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Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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» Ein zeitgenössisches Abbild der Moderne, eingefangen auf einer gigantischen Leinwand. Ich werde die Zeit anhalten– für mein eigenes Frühstück im Grünen!« Er drehte sich um und marschierte mit solcher Entschlossenheit in die Menge, dass ihm die Leute Platz machten, ohne dass er darum bitten musste.
    » Aber für so eine große Leinwand hast du kein Geld«, sagte Bazille, der seinen Freunden in den nächsten Ausstellungsraum folgte. » Weder für Farbe noch für Pinsel.«
    » Aber du«, sagte Monet.
    Renoir blickte über seine Schulter und nickte. » Und wenn du deinen Vater fragst, denk daran, dass auch noch genug für die Hure bleiben muss.«
    » Ich werde meinen Vater nicht um Geld für eine Hure bitten, damit du sie malen kannst«, sagte Bazille.
    » Doch, wirst du«, sagte Monet.

    Als er den » W«-Saal betrat, fiel Manet sofort ein sehr großes Bild von einer rothaarigen Frau auf, ganz in Weiß. Ihr Blick wirkte, als würde sie den Betrachter nicht nur ansehen, sondern direkt in ihn hinein, als durchschaute sie ihn, als hätte sie ihn in der Hand. Seine Badende besaß eine ähnliche Qualität, und diesen Ausdruck in einem anderen Gemälde zu finden, nahm der Kritik, die er den ganzen Tag über erlitten hatte, die Schärfe. Dann entdeckte er den Maler, der einer kleinen Gruppe von Bewunderern einen Vortrag hielt.
    » Whistler!«, rief Manet. » Wie geht’s deiner Mutter?«
    Der Amerikaner verneigte sich vor der Gruppe und wandte sich seinem Freund zu, um ihn zu begrüßen. Er war ein hagerer, dunkelhaariger Bursche etwa im selben Alter wie Manet, mit haarsträubendem Schnauzer und einem Monokel, das in sein Auge geschraubt war wie das Bullauge eines Kriegsschiffes. Er sah schwächer, blasser aus als bei ihrer letzten, ausgesprochen amüsanten Begegnung vor einem Jahr im Café Molière, und er stützte sich sogar auf seinen Gehstock wie ein Lahmer, statt ihn zu schwenken wie ein modisches accoutrement.
    Whistler scherzte oft über seine puritanische Mutter, die ihn mit wöchentlichen Briefen daran erinnerte, dass er sein Leben und den guten Namen der Familie verspielte, indem er versuchte, in London als Maler zu überleben.
    » Ach, Mutter«, sagte Whistler auf Englisch. » Sie ist eine Komposition in Grau und Schwarz. Ihr Unmut fällt wie ein Schatten über den Atlantik. Und deine?«
    Manet lachte. » Verbirgt ihre Scham und betet darum, dass einer ihrer Söhne die Juristerei aufnimmt wie unser Vater.«
    » Unsere Mütter sollten einander beim Tee ihr Leid klagen«, sagte Whistler.
    Manet ließ die Hand des Freundes los und wandte seine Aufmerksamkeit dem Bild zu. » Der Salon hat es abgewiesen? Sie ist so kühn. So lebensnah.« Das Mädchen im langen, weißen Kleid stand barfüßig auf einem weißen Bärenfell, darunter ein orientalischer Teppich mit blauen Blumen.
    » Mein › Mädchen in Weiß‹. Sie wurde vom Salon und der Londoner Akademie abgewiesen. Sie heißt Jo Hiffernan«, sagte Whistler. » Eine irische Wildkatze– Haut wie Milch. Schlagfertig, für eine Frau, mit einer Seele, tief wie ein Brunnen.«
    » Ach, armer Jemmie«, sagte Manet. » Musst du dich denn in jede Frau verlieben, die du malst?«
    » Nichts dergleichen. Das Weib hat mich vergiftet, und der Beweis dafür hängt hier.« Whistler deutete auf das Bild. » Bestimmt hundertmal habe ich die Farbe von der Leinwand gekratzt und von vorn begonnen. Das viele Bleiweiß dringt in die Haut. Ich sehe immer noch einen farbigen Saum um jede Lichtquelle herum. Mein Arzt sagt, es wird noch Monate dauern, bis ich wieder normal sehen kann. Ich war sogar schon zur Erholung in Biarritz, am Meer.«
    Das erklärte es. Bleivergiftung. Manet atmete etwas ruhiger. » Und das Hinken? Auch von der Bleivergiftung?«
    » Nein, letzte Woche habe ich am Strand gemalt und wurde von einer Welle umgerissen. Die Brandung hat regelrecht auf mich eingeprügelt. Ich wäre ertrunken, wenn mich nicht ein paar Fischer gerettet hätten.«
    Sie schob sich zwischen die beiden wie ein kleiner Sturm, mit schwarzer Spitze im Fahrwasser. » Dann hätten Sie wohl lieber in London bleiben und die Rothaarige auf dem Bärenfell begatten sollen, was?«, sagte sie auf Englisch mit irischem Akzent.
    Whistler verlor das Wenige, was er an Farbe im Gesicht hatte. » Verzeihen Sie, Mademoiselle…«
    » Ein Bärenfell ist doch um einiges bequemer als das Ufer der Seine, nicht wahr, Édouard?«, sagte sie auf Französisch zu Manet und drückte seinen Bizeps. » Immerhin hat er sich

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