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Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Höhle mehrere Feuerringe ausgegraben. Nach den verschiedenen Schichten und dem Ruß an der Decke zu urteilen, haben hier jahrtausendelang immer wieder Menschen gelebt, doch finden sich nirgendwo größere Tierknochen. Zahllose Exemplare kleinerer Tiere, wie Hasen, Murmeltiere, Dachse, selbst menschliche Knochen, meist Zähne. Diese Leute haben kein Großwild gejagt.«
    » Sondern?«
    » Schließen Sie die Augen«, sagte Vanderlinden.
    Lucien tat wie ihm geheißen.
    » Was sehen Sie?«
    » Nichts. Dunkel.«
    » Nein, was sehen Sie wirklich? Was sehen Sie in der Dunkelheit?«
    » Kreise wie Auren, wo eben noch unsere Laternen waren. Nachbilder.«
    » Genau!«, rief der Belgier und klatschte in die Hände. » Es handelt sich hier um Bilder, die im Dunkeln entstehen. Vor dem inneren Auge. Ich glaube, dass diese Leute Bilder von Tieren malten, die sie in Trance gesehen hatten. Es sind Geisterwesen, immateriell. Deshalb sind die Menschen auch nicht ganz ausgearbeitet. Diese Zeichnungen sind schamanischen Ursprungs. Religiös, wenn man so will. Sie sollen nichts berichten. Sie erzählen keine Geschichten. Sie beschwören die Götter.«
    » Interessant«, sagte Professeur Bastard.
    » Na, das ist ja ganz toll«, sagte Lucien. Er hatte genug davon, sich dauernd mit der Geisterwelt zu versöhnen, und sich ein wenig handfeste, empirische Wissenschaft erhofft, die man auch greifen konnte.
    » Ich weiß«, sagte Vanderlinden, dem der Sarkasmus entging. » Warten Sie, bis Sie den Rest gesehen haben.«
    Er führte sie weiter in die Höhle hinein, duckte sich durch niedrige Passagen, folgte an Gabelungen Kreidezeichen, die er offenbar selbst bei früheren Erkundungen hinterlassen hatte. An einer Stelle mussten sie auf dem Bauch durch eine Öffnung robben, wobei sie ihre Laternen vor sich herschoben. Der schmale Durchgang führte in einen gigantischen Saal.
    » Dieser Durchgang muss jahrtausendelang blockiert gewesen sein, aber einem meiner Studenten fiel auf, dass die Steine nach oben hin immer kleiner wurden. Sie waren aufgeschichtet worden. Man hatte den Gang absichtlich verschlossen. Wie froh bin ich um junge, frische Augen! Ich selbst hätte das nie gesehen.«
    Vanderlinden richtete seine Laterne auf die Wände.
    » Das hier, Bastard, sind die Malereien, derentwegen ich die Nachricht geschickt habe.« Die Bilder weiter oben an der Wand glichen denen, die sie zuvor gesehen hatten, doch weiter unten wiederholte sich ein Motiv, wobei die meisten Figuren schwarz waren.
    » In diesem gelben Licht können Sie nichts erkennen. Moment, lassen Sie mich die Magnesiumlampe anzünden. Diese kleine Bogenlampe, die Sie zur Verfügung gestellt haben, Bastard. Die Batterie hält nur ein paar Minuten, aber Sie werden es sehen. Sie können Proben für Ihre Analyse entnehmen.«
    Vanderlinden holte eine seltsame Messinglampe aus seinem Rucksack und dann eine Batterie von der Größe einer Honigmelone, doch so, wie der Doktor damit herumhantierte, schien sie sehr schwer zu sein, und Lucien bekam ein schlechtes Gewissen, weil er dem alten Mann nicht geholfen hatte, diese Bürde zu tragen.
    » Sehen Sie nicht direkt ins Licht. Es würde Sie blenden. Ich richte es auf die Wand.« Er befestigte Drähte an den Kabeln der Lampe, dann drehte er einen kleinen Knopf, was einen dünnen Magnesiumstab einer Elektrode entgegenschob. Als der Strom einen Lichtbogen beschrieb, erstrahlte die Höhle wie im grellen Sonnenschein, und Lucien sah zum ersten Mal das ganze Ausmaß dieses Saales. Er war größer als das Hauptschiff von Notre-Dame, und überall fanden sich Darstellungen von menschlichen Figuren, den unterschiedlichsten menschlichen Figuren: tanzend, kämpfend, jagend, reisend. In jedem Motiv wurden jedoch zwei Figuren immer und immer wiederholt: eine kleine, verwachsene Gestalt, kleiner als die anderen, in braunem Ocker gehalten, mit einem schwarzen Messer in der Hand, und eine große, schlanke, weibliche Gestalt in leuchtendem Ultramarin.
    » Da sehen Sie es! Das Blau ist mineralisch, da bin ich mir ganz sicher«, sagte Vanderlinden. » Das Blau ist leicht abzu- bürsten, also wurde es nie angerührt. Ich habe etwas davon im Feuer getestet. Um Kupfer handelt es sich jedenfalls nicht. Vielleicht mit Ihrer Chromatographiemethode…«
    Professeur Bastard hob eine Hand, um seinem Kollegen anzuzeigen, dass er innehalten sollte. » Und für wie alt halten Sie diese Bilder?«
    » Es ist nur eine Theorie. Dieser Saal liegt seit Jahrtausenden trocken, aber weil

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