Verdeckt
Pferdeschwanz oder unter einer Mütze gesehen. Lange Wellen in allen Blondnuancen von dunklem Honig bis zu poliertem Gold fielen ihr über die Schultern. Es juckte ihn in den Fingern, ihr Haar zu berühren.
»Ich könnte sterben für einen Kaffee. Wie gut er ist, ist im Augenblick egal. Nur heiß muss er sein.« Sie zitterte.
Er stellte sich mit ihr vor der Theke an. Mit ihr zusammen wartete er gern. Anscheinend wollte ganz Portland im Moment nichts anderes als Kaffee. Die Schlange war endlos lang.
Während Lacey die Tafel mit dem Angebot studierte, trat er hinter sie und legte ihr die Hände ganz leicht auf die Schultern. Er spürte, wie sie sich ein wenig verkrampfte. Aber der Duft vom Samstagmorgen war wieder da und er kam nicht von den Lattes und Moccas. Jack beugte sich ein wenig vor und sog mit geschlossenen Augen den Geruch ihres Haars ein. Sie roch wie eine Bäckerei. Zimt, Vanille und Honig kitzelten seine Nase.
Köstlich.
Der Duft passte zu ihr.
Als ihre Schulter zuckte, riss er schnell die Augen auf. Hatte sie ihn dabei ertappt, wie er an ihrem Haar schnüffelte?
Er musste sich keine Sorgen machen. Lacey hatte ein Paar entdeckt, das gerade mit Bechern in den Händen von der Theke wegging. Die beiden waren Mitte dreißig und dick eingemummt. Die hagere blonde Frau blickte mürrisch. Der Mann war etwa so groß wie sie und hatte den gehetzten Gesichtsausdruck, der auf jahrelanges ängstliches Ausloten sämtlicher Launen seiner Begleiterin schließen ließ. Jack sah, wie die Schritte des Mannes stockten, als er Lacey bemerkte. Dann verdüsterte sich sein Gesichtsausdruck. Er hatte über Laceys Kopf hinweg Jacks Blick aufgefangen.
Lacey schnappte laut nach Luft. Als Jack auch noch spürte, wie sie erschauerte, fasste er sie ein wenig fester an den Schultern. Der herausfordernde Blick des anderen Mannes irritierte ihn.
Wer zum Teufel war das?
Lacey konnte es nicht fassen.
Von allen Cafés in Portland muss er ausgerechnet in dieses kommen.
Das berühmte Zitat aus Casablanca schoss ihr durch den Kopf, obwohl sie zugeben musste, dass er zuerst hier gewesen war. Über ein Jahr lang war es ihr gelungen, dem Mann aus dem Weg zu gehen. Warum musste er ausgerechnet jetzt vor ihr stehen? Sie spürte Jacks fester werdenden Griff an den Schultern und dankte dem Himmel für seine Anwesenheit. Nur gut, dass bei dieser Begegnung ein Mann hinter ihr stand. Ein großer, heißer Kerl. Selbst die besitzergreifenden Hände auf ihren Schultern waren ihr in diesem Augenblick sehr willkommen.
»Dr. Campbell.« Frank sprach ihren Namen aus, als wäre sie ein Stück Dreck.
Manche Dinge änderten sich einfach nie.
Zorn flackerte in ihr auf, doch sie zwang sich zu einem kühlen Lächeln.
»Frank.« Sie wandte sich an die verdrossen blickende Frau an seiner Seite. »Celeste.« Die Frau sah an Lacey vorbei und musterte Jack. Ihre verkniffenen Züge verzogen sich zu einem zuckrigen, bewundernden Lächeln.
Träum weiter.
Lacey wusste nicht, wen von den beiden sie unsympathischer fand.
Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Jack Celeste eine Viertelsekunde lang anstarrte und dann wieder Frank ansah. Er sagte nichts.
Gut
. Lacey holte Luft. »Übrigens, das ist Jack.« Sie warf Jack einen schmachtenden Blick zu, versuchte aber, ihm dabei mit den Brauen ein Zeichen zu geben. Er schien überrascht, fing sich aber schnell wieder und nickte dem Paar ein wenig steif zu. »Jack, darf ich vorstellen: Frank und Celeste Stevenson.«
Keiner streckte die Hand zum Gruß aus. Jack hielt Lacey immer noch fest und zog sie ein wenig enger an sich. Franks Gesicht wurde noch verkniffener.
»Habt ihr euch auch in den Galerien umgeschaut? Wir fanden es richtig nett, …«
»Halt’ einfach deine bescheuerte Klappe, Lacey«, zischte Frank.
Sie spürte, wie Jack sie zur Seite schieben und auf den kleineren Mann zugehen wollte. Um ihn daran zu hindern, packte sie seinen Arm und drückte ihn an ihre Brust. Damit zog sie Jacks Körper eng an ihren Rücken. Frank wurde blass und schob sich ein kleines Stück hinter Celeste.
Feigling.
Lacey hätte zu gern Jacks Gesichtsausdruck gesehen. So wie Frank reagierte, sah Jack wohl aus, als würde er ihn gern zu Frikassee verarbeiten.
»Ich bitte dich, Frank. Es gibt keinen Grund, sich danebenzubenehmen.« Adrenalin jagte durch Laceys Adern. Nach allem, was dieser Sack ihr angetan hatte …
Frank schob die wütende Celeste Richtung Tür. Dabei schlug er einen weiten Bogen um Jack und Lacey. Zwischen
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