Verdeckt
rollte sich zusammen, aber die Kunststoffwanne war so kalt, dass sie zitterte. Melody zog die Knie an die Brust, schlang die Arme darum und schloss die Augen. Immer wieder schüttelte es sie krampfartig vor Kälte, doch irgendwann fiel sie in einen unruhigen Schlaf.
Ein kurzer Anruf bei Callahan sorgte dafür, dass Jack durch die Polizeiabsperrung in einem Wohngebiet von Molalla gelassen wurde. Er schob sich an den beiden Cops vorbei, die ihn aufgehalten hatten, und sprintete durch den frischen Schnee. Zwei Straßen weiter bereiteten sich die Detectives und das Einsatzkommando auf die Erstürmung des Hauses an der nächsten Ecke vor. Zum Glück hatte Lacey sich bereiterklärt, im Truck zu warten. Sie war völlig verstört und hatte sich selbst während der zweistündigen Fahrt kaum beruhigt. Auch Jack war alles andere als gelassen. Auf dem Highway hatte er zweimal beinahe andere Wagen gerammt.
»Sie haben ihn«, hatte Lacey immer wieder vor sich hin gemurmelt. »Es ist vorbei.« Sie hatte den Kopf an die Kopfstütze gelehnt, ihn hin und wieder geschüttelt und gesagt: »Ich kann es nicht glauben. Ich glaube es einfach nicht.« Die Augen hielt sie fest geschlossen.
»Meinst du, er weiß, was mit Suzanne passiert ist?«, flüsterte sie einmal.
Jack nickte. »Ja, verdammt. Ich glaube, er weiß es ganz genau.«
»Und was ist mit …« Lacey hatte den Kopf zum Fenster gedreht. Aber Jack sah die Tränen trotzdem. Er wusste, wovon sie sprach.
»Wir werden rausfinden, wo das Baby ist.«
Lacey nickte, konnte aber nicht antworten.
Kein Baby. Ein Kind.
Bitte, Gott. Mach, dass Melody lebt.
Jack hatte den Truck geparkt und Lacey aus dem Wagen helfen wollen. Aber sie blieb stumm und reglos sitzen. Ihre Hände lagen ineinander verschlungen in ihrem Schoß, Jacks Blick wich sie aus.
»Ich will das nicht sehen. Ich will nicht sehen … wo er sie gefangen gehalten hat. Ich kann das nicht.« Jack stellte ihr keine weiteren Fragen. Er konnte sich vorstellen, wie ihr zumute war. Seit zwei Stunden war ihm übel vor Angst, wenn er daran dachte, was die Polizei vielleicht finden würde. Bilder von Angelhaken und gebrochenen Knochen quälten ihn. Aber immerhin hatten sie jetzt das Haus des kranken Dreckskerls gefunden. Lacey wollte nicht aussteigen, aber hier war sie sicher: Ein ganzes Dutzend Streifenwagen blockierte ringsum die Durchfahrt.
»Verriegle die Tür«, sagte Jack streng.
Wütend sprintete er die Straße entlang. Der Scheißtyp hatte seine Schwester. Wenn er ihr irgendetwas angetan hatte … würde Jack für nichts garantieren.
Melody musste noch am Leben sein.
Er entdeckte Callahan und Lusco in einer Gruppe von Cops und machte sich auf den Weg dorthin. »Was ist los?« Alle sahen zu einem kleinen Haus im Ranchstil am Ende der Straße. Ein Toyota Camry neueren Baujahres stand in der Einfahrt. Im Schnee hinter dem Wagen waren frische Reifenspuren.
Lusco starrte Jack nur unverwandt an, aber Callahan sagte: »Das Sondereinsatzkommando fährt gleich zum Haus. Die Scharfschützen sind bereits in Stellung. Ein Teil der Mannschaft geht durch die Haustür rein. Der andere durch die Hintertür. Falls der Bekloppte da ist, wird aus dem Einsatz eine Geiselbefreiung. Das kann heiß werden. Also stehen Sie nicht in der Schusslinie rum.«Callahans Blick verlieh seinen Worten Nachdruck. Er tippte an seine Hutkrempe.
Jack nickte und suchte sich etwas abseits einen Platz, von dem aus er das Haus gut sehen konnte. Callahan wandte sich abrupt noch einmal zu ihm um. »Wo ist Dr. Campbell?«
Jack zeigte in die Richtung, aus der er gekommen war. »Da hinten an der Absperrung. In meinem Truck.«
Die Erleichterung war dem Detective deutlich anzusehen. Er drehte sich zu der Gruppe von Cops zurück.
Jack konnte kaum stillstehen. Am liebsten wollte er ins Haus stürzen und den Kerl windelweich prügeln. Er schloss die Augen und dachte an Melody.
Sie muss hier sein. Wenn er ihr etwas angetan hat, ist er ein toter Mann.
Angespannt beobachtete er, wie ein gepanzerter Einsatzwagen die Straße entlangdonnerte und vor dem Haus anhielt. Ein Dutzend bewaffneter Männer sprang heraus und verteilte sich. Die Hälfte von ihnen ging zur Vorderseite des Hauses, die andere Hälfte nach hinten.
Ein ohrenbetäubendes Krachen riss Melody aus dem Schlaf. Mit beiden Händen stemmte sie sich hoch, duckte sich dann aber sofort wieder. Gebrüll und lautstarke Befehle drangen durch die Tür zu ihr herein. Eine hohe männliche Stimme schrie, schwere
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