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Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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ließ Oscars Revers los und fiel ihr in den Schoß.
    » Oscar Wilde, ich möchte Euch Carmen Gaudin vorstellen, meine Wäscherin. Ich fürchte, Ihr werdet unseren kleinen Ausflug allein fortsetzen müssen.«
    » Enchanté, Mademoiselle«, sagte Oscar mit einer angedeuteten Verbeugung über Carmens Hand, an der Henri zu lecken versuchte, als sie an seinem Gesicht vorbeikam.
    » Dann will ich euch zwei eurem süßlichen Schicksal überlassen«, sagte der Ire und dachte, er hätte etwas erheblich Klügeres und Galanteres gesagt. Er stolperte die Stufen zum Pigalle hinab und landete im Moulin Rouge, wo er einen jungen Marokkaner kennen und lieben lernte, der dem Iren unter anderem beibrachte, wie man den Zuckerwürfel auf einem Glas Absinth entzündete, um die grüne Fee zu befreien.
    Am nächsten Morgen wachte Oscar auf und fand in seiner Brusttasche einige Zettel mit Notizen in seiner Handschrift. Er konnte sich nicht erinnern, sie gemacht zu haben, und größtenteils waren sie völlig wirr, bis auf die wiederkehrende Idee eines Gemäldes, das einen alten, verkrüppelten Mann auf ewig lebendig hielt. Eine Idee, die er zum Thema seines nächsten Romans machen sollte, der Das Bildnis des Dorian Gray heißen würde.
    Auf der Bank gegenüber vom Lapin Agile strich Carmen mit der Hand über Henris Bart und sagte: » Oh, mein süßer Graf, wie habe ich dich vermisst. Lass uns in deine Wohnung gehen oder gleich in dein Atelier.«
    » Aber meine Liebe«, sagte Henri, hin- und hergerissen zwischen Freude und Ohnmacht, » ich fürchte, es könnte sein, dass ich meinen Mann nicht stehen kann.«
    » Das ist mir egal. Du kannst doch malen, oder?«
    » Absolut. Solange ich atmen kann, kann ich auch malen.«
    In dem Monat, der auf den Tod des Farbenmannes folgte, fiel Lucien das Malen schwer, trotz der Inspiration durch Juliette, denn sie sahen sich nur jeden zweiten oder dritten Tag, und dann auch nur für ein paar Stunden. Und obwohl er gehofft hatte, sie würde zu ihm in seine kleine Wohnung auf dem Montmartre ziehen, bestand sie darauf, das Apartement im Quartier Latin zu behalten, das sie sich mit dem Farbenmann geteilt hatte.
    » Aber, cher«, hatte sie gesagt, » die Miete ist für Monate im Voraus bezahlt. Es wäre die reinste Verschwendung. Und außerdem spiele ich mit dem Gedanken, die Universität zu besuchen, und die Sorbonne ist so nah.«
    » Dann könnte ich doch bei dir wohnen«, hatte er vorgeschlagen, aber sobald es ausgesprochen war, wusste er, dass es nicht funktionieren würde. Bis seine Bilder sich besser verkauften, musste er morgens um vier Uhr in der Bäckerei sein. Vom Quartier Latin auf den Montmartre lief man eine Stunde, und um diese Uhrzeit fuhren noch keine Droschken. Schließlich fügte er sich und blieb nur samstagabends bei Juliette.
    Er hatte ihr sogar vorgeschlagen, etwas vom letzten Sacré Bleu zusammenzumischen, das der Farbenmann hergestellt hatte, um damit die Zeit zu verschieben, damit er sie wochenlang malen und trotzdem pünktlich in der Bäckerei sein konnte, um Teig für die Brote zu kneten, doch davon wollte sie nichts wissen.
    » Nein, cher, wir dürfen das Bleu nicht benutzen. Das ist alles, was davon noch übrig ist. Es wäre nicht recht.«
    Sie ging nie näher darauf ein, wieso es nicht recht sein sollte, sondern lenkte ihn– wie sie es oft tat– mit ihren weiblichen Reizen von seinen Fragen ab.
    Als Lucien dann also eines Nachmittags in der Bäckerei fertig war, Juliette verkündet hatte, sie sei anderweitig beschäftigt, und er Henri nirgendwo auftreiben konnte, machte er sich auf den Weg den Hügel hinab zum Maquis, um Le Professeur zu besuchen, in der Hoffnung, dass ein Mann der Wissenschaft ihm helfen würde, den Sinn des Ganzen zu erfassen.
    » Mein Junge, ich bin ja so froh, dass du kommst!«, sagte der Professeur mit einer Begeisterung, die er nur selten für eine Angelegenheit zeigte, mit der andere Menschen etwas anfangen konnten. » Komm herein, komm herein! Ich wollte dich schon in der Bäckerei aufsuchen. Eben habe ich ein Telegramm von einem Kollegen bekommen, Dr. Vanderlinden aus Brüssel. Er arbeitet in einem Ort namens Pech Merle nahe Albi und hat gerade ein neues Höhlensystem mit Malereien entdeckt. Ich dachte, das solltest du vielleicht wissen.«
    » Ach, das ist ja wunderbar«, sagte Lucien, der nicht verstand, wieso er das wissen musste, aber nicht unhöflich sein wollte.
    » Anhand der Tierknochen, die man in der Asche der Feuerstellen gefunden hat, konnte

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