Vereint
hätte ich ihn nie kennengelernt.«
Mein Vater war also gar nicht so allein, wie ich gedacht hatte. Und ich? Ich war weder wütend noch verletzt. Ich war … glücklich! Und erleichtert. Dad hatte in seinem Leben eine Menge gutzumachen. Ich wusste, dass er dafür büßte, nicht der Mann gewesen zu sein, der er hätte sein sollen, indem er eine Beziehung zu seinem Sohn hatte. Mein Baby trat mit dem Fuß gegen die Hand seines Vaters, und ich konnte mir nicht vorstellen, dieses Kind wegzugeben. Es nie zu kennen oder in den Armen zu halten. Das musste sein, als würde man einen Teil von sich verlieren. Seit seinem sechzehnten Lebensjahr war mein Dad kein ganzer Mensch mehr. Seitdem er einen Teil von sich weggegeben hatte. Bei diesem Gedanken brach mir das Herz, und ich befreite mich aus Rushs Armen und ging zu meinem Vater.
Ich schlang beide Arme um ihn und hielt ihn. Noch fand ich nicht die richtigen Worte, um ihm zu sagen, dass ich glücklich war und mich für ihn freute. Ich war mir ja nicht mal sicher, ob diese Worte es richtig ausdrückten. Ich war mehr als glücklich. Ich war dankbar. Es wurde Zeit, dass seine Wunden heilten. Und das hier gehörte dazu.
»Kommst du damit klar, Blaire-Bär?«, fragte er und drückte mich an sich.
»Ich freue mich so, dass du ihn gefunden hast«, erwiderte ich aufrichtig. Denn zunächst mal war das das Einzige, was ich sagen konnte.
»Ich danke dir«, sagte er mit belegter Stimme.
»Und ich freue mich, dass ich dir dafür, dass du meine Frau die ganze Zeit mit Blicken verschlingst, keinen Arschtritt versetzen muss«, hörte ich Rush zu Captain sagen und musste grinsen.
W ir blieben noch fünf weitere Tage, damit Blaire ihren Bruder kennenlernen konnte. Sobald mir klar war, dass Captain Blaire nicht in sexueller Hinsicht abcheckte, kam ich gleich viel besser mit ihm klar. Er war ja nur neugierig bezüglich seiner Schwester. Das leuchtete mir ein. Aber ich war auch froh, als wir unsere Sachen packen und uns auf den Heimweg machen konnten. Bis Weihnachten waren es nur noch drei Wochen, und die wollte ich mit Blaire in Rosemary verbringen. Bei uns daheim. Außerdem wollte ich ihr endlich meinen Nachnamen verpassen und mir dann wie ein Höhlenmensch auf die Brust trommeln.
Bei unserer Heimkehr in Rosemary wollte Blaire nur noch schnellstens ins Bett. Sie lächelte glücklich, als wir hineingingen, dann sah sie mich an und meinte, wenn ich nicht einfach nur kuscheln wolle, solle ich sie in Ruhe lassen, während sie ein Nickerchen hielt.
Ich war mir ziemlich sicher, dass ich es nicht beim Kuscheln belassen könnte, also blieb ich unten und genoss es, wieder zu Hause zu sein. Ich holte mir ein Mineralwasser aus dem Kühlschrank und setzte mich aufs Deck hinaus, um den Blick auf den Golf zu genießen. Den hatte ich vermisst. Ich hatte es mir noch gar nicht so richtig bequem gemacht, da hörte ich, wie hinter mir die Tür aufging.
Grant kam heraus, nickte mir zu und ließ sich dann neben mir nieder. Seit dem Tag vor Thanksgiving, als ich ihn wegen Nan angerufen hatte, hatten wir nicht mehr miteinander gesprochen. Ich hatte jede Menge zu tun und das Gefühl gehabt, er würde mir aus dem Weg gehen. Anscheinend funktionierte der Radar von Rosemary noch, denn kaum waren wir eine halbe Stunde wieder zurück, da kreuzte er schon bei mir auf. Dabei war mir nicht mal klar gewesen, dass Grant sich überhaupt im Ort aufhielt. Normalerweise verbrachte er seine Winter beim Skifahren. Das Letzte, was ich in der Richtung gehört hatte, war, dass er nach Vail unterwegs war.
»Wie geht es ihr?«, waren die ersten Worte, die er sprach.
Nach Blaire erkundigte er sich nicht. Der traurige Ton in seiner Stimme sagte mir, dass es um Nan ging. »Hat mal wieder ordentlich Scheiße gebaut. Aber das weißt du vermutlich.«
Grant seufzte auf und überkreuzte die Beine. »Japp, weiß ich. Aber ich habe sie gestern Abend angerufen, weil ich betrunken war und schwach, na ja, und saudumm halt. Deine Mom ging dran. Sie meinte, Nan würde Hilfe bekommen.«
»Sie hat eine Überdosis Tabletten genommen. Ich habe sie rechtzeitig gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Körperlich war alles okay, aber mental war sie völlig neben der Spur. Kiro ist ein beschissener Vater, und Harlow weiß das auch, aber Nan wird das nie so akzeptieren, wie Harlow es tut.«
»Harlow? Wer ist das?«, fragte Grant, und mir ging auf, dass es in meinem Leben Sachen gab, die selbst Grant nicht wusste. Mein Leben in Rosemary und mein
Weitere Kostenlose Bücher