Verdeckt
weggeschnappt. Sicher taucht Harper früher oder später hier auf. Der Killer hat vorhin am Telefon verlangt, dass wir Harper gegen Dr. Campbell austauschen.«
»Ach. Und das sagen Sie mir jetzt? So ganz nebenbei?« Pattison sah aus, als wolle er Mason am liebsten vor ein Kriegsgericht stellen. »Wissen die Unterhändler davon?«
Mason platzte der Kragen. »Ich bin jetzt seit genau sechzig Sekunden hier. Seitdem reden Sie von nichts anderem als Karten, Satellitenbildern, Geiseln und Scharfschützen. Wann hätte ich denn etwas sagen sollen?« Er machte einen drohenden Schritt auf den kleineren Pattison zu, doch der ließ sich nicht beeindrucken. Er schob seine Nase näher an Masons Gesicht.
»Seit ich in diesem verdammten Wald aus dem Einsatzwagen gestiegen bin, habe ich auch das Kommando. Sie entfernen jetzt umgehend Ihren billigen Cowboyhut und ihren steroidverseuchten Partner aus meinem Blickfeld. Ich werde Sie über alles informieren lassen, was Sie unbedingt wissen müssen.«
Mason sah rot. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er spürte, wie Lusco ihn an den Armen packte, hochhob und einen Meter weiter wieder absetzte.
»Callahan.« Rays warnender Ton drang wie durch einen Nebel zu ihm durch. Mason warf dem halsstarrigen Kerl mit den Karten einen eisigen Wir-sprechen-uns-noch-Blick zu, der an Pattisons kühlen, abschätzigen Augen abprallte. Der Einsatzleiter drehte sich wieder zu seinen Männern.
»Dieser Scheiß-Marine. Ich werde ihn …«
»Halt’ die Klappe«, bellte Ray.
Mason machte den Mund zu. Innerlich brodelte er. Er wollte sich auf Ray stürzen, beschloss aber, sich lieber nach Harper umzusehen.Wenn dieser eigensinnige Spinner es wagen sollte, hier aufzutauchen, würde er ihn in Handschellen auf den Rücksitz eines Streifenwagens verfrachten lassen. Harper konnte die ganze Operation gefährden.
»Wo ist er?« Mason drehte sich um die eigene Achse, als erwarte er, Harper hinter irgendeinem Baumstamm hervorlugen zu sehen. »Ruf Harper an, bevor ihn ein Scharfschütze versehentlich eliminiert.«
Eigentlich keine schlechte Idee.
»Und gib den Scharfschützen eine Beschreibung von ihm durch.«
Ray beäugte seinen Partner so misstrauisch, als könnte Mason gleich an ihm vorbeistürzen und Pattison einen Kinnhaken verpassen. Mason starrte unverwandt zurück. Ray zog das Handy aus der Tasche und wählte. Nur widerwillig ließ er Mason dafür aus den Augen.
Das vibrierende Telefon interessierte Jack im Augenblick nicht. Er ging hinter einer verfilzten Wand aus wildem Rhododendron in die Hocke. Sie schützte ihn vor dem eisigen Wind, der durch den Wald fegte. Alex konnte er zwar nicht sehen, wusste aber, dass sein Freund ihm aus etwa zwanzig Metern Entfernung Rückendeckung gab. Das Licht seiner kleinen Taschenlampe wurde schwächer. Der trübe orangefarbene Strahl beleuchtete kaum noch den Boden vor seinen Füßen. Er war todmüde und er fror. In der vergangenen Nacht hatte er kaum geschlafen und der heutige Tag war einer der schrecklichsten seines Lebens. Und er war noch nicht zu Ende. Jacks innere Anspannung schlug alle Rekorde. Andauernd musste er an das Angebot des Killers denken, Lacey gegen ihn auszutauschen. Der Kerl redete vermutlich nur Stuss. Er spielte mit ihnen. Aber falls er es doch ernst meinte, würde Jack keine Sekunde zögern.
Aus den duftigen Schneeflocken wurden graupelige Eiskörner. Wie spitze Nadeln stachen sie ihm in der dunklen Nacht in die Wangen.
Ob Lacey wohl sehr fror?
Vielleicht hatte sie ja eben angerufen … Er warf einen Blick auf das Handydisplay, hoffte, dort ihre Nummer zu sehen. Stattdessen blinkte Luscos Nummer ihn an. Sein Herz zog sich zusammen. Blöder Gedanke. Laceys Handy war immer noch bei den Cops. Und darauf, sich von Lusco den Kopf waschen zu lassen, hatte er im Augenblick nicht die geringste Lust. Er steckte das Telefon wieder ein.
Diese Sache durfte er auf keinen Fall vermasseln. Sonst würde Brody ihn erdrosseln. Gleich nachdem er sich selbst erdrosselt hatte.
Jack wischte sich die Eiskörner aus den Augen und versuchte abzuschätzen, wie weit er sich bereits von Alex’ Truck entfernt hatte. Falls er überhaupt in die richtige Richtung ging, mussten es bis zur Hütte noch knapp zweihundert Meter sein. Wann würde er die Polizeiabsperrung erreichen?
Vielleicht sollte er doch mit Lusco sprechen.
Er drückte die Rückruffunktion. Der Empfang war nicht der beste.
»Harper?« Luscos Stimme klang blechern. »Wo sind Sie?«
Jack richtete
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