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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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die Presse es auch nicht weiß. Wir stehen ziemlich gut mit den Medien, und im Großen und Ganzen ist das auch umgekehrt so, aber wir sind natürlich nie hundertprozentig sicher.« Sein Blick wanderte über den Vorgarten. Es war ein schöner Vorgarten. Ein langer Plattenweg führte zum Tor, und das Haus war zur Straße hin von großen am Grundstücksrand entlang gepflanzten Eiben abgeschirmt. Hinter den Bäumen schimmerte eine Straßenlaterne. »Man kann Sie von der Straße aus nicht sehen.«
    »Nein. Und ich habe ein Sicherheitssystem der Spitzenklasse. Ich kann es auch aktivieren, wenn wir im Haus sind. Wenn Sie meinen, dass ich es tun sollte.«
    »So schlimm ist es nicht. Es gibt keinen Grund zur Panik.« Er holte seine Brieftasche hervor und nahm eine Visitenkarte heraus. »Ich werde veranlassen, dass ungefähr jede Stunde ein Streifenwagen vorbeikommt. Aber wenn Sie feststellen, dass die Presse Ihnen auf die Pelle rückt …«
    »… rufe ich Sie an.«
    »Ganz recht. Tag und Nacht.« Er reichte ihm die Karte. »Sie werden mich nicht wecken, Mr. Costello. Ich bin kein großer Schläfer.«

28
    D ie Taucher hatten um sechs Uhr Feierabend gemacht, sich geduscht, umgezogen und ihre Ausrüstung gereinigt. Anschließend waren sie im Pulk in den Pub eingefallen. Es war ein Schauspiel gewesen – sieben Männer in schwarzen Aufwärmhosen und Fleecewesten, die am Tresen darüber stritten, wer die Runde bezahlen würde. Flea war nicht mitgekommen. Sie hatte für heute genug von Pubs, schloss die Büros ab und fuhr nach Hause, ohne das Radio einzuschalten. Es war fast acht, als sie ankam.
    Sie parkte den Wagen so, dass er Richtung Tal schaute, blieb sitzen und lauschte dem Ticken des sich abkühlenden Motors. Nach ihrem Pubbesuch am Nachmittag hatte der Inspector sie noch einmal im Büro besucht und die gleiche Nummer abgezogen wie am Tag zuvor: Er hatte die Hände auf den Schreibtisch gestützt, sich weit zu ihr hinübergebeugt und ihr in die Augen gestarrt. Aber als sie diesmal fragte: »Was ist?«, und er antwortete: »Nichts«, da hatte sie gewusst, dass dieses »Nichts« nichts Gutes verhieß. Er hatte gehört, was am Vormittag im Sapperton-Tunnel geschehen war.
    Sie legte das Kinn auf das Lenkrad und schaute in den jetzt fast klaren, nur noch von ein paar zarten Zirren bedeckten Himmel über dem Tal. Die abziehenden Regenwolken bewegten sich in Richtung Osten. Dad, der die Wolken liebte, hatte Flea ihre Namen beigebracht: Altostratus, Stratocumulus, Cirrocumulus oder »Schäfchenwolken«. Am Wochenende hatten sie manchmal morgens hier gesessen – Dad mit seinem Kaffee, Flea mit einer Schale Rice Krispies – und sich gegenseitig über die verschiedenen Formen ausgefragt. Dad hatte an seinen Schneidezähnen gesogen, wenn sie sagte, sie wisse es nicht, sie gebe auf. »Nein, nein, nein. Wir geben nicht auf in dieser Familie. Das verstößt gegen das Gesetz der Marleys. Ein uraltes Glaubenssystem. Es bringt Unglück, wenn man es tut – als ob man sich gegen die Natur stellte.«
    Sie zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und nahm ihre Tasche vom Rücksitz. Irgendetwas hatte sie am Sapperton-Tunnel übersehen. Es beschäftigte sie immer noch, aber so sehr sie sich auch bemühte, sie konnte den Gedanken nicht fassen.
    Wir geben nicht auf in dieser Familie. Es wird dir schon einfallen … Fast konnte sie hören, wie er es sagte, während er sie über seine Kaffeetasse hinweg anlächelte. Es wird dir einfallen …

29
    N ick, die von der Polizei abgestellte Familienbetreuerin, blieb noch eine Weile im Haus. Janice machte ein zweites Mal Tee und unterhielt sich mit ihr, weil sie die Gesellschaft angenehm fand. Emily wurde dadurch ebenfalls abgelenkt, und außerdem hatte Janice einen Vorwand, nicht mit Cory sprechen zu müssen. Cory war unruhig – ständig wanderte er in die vorderen Schlafzimmer und spähte dort aus den Fenstern. Unten hatte er die Vorhänge zugezogen, und seit einer Stunde saß er vorn im Musikzimmer. Als Nick sich um sechs verabschiedete, ging Janice nicht zu ihm, sondern zog Pyjama und Bettsocken an, bereitete heiße Schokolade zu und brachte sie Emily, die oben auf dem Doppelbett hockte.
    »Gehen wir schon schlafen?« Emily kroch unter die Decke.
    »Es ist schon spät. CBeebies ist vorbei, aber ich hab Findet Nemo auf DVD . Den mit dem Fisch?«
    Sie stopften sich Kissen in den Rücken und machten es sich mit ihrer heißen Schokolade im Bett gemütlich. Emily benutzte ihre rosa Trinklerntasse,

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