Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
ich gebe mir Mühe, mir alles genau einzuprägen. Schließlich bleibt der Beamte vor einer Tür stehen, durch die ich schon einmal erwartungsvoll und mit klopfendem Herzen hindurchgeschritten bin.
Diesmal empfinde ich allerdings gar nichts.(2)
Hatar’ali sitzt wieder an seinem Schreibtisch. Als ich näher komme, sehe ich als Erstes das blutrote Leuchten des Kristalls in einer der Vitrinen. Mein Herz hüpft vor Freude. Da ist er also, mein kleiner Freund, der mich jahrelang begleitet hat. Würde er auf mich hören, wenn ich ihn in meine Hände nehme?
„Nadi, setz dich!“, fordert mich mein Vater mit geschäftiger Stimme auf. „Deine Mutter berichtete mir, dass du mir etwas über unseren Feind zu sagen hast.“
„Oh ja, sehr viel“, antworte ich. Gehorsam setze ich mich auf den Hocker, auf den er gedeutet hatte. „Ich war schließlich fast zwei Monate bei ihm … gefangen.“
Ich schlucke. Das Lügen fällt mir plötzlich schwer, die Erinnerung an Tora und Benar macht mein Herz eng und ich fühle, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildet. Wüsste ich doch nur, ob sie vor den Aufständischen fliehen konnten!
„Sprich!“, fordert er mich auf.
„Sie haben ihren Aufenthaltsort zwischen hohen Bergen versteckt. Ich habe zwar nicht herausgefunden, welcher Planet es ist, aber ich konnte einmal die Monde bei der Verschmelzung sehen. Mali’tora lässt die Python-Kämpfer dort leben, er hofft, dass sie auf seine Seite wechseln.“
Hatar’ali lacht. „Das ist wohl kaum möglich! Weiter!“
„Ähm … nichts weiter. Sie haben mich in einem Keller festgehalten, da konnte ich nicht viel erkennen.“
„Hm. Aber kannst du sagen, ob Schnee auf den Bergen war? Es gibt nicht viele Welten, auf denen es hohe Berge gibt.“
„Ähm … nein, da war kein Schnee.“
„Bist du dir da sicher?“
Ich nicke. Und schäme mich, meinen eigenen Vater anzulügen.
„Weißt du“, sagt er langsam, „ich habe mir das, was du letztes Mal zu mir gesagt hast, durch den Kopf gehen lassen. Ich weiß, dass du durch deine Gefangennahme etliches durchgemacht hast und ziemlich verwirrt warst. Also, was willst du mir über Mali’tora sagen?“
Nun bin ich doch ziemlich überrascht. Ist das mein Vater? Interessiert er sich wirklich für das, was ich erlebt habe, oder versucht er nur, seinen Nutzen daraus zu ziehen?
„Mali’tora hat mir gesagt, dass er dir einen Vorschlag unterbreiten will. Einen, der den Frieden der Welten herstellt – sofern von jeder Welt ein gleichberechtigter Auserwählter Mitsprache im Parlament hat.“
Mein Vater lacht kurz auf. „Also so will er sich an die Macht schleichen!“
„Ich glaube nicht, dass er hinterlistig ist“, versuche ich, Tora zu verteidigen, ohne dass es zu auffällig ist. „Sein Plan ist eine Demokratie, wie es auf der Erde in den meisten Ländern heutzutage auch der Fall ist.“
„Wir können nicht in die Steinzeit zurückfallen!“ Hatar’ali spricht sehr abfällig. „Das ist das Letzte, was die Bewohner der Sieben-Welten brauchen. Unsere Vorfahren der Erde sind in ihrer Entwicklung zurückgeblieben, das weiß doch jedes Kind!“
„Aber sie leben dort im Einklang mit der Natur“, entgegne ich ruhig. „Das hat nichts mit der Steinzeit zu tun und beeinträchtigt nicht ihre Entwicklung. Das funktioniert auch in Mali’toras Tal und mit diesem Gedanken können wir den Frieden wiederherstellen.“
„Damit kann man keinen Frieden aufbauen. Ich will dir deine Unvernunft verzeihen, du bist noch ein Kind.“ Hatar’ali schüttelt gereizt den Kopf. „Ich habe darüber nachgedacht, Mali’tora zu einem Gespräch einzuladen. Aber mit deinen dürftigen Hinweisen werde ich ihn vermutlich doch nicht finden. Die Beschreibung des Tals trifft auf viele Orte zu.“
Ich versuche, in den Augen meines Vaters seine Absichten zu lesen, aber sie bleiben dunkel und undurchdringlich. Gibt er Tora tatsächlich eine Chance, sich für den Frieden einzusetzen?
„Mali’tora habe ich zuletzt gesehen, als er von Aufständischen bedroht wurde“, sage ich und kann nicht verhindern, dass meine Stimme vor Schmerz schwankt. „Ich glaube nicht, dass er noch lebt, aber wenn du die Tore für Informanten aufmachst, wirst du vielleicht Nachricht von ihm bekommen.“
„Das ist zu gefährlich!“
Hatar’ali betrachtet mich lange. Seine Gesichtszüge sind weich, so, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Als er nun Folgendes sagt, habe ich das Gefühl, dass er sich überwinden muss und es ihn tief im Innern
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