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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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stellte ihren Kaffeebecher ab, zog die Handschuhe an, drehte den Abdruck zur Seite und blinzelte.
    »Was ist?«, fragte Caffery.
    »Weiß ich nicht«, brummte sie. »Weiß ich nicht.« Sie drehte den Abdruck ein paarmal herum und legte die Finger nachdenklich auf die Spitzen der Zacken. »Komisch.« Sie gab dem Cheftechniker den Abguss zurück, wandte sich ab und ging am Tisch entlang zum Asservatenverwalter, der alles, was sie bei der Suche gefunden hatte, in Plastikbeutel verpackte und etikettierte, damit es ins Labor gebracht werden konnte: Papiertaschentücher, Coladosen, Injektionsspritzen, ein Stück blaues Nylonseil. Offensichtlich war hier ein Treffpunkt für die Klebstoffschnüffler aus der Gegend; die vielen Tüten, die sie gefunden hatten, deuteten jedenfalls darauf hin. Die meisten waren auf dem Feld weggeworfen worden, zusammen mit mehreren hundert Ciderflaschen aus Plastik. Mit verschränkten Armen blieb Flea stehen und ließ den Blick über die Gegenstände wandern.
    Caffery trat zu ihr. »Was entdeckt?«
    Sie drehte einen sechszölligen Nagel hin und her, dann einen alten Plastikkleiderbügel. Legte beides wieder hin. Nagte an der Unterlippe und schaute zu dem Cheftechniker hinüber, der den Gipsabguss wieder einpackte.
    »Was ist los?«
    »Nichts.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich dachte, die Form dieser Furchen erinnert mich an etwas. Aber das stimmt nicht.«
    »Boss?« DC Turner kam von der Straße her zwischen den geparkten Autos auf sie zu. In seinem Regenmantel und mit einem kleinen Schottenkaroschal um den Hals sah er auf verrückte Weise aus wie ein Collegestudent.
    »Turner? Ich dachte, Sie wären schon auf dem Rückweg ins Büro.«
    »Ich weiß, tut mir leid, aber ich hab gerade mit Prody telefoniert. Er wollte Sie anrufen, aber Sie hatten offenbar keinen Empfang. Er hat eine PDF an Ihren Blackberry geschickt.«
    Caffery besaß ein neues Telefon, mit dem er überall E-Mails und Attachments empfangen konnte. Der Walking Man würde sagen, es sei typisch für ihn, dass er immer neue Möglichkeiten fand, erreichbar zu sein. Er wühlte das Telefon aus der Tasche. Das E-Mail-Icon leuchtete.
    »Ist vor einer Stunde im Büro angekommen«, erklärte Turner. »Prody hat es gescannt und sofort an Sie gemailt.« Er zuckte entschuldigend mit den Schultern, als wäre das alles nur seine Schuld. »Noch ein Brief. Genau wie der im Auto. Die gleiche Handschrift, das gleiche Papier. Eine Briefmarke auf dem Umschlag, aber kein Poststempel. Kam mit der internen Post, und wir versuchen immer noch, ihn zurückzuverfolgen, aber bis jetzt weiß kein Mensch, wo er hergekommen und wie er in die verdammte Hauspost geraten ist.«
    »Okay, okay.« Caffery spürte, dass an seiner Schläfe eine Ader pulsierte. »Fahren Sie zurück ins Büro, Turner. Kümmern Sie sich um die Durchsuchungsbeschlüsse, die der Fahndungsberater haben will.«
    Er ging den Pfad entlang und blieb erst stehen, als man ihn nicht mehr sehen konnte, am Rand des Holzplatzes und hinter einer offenen Scheune, in der Fichtenstämme lagerten. Jetzt öffnete er das Attachment. Der Download dauerte ein, zwei Minuten, aber als es da war, wusste er sofort, dass es vom Entführer stammte. Es war kein Jux.
    Martha sagt hallo. Martha sagt: Viele Grüße, und man soll Mummy und Daddy ausrichten, dass sie wirklich tapfer ist. Aber sie mag die Kälte nicht besonders, nicht wahr? Und sie ist keine große Rednerin. Nicht mehr. Ich habe versucht, ein Gespräch mit ihr zu führen, aber sie sagt nicht viel. Oh, bis auf eins: Ein paarmal hat sie gesagt, ich soll euch wissen lassen, dass ihre Mutter eine Fotze ist. Und da hat sie vielleicht recht! Wer weiß! Eins ist sicher: Ihre Mutter ist fett. Fett UND eine Fotze. Meine Güte, zu manchen von uns ist das Leben nicht nett, was? Was für eine fette Fotze sie doch ist. Ich sehe mir eine wie Martha an und denke, das ist das Tragische, nicht wahr, dass sie aufwachsen und sich in eine fette Fotze wie ihre Mutter verwandeln muss. Wie denkt Mummy darüber? Findet sie es nicht auch schade, dass ihre Tochter groß werden muss? Wahrscheinlich hat sie Angst vor dem, was passiert, wenn sie aus dem Haus geht. Ich meine, wenn Martha nicht mehr da ist, wen wird Daddy dann befummeln? Da muss er wieder Mama mit den dicken Titten besteigen.
    Caffery stellte erst jetzt fest, dass er den Atem anhielt. Er ließ die Luft in einem Strom aus der Lunge entweichen. Scrollte hinauf zum Anfang des Briefs und las ihn noch einmal. Und fast so, als

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