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Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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schwindlig, und er stützte sich auf seinen Gehstock.
    Renoir fand zuerst die Sprache wieder. » Ihr Blick ist doch rätselhaft. Wie bei der Mona Lisa.«
    » Und was glauben Sie, was die Mona Lisa damals gesagt hätte?«, fragte die Frau. Sie stieß Monet in die Rippen, um ihrer Frage Nachdruck zu verleihen, dann beugte sie sich zu ihm vor. » Hm? Mon petit ours?«
    » Ich… äh…« Niemand hatte ihn je » Bärchen« genannt, und er war nicht sicher, wie er damit umgehen sollte. Er sah Manet an, in der Hoffnung, der ältere Maler könnte ihn retten.
    » Dann nenne ich es vielleicht Das Frühstück im Grünen«, sagte Manet. » Nachdem ich es offenbar versäumt habe, das Modell ausreichend zu befeuchten.« Er warf seinen Gehstock in die Luft und fing ihn wie ein Zauberer, dessen Vorstellung nun begann. » Madame, wenn Sie mich entschuldigen wollen, ich muss gehen. Meine Herren, es war mir ein Vergnügen. Sollten Sie heute Abend frei sein, gesellen Sie sich vielleicht auf einen Trunk zu mir, im Café de Bade am Boulevard des Italiens, so gegen acht.« Er gab allen die Hand, verneigte sich vor der Frau, dann machte er auf dem Absatz kehrt und verließ die Ausstellung mit einem Gefühl, als wäre er eben einem Mordanschlag entgangen.
    » Monsieur Manet war es selbst, der in den Büschen auf ihr lag«, sagte die Frau mit dem Spitzenschleier, während sie über Monets Schulter hinweg das Bild betrachtete. » Meinen Sie nicht?«
    » Das kann ich nicht beurteilen«, sagte Monet. » Ein Künstler und sein Modell…«
    » Sie sind Maler, richtig? Sie sind doch alle Maler, oder?«
    » Das sind wir allerdings, Mademoiselle«, sagte Bazille. » Aber wir ziehen es vor, plein air zu malen.«
    » Draußen? Bei Tageslicht? Ach, wie schön…«, sagte sie. » Nur damit Sie Bescheid wissen: Wenn Sie sich mit Ihrem Modell in die Büsche schlagen, breiten Sie eine Decke aus. Das gehört sich so.«
    Das wütende Bellen eines Mannes hallte durch die Galerie. Die Frau blickte auf, erschrocken.
    Renoir entdeckte einen kleinen Kerl in braunem Anzug und mit Melone, der sich durch die Menge rempelte und in einer Sprache brüllte, die er nicht erkannte.
    » Ich glaube, der alte Knabe dort winkt Ihnen«, sagte Renoir.
    » Ach du je, das ist mein Onkel. Ein solcher Langweiler. Ich muss gehen.« Sie raffte ihre Röcke zusammen und beschrieb eine forsche Wende. » Wir sehen uns wieder, meine Herren.«
    » Aber wie sollen wir Sie erkennen?«, fragte Monet. » Wir wissen nicht einmal Ihren Namen.«
    » Sie werden mich schon erkennen.« Und damit enteilte sie, schob sich durch die Menge wie eine schwarze Wolke, wobei der kleine Mann ihr hinterherhinkte und versuchte, sie zwischen den Reifröcken, Rockschößen und Sonnenschirmen nicht aus den Augen zu verlieren.
    Monet sagte: » Hat jemand ihr Gesicht gesehen?«
    » Nein«, sagte Renoir, » nur die schwarze Spitze, als trüge sie Trauer.«
    » Vielleicht ist sie vernarbt«, sagte Bazille.
    » Sie trug blaues Lippenpuder«, sagte Monet. » Ich konnte es durch die Spitze erkennen. So etwas habe ich noch nie gesehen.«
    » Glaubt ihr, sie ist eine Professionelle?«, fragte Renoir.
    » Könnte sein«, sagte Bazille. » Keine echte Dame würde so sprechen.«
    » Nein, ich meine Manets Modell.« Renoir sah sich wieder das Bild an. » So dürr, wie sie ist, muss sie wahrscheinlich Modell sitzen, um ihren Hurenlohn aufzubessern.«
    » Möglich«, sagte Monet, der seine Aufmerksamkeit nun vollends dem Bild zuwandte. » Könnt ihr euch vorstellen, so etwas unter freiem Himmel zu malen? Einen solchen Moment auf einer riesigen Leinwand festzuhalten, in Originalgröße?«
    » Nun, du wirst wohl eine Prostituierte malen müssen, wenn du möchtest, dass sie sich nackt an den Fluss setzt«, sagte Renoir.
    » Und du brauchst Geld, um sie zu bezahlen«, sagte Bazille.
    » Zweifellos«, sagte Renoir. » Zwar könnte man vermutlich ein Mädchen dazu bewegen, sich in einen zu verlieben, und die würde sich umsonst ins Gras setzen, aber wenn sie keine Hure ist, glaube ich kaum, dass sie die Sache mit dem Nacktsein mitmacht.«
    » Du hast recht, Renoir«, sagte Monet, während er den Blick auf das Bild gerichtet hielt. » Wir müssen gehen.«
    » Müssen wir?«, sagte Renoir. » Wollen wir uns denn dein Bild gar nicht ansehen?«
    » Nein, wir müssen diese Frau mit der spanischen Spitze finden. Sie wird es tun. Zumindest schien sie mir offen für die Idee zu sein.« Ein breites, begeistertes Grinsen zerteilte seinen Bart.

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