Verflixtes Blau!
Monsieur.«
» Renoir«, sagte der Schmächtige achselzuckend.
» Sind Sie nicht auch Maler?«, fragte Manet, dem die Farbe an Renoirs Jacke aufgefallen war.
» Nun, ja, aber das behalte ich anfangs lieber für mich, für den Fall, dass ich mir noch Geld borgen muss.«
Manet lachte. » Das Urteil der Menschen kann harsch sein, ob mit oder ohne vorherige Kenntnis, Monsieur Renoir. Das hat mich der heutige Tag gelehrt.«
Hinter ihnen feixte eine Frau, die sich ein Bild von Manet ansah, während eine Schwangere in Ohnmacht zu fallen vorgab und am Arm ihres heroischen, deutlich pikierten Ehemannes hinausgeführt werden musste. Manet verzog das Gesicht.
» Es ist ein Meisterwerk!«, sagte Bazille in dem Versuch, den älteren Maler abzulenken. » Darin sind wir uns alle einig. Wir sind Schüler im Atelier des Monsieur Gleyer.«
Die beiden anderen nickten. » Bazille ist gerade durch sein Medizinexamen gefallen«, sagte Renoir.
Bazille funkelte seinen Freund an. » Warum musst du ihm das erzählen?«
» Damit er sich besser fühlt, wenn die Leute über sein Bild lachen«, sagte Renoir. » Welches grandios ist, auch wenn ich das Mädchen etwas zu mager finde.«
» Sie ist real«, sagte Monet. » Das ist doch gerade das Geniale daran.«
» Ich mag Mädchen mit großem Hintern«, sagte Renoir und zeichnete in die Luft, welche Größe er meinte.
» Haben Sie es plein air gemalt?«, fragte Monet. Sie alle hatten in letzter Zeit unter freiem Himmel gearbeitet und waren nur drinnen, wenn sie in Gleyers Atelier Figuren zeichneten oder im Louvre Bilder kopierten.
» Ich habe die Skizzen im Freien vorgenommen, aber gemalt habe ich im Atelier.«
» Wie heißt das Bild?«, fragte Bazille.
» Ich nenne es › Das Bad‹«, sagte Manet, der mit der öffentlichen Reaktion inzwischen schon besser zurechtkam. Vor ihm standen intelligente, junge Männer, die etwas von der Malerei verstanden, die begriffen, was er wollte, und denen das Bild gefiel.
» Na, wenn das kein dämlicher Titel ist«, sagte eine Frauenstimme plötzlich neben ihnen. » Sie ist ja gar nicht nass, nicht mal feucht.«
Die jungen Maler wichen zurück. Eine in spanische Spitze gewandete Frau hatte sich zu der Gruppe gesellt.
» Vielleicht betrachten wir den Moment kurz vor dem Bad«, sagte Manet. » Das Motiv ist klassisch, Madame. Nach Raffaels Urteil des Paris.«
» Ich wusste, dass mir die Pose bekannt vorkam«, sagte Bazille. » Ich habe eine Radierung von diesem Bild im Louvre gesehen.«
» Nun, das erklärt manches«, sagte die Frau. » Der Louvre frömmelt ein wenig, habe ich recht? Da kann man keine Handvoll Pfeile werfen, ohne drei Madonnen und ein Jesuskind zu treffen. Und Raffael war ein fauler, kleiner Geck.«
» Er war ein großer Meister«, sagte Manet wie ein empörter Kenner. » Obwohl dem Salon die klassische Referenz offenbar entgangen ist«, fügte er seufzend hinzu.
» Der Salon ist einfach nicht mehr auf dem Laufenden«, sagte Bazille.
» Alles Opportunisten und Politiker«, sagte Monet. » Die könnten ein gutes Bild nicht mal erkennen, wenn Rembrandt es ihnen höchstpersönlich vorführen würde.«
» In diesem Jahr haben sie ein Bild von mir angenommen«, sagte Renoir.
Und alle drehten sich zu ihm um, selbst die Frau unter dem Spitzenschleier.
» Was ist los mit dir?«, fragte Bazille.
Renoir zuckte mit den Schultern. » Es wurde nicht verkauft.«
» Ich bitte um Verzeihung«, sagte Monet. » Renoir ist ein Maler, der nur ein Maler sein will. Taktgefühl ist ihm ein Rätsel.«
Manet lächelte. » Glückwunsch, Monsieur Renoir. Darf ich Ihnen die Hand schütteln?«
Renoir strahlte im Licht der Aufmerksamkeit des älteren Künstlers. » Vielleicht ist sie doch nicht zu mager«, sagte er, als er Manets Hand nahm.
» Aber nass ist sie trotzdem nicht«, sagte die Frau. » Das ist kein Bild von badenden Menschen. Für mich sieht es aus, als würde sie überlegen, mit welchen der beiden Kerle sie sich gleich zum Vögeln in die Büsche schlagen will.«
Da drehten sich alle zu der Frau um, die jungen Männer sprachlos vor Verlegenheit und Leibeslust. Manet war schlicht entsetzt.
» Es sei denn, sie hätten es bereits getan«, fuhr die Frau fort. » Sehen Sie doch, die Speisen liegen überall verteilt. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht. Sie scheint zu sagen: › Stimmt genau, ich hab sie mir beide zur Brust genommen. Im Gras. Zum Frühstück.‹«
Manet hatte einen Moment lang aufgehört zu atmen. In der Hitze wurde ihm ganz
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