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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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könnte man ihn mit einem schmutzigen Heftchen erwischen, stopfte er das Telefon in die Tasche und sah sich um. Die Ader an seiner Schläfe schmerzte. Auf der anderen Seite des Holzplatzes hatte Sergeant Marley den Van gestartet und fuhr jetzt im Rückwärtsgang den Weg hinauf. Er presste einen Finger auf die Ader und zählte bis zehn. Dann ging er zurück zu seinem Wagen.

15
    D as Haus der Bradleys war leicht zu erkennen, wenn man in die Siedlung kam: Auf der anderen Seite campierte die Presse, und im Vorgarten lag ein Berg von Blumen und Geschenken, die Wohlmeinende hier abgeliefert hatten. Caffery kannte einen anderen Weg. Er parkte am oberen Rand der Siedlung und ging auf einem Teppich aus raschelndem Laub hinein, schlug einen Bogen und näherte sich dem Haus von hinten. Im Gartenzaun befand sich eine Pforte, die der Presse bisher verborgen geblieben war. Die Polizei und die Familie Bradley hatten eine Vereinbarung getroffen: Zwei- oder dreimal am Tag würde sich ein Mitglied der Familie an der Haustür zeigen, um die Meute bei Laune zu halten. In der übrigen Zeit benutzten sie den Hintereingang und liefen durch den Garten. Um halb vier Uhr nachmittags war es schon fast dunkel, und Caffery schlich sich unbemerkt auf das Grundstück.
    Auf der Stufe vor der Hintertür stand ein mit einem rot-weiß karierten Leintuch bedeckter Korb. Als die Familienbetreuerin die Tür öffnete, deutete Caffery darauf. Sie nahm den Korb und winkte Caffery ins Haus. »Die Nachbarin«, flüsterte sie. »Sie glaubt, sie müssen mit Essen versorgt werden. Wir werfen ständig alles Mögliche weg – niemand in dieser Familie isst etwas. Kommen Sie.«
    Die Küche war warm und sauber trotz aller Schäbigkeit. Caffery wusste, dass die Bradleys sie als tröstend empfanden; sie sahen aus, als hätten sie die letzten drei Tage fast nur hier verbracht. Ein alter tragbarer Fernseher stand auf einem Tisch in der Ecke. Ein Vierundzwanzig-Stunden-Nachrichtensender brachte gerade etwas über Wirtschaft und die chinesische Regierung. Jonathan Bradley stand an der Spüle und wandte dem Fernseher den Rücken zu, während er sorgfältig einen Teller abwusch. Sein Kopf hing müde herab. Er trug Jeans und zwei verschiedene Pantoffeln, wie Caffery auffiel. Rose saß am Küchentisch und schaute auf den Fernseher; sie hatte einen pinkfarbenen Hausmantel an; vor ihr stand eine unberührte Tasse Tee. Sie machte immer noch den Eindruck, als stünde sie unter Beruhigungsmitteln. Ihr Blick wirkte glasig und verschwommen. Sie war füllig, dachte Caffery, aber nicht fettleibig, und wenn sie einen Mantel anhätte, würde man es gar nicht bemerken. Entweder hatte der Entführer einen Schuss ins Blaue abgegeben, oder es war seine spezielle Art, jemanden zu beschimpfen. Oder er hatte sie irgendwann vor der Entführung ohne Mantel gesehen.
    »Detective Caffery«, verkündete die Familienbetreuerin und stellte den Korb auf den Küchentisch. »Ich hoffe, das ist okay.«
    Nur Jonathan reagierte. Er unterbrach das Abwaschen und nickte. Mit einem Geschirrtuch trocknete er sich die Hände ab. »Aber natürlich.« Er lächelte schwach und streckte die Hand aus. »Hallo, Mr. Caffery.«
    »Mr. Bradley, Jonathan.«
    Sie gaben sich die Hand, und Jonathan zog einen Stuhl an den Tisch. »Hier. Nehmen Sie doch Platz. Ich mache frischen Tee.«
    Caffery setzte sich. Draußen auf dem Holzplatz war es sehr ungemütlich gewesen, und seine Hände und Füße fühlten sich kalt an. Dass sie auf die Reifenspuren gestoßen waren, hätte ihnen eigentlich Auftrieb geben müssen. Aber Tatsache war, dass es sie nicht vorangebracht hatte. Die Teams waren immer noch unterwegs und befragten die Leute in den Häusern und Bauernhöfen. Caffery wartete ständig darauf, dass die Nummer des Fahndungsberaters auf dem Display seines Telefons aufleuchtete. Er wollte, dass es passierte, aber bitte, lieber Gott, bitte lass es nicht jetzt passieren, nicht hier vor der Familie.
    »Du hast deinen Tee nicht getrunken, Schatz.« Jonathan legte seiner Frau die Hände auf die Schultern und beugte sich über sie. »Ich mache dir einen frischen.« Er nahm den Becher und den Korb vom Tisch. »Sieh mal, Mrs. Fosse hat uns wieder etwas zu essen gemacht.« Er sprach unnatürlich laut, als befände er sich in einem Altenheim und Rose sich im letzten Stadium der Demenz. »Wie nett von ihr. Solche Nachbarn braucht man.« Er zog das Leintuch vom Korb und inspizierte die Dinge darin. Ein paar Sandwiches, eine Apfelpastete,

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