niemand im Haus zu sein und ihre Verzweiflung wirkte echt. Würde die Polizei tatsächlich ein unschuldiges Kind benutzen, um ihn aus der Reserve zu locken?
Einen Moment lang wurde er zornig.
Dann zwang er sich zur Ruhe, atmete tief und regelmäßig. Über Cates und ihre Tochter konnte er sich im Moment keine Gedanken machen. Erst musste er Lacey Campbell finden. Er drehte sich wieder zum Computer zurück, ließ die Fingerknöchel knacken und begann dann die Suche nach Immobilien im Besitz von Jack Harper und Harper Immobilien.
Die Liste war unsäglich lang. Er überflog den Bildschirm. Wonach suchte er eigentlich? Erwartete er, dass irgendwo ein roter Wimpel erschien? Hier ist sie! Da versteckt sie sich gerade! Er schnaubte angewidert. Dann zwang er sich, die Einträge genau zu lesen.
Jack Harper besaß drei private Häuser in drei verschiedenen Countys in Oregon. Eine Adresse lag sogar in Mount Junction. Der Mann hob die Augenbrauen. Was für ein Zufall.
Ihm fehlte die Zeit, zu allen drei Orten zu fahren. Aber die Chance, dass Lacey sich in einem der Häuser aufhielt, war sowieso verschwindend gering. Er hatte das Gefühl, nach Strohhalmen zu greifen. Die Frustration wurde langsam unerträglich. Er sprang auf und stapfte in die Küche, nahm sich eine Cola light aus dem Kühlschrank und knallte die Tür zu. Wo zur Hölle sollte er nach Harper suchen?
Vielleicht konnte er den Spieß ja umdrehen.
Die Plastikflasche schwebte drei Zentimeter vor seinen Lippen, während sein Gehirn sich auf den Gedanken stürzte und ihn festhielt.
Er musste Harper dazu bringen, nach ihm zu suchen.
Aus Angst, die Idee könnte ihm entgleiten, wenn er auch nur einen Muskel bewegte, stand er wie erstarrt. Wie konnte er Harper dazu bewegen, Jagd auf ihn zu machen? Plötzlich nahmen seineGedanken Fahrt auf. Auf Anhieb fielen ihm mehrere Möglichkeiten ein.
Scheiße, ja! Er nahm einen kräftigen Schluck und genoss das Prickeln in seiner Kehle. Dann wischte er sich den Mund mit einer Serviette ab.
Er hatte wieder alles unter Kontrolle.
D REISSIG
An den Kamin gelehnt sah Jack lächelnd zu, wie Lacey heißes Wasser auf das Schokoladenpulver goss. So hatte er schon einmal dagestanden. In ihrer Küche, vor ein paar Nächten. Damals war sie nervös und völlig verängstigt gewesen. Jetzt sah sie ihn mit einem warmen Lächeln an, während sie die heiße Schokolade umrührte. Er trat hinter sie, schlang die Arme um ihren Bauch und zog sie an sich.
Seit der Ankunft in der Hütte war Lacey viel lockerer. Ihre Anspannung, die er während der Fahrt noch deutlich gespürt hatte, war unter seinen Küssen geschmolzen. Auch die Unschlüssigkeit, die sie in den letzten Tagen ausgestrahlt hatte, schien verflogen. Anscheinend hatte sie über ihn nachgedacht und eine Entscheidung getroffen.
Er hoffte, dass sie zum selben Ergebnis gekommen war wie er selbst schon vor Tagen.
»Das riecht gut.« Damit meinte er nicht die
Weitere Kostenlose Bücher