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Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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nachgewiesen werden, dass die Höhlen von Menschen benutzt wurden, und zwar schon lange vor den anderen Höhlen, die wir erforscht haben.«
    » Prächtig«, sagte Lucien, ohne eine Ahnung zu haben, wieso das prächtig sein sollte.
    » Es wäre möglich, dass sie schon vor zehn- bis zwanzigtausend Jahren bewohnt waren. Wir wissen es nicht.«
    » Nein?« Es fiel Lucien schwer, noch mehr Begeisterung vorzutäuschen, also täuschte er Ungläubigkeit vor.
    » Ja. Und unter diesen Malereien, die älter sind als alle, die wir bisher studiert haben, finden sich Figuren, die mit blauem Pigment gezeichnet wurden.«
    » Aber Ihr sagtet, das alte, blaue Pigment hielt nicht, es…«
    » Genau. Morgen früh reise ich ab, um das Pigment mit jenen Farbproben zu vergleichen, die mir Toulouse-Lautrec gebracht hat.«
    » Sie glauben, es könnte…«
    » Ja! Willst du mitkommen? Der Zug nach Albi fährt um Punkt acht Uhr am Gare du Nord.«
    » Unbedingt«, sagte Lucien. In jüngster Zeit war unter den Pariser Künstlern einiges Interesse an primitiver Kunst erwacht, doch keiner hatte bisher etwas so Altes gesehen, und offenbar hatte auch noch niemand etwas so Altes und Blaues gesehen. Und für ihn lief es in Paris nicht so richtig. Was sprach also dagegen?
    » Und Monsieur Toulouse-Lautrec?«
    » Henri stammt aus Albi. Gewiss wird er sich uns anschließen wollen. Ich suche ihn, und wir treffen uns um halb sieben Uhr hier.«
    Doch Henri war nirgends aufzufinden, also hinterließ Lucien nur eine Nachricht für Juliette bei der Concierge in ihrem Haus.
    » Möchten Sie, dass ich es ihrem Dienstmädchen gebe?«, fragte die Frau.
    » Sie hat ein Dienstmädchen?«
    » O ja. Seit fast einem Monat schon. Die Erste, die bei ihr bleiben will. Dieser Onkel von ihr– nun, Monsieur, die letzte Dienstmagd hat ihn erschossen, und ich will Ihnen gern anvertrauen…«
    » Schon gut«, unterbrach Lucien. » Bitte geben Sie die Nachricht Juliette persönlich. Vielen Dank, Madame.«
    Für Henri hinterließ Lucien eine Nachricht im Moulin Rouge, denn dort tauchte er am ehesten wieder auf, und so stieg Lucien nur mit dem Professeur in den Zug nach Albi. Am Bahnhof wurden sie von Dr. Vanderlinden in Empfang genommen, einem silberbärtigen Walross von einem Mann mit eckigem, holländischem Akzent, der seine förmliche, akademische Haltung noch verstärkte, obwohl er sich wie ein Bergsteiger in Segeltuch und Leder kleidete, die Stiefel staubig und an den Hacken abgelaufen.
    Vanderlinden brachte sie in einem bescheidenen Gasthaus unter, in dem auch er Quartier genommen hatte, und am Morgen fuhren sie mehrere Meilen mit Pferd und Wagen in die Berge hinauf, dann wanderten sie zwei weitere Meilen über steile Waldwege, die für ein Pferd zu schmal gewesen wären, von einem Wagen ganz zu schweigen.
    Der Eingang zur Höhle von Pech Merle war lang und niedrig, als hätte ein gigantisches Wesen den Stein mit seinen Klauen abgewetzt, um seine Beute auszugraben. Sie mussten fast zwanzig Meter auf allen vieren kriechen, bis sie in eine Kammer kamen, in der sie stehen konnten. Dr. Vanderlinden hatte sie allerdings auf das Kriechen vorbereitet: Sie trugen Handschuhe und hatten Lederpolster um die Knie gebunden.
    Dem Belgier fiel das Kriechen besonders schwer, doch als sie dann in der Höhle standen und ihre Laternen heller stellten, konnte man gar nicht mehr sagen, ob seine Atemlosigkeit von der Anstrengung oder der Aufregung herrührte.
    » Seht und staunt, Bastard!«
    Die Höhle, in der sie standen, war mindestens sechs Meter hoch, und die Wände waren vom Boden bis zur Decke mit Pferden, Bisons und so etwas wie Antilopen bemalt, in Weiß und Rot und braunem Ocker. Jedes Tier war mit Punkten überzogen, die manchmal auch darüber hinausreichten. Lucien bewunderte das Geschick des Künstlers, denn trotz der rauen Oberfläche ließ sich die Andeutung einer Perspektive erkennen. Schattierungen der Pferde deuteten die Tiefe an.
    » Je weiter man in die Höhlen vordringt, desto besser sind die Bilder erhalten«, sagte Vanderlinden.
    » Warum gehen diese Punkte über die Umrandungen hinaus?«, fragte Lucien.
    » Dazu habe ich eine Theorie«, sagte Vanderlinden. » Ich glaube nicht, dass es sich hier um Tiere im eigentlichen Sinn handelt. Sehen Sie hier und dort die menschlichen Figuren? Klein im Vergleich zu den Tieren. Keine Tiefe, nur Schatten, nicht wahr? Aber die Tiere sind allesamt voll ausgeformt.«
    » Jäger?«
    » Eindeutig«, sagte der Belgier. » Wir haben in dieser

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