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Verflucht himmlisch

Verflucht himmlisch

Titel: Verflucht himmlisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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solche Klamotten getragen hatte. Und ganz offensichtlich liebte Leander Leder. Wenn die Wahl zwischen einem pinkfarbenem Stretchshirt und Leder bestand, war ich auch für Leder.
    Aber die Frisur und seine geschminkten Augen – nein, das ging gar nicht.
    »Kannst du das noch ändern?«, fragte ich und deutete auf seine Haare.
    »Wie, ich denke, ihr Menschenmädchen mögt das?«, fragte er und zog die Nase hoch.
    »Was mögen wir?«
    »Na, wenn die Jungs ein bisschen wie Frauen aussehen und sich die Augen umranden und die Fingernägel schwarz anmalen.«
    Ich ahnte, was er meinte. Und nun wusste ich auch, an wen er mich erinnerte. Bill Kaulitz von Tokio Hotel. Da war er bei mir auf dem falschen Dampfer.
    »Mach es rückgängig! Denk dir was anderes aus, irgendwas anderes, bitte! Ich will keine Bill-Kaulitz-Kopie in meinem Zimmer haben, sonst dreh ich durch!«, tobte ich. Die Musik von Tokio Hotel war ja gar nicht so schlecht, aber Bill Kaulitz machte mir Angst. Außerdem war er dünn wie eine Spinne.
    Das Schloss unserer Haustür rasselte. Mama kam vom Training zurück.
    »Pscht!«, zischte ich warnend und blitzte Leander an, der bereits damit begonnen hatte, seine Haare zu kürzen. Er machte dabei ein Gesicht, als würde er auf dem Klo sitzen. Es schien anstrengend zu sein.
    »Sie hört mich doch nicht«, stieß er hervor. »Dich aber schon.«
    Stimmt. Oh Gott, das konnte ja lustig werden.
    »Luzie, Abendessen, ich hab Hähnchen mitgebracht!«, rief Mama von draußen.
    »Ich komme!«, rief ich zurück.
    »Gib mir noch einen Tipp«, keuchte Leander. »Was ist gut? Was sieht gut aus? Los, ein Tipp!«
    Was sollte ich ihm nun sagen? Guiseppe? Wollte ich eine Guiseppe-Kopie haben? Na, besser als eine Bill-Kaulitz-Kopie. Und wer weiß, was er sich sonst noch einfallen ließ. Wenn ihm nichts Gutes einfiel, holte er sich vielleicht Ideen aus meinem Zimmer, und die Typen von Tanzwut und Schandmaul wollte ich nachts nicht neben meinem Bett sitzen haben, sosehr ich ihre Musik auch mochte.
    »Seppo«, erwiderte ich und merkte, wie ich rot wurde. Ich hastete zur Tür.
    »Warte, Luzie, noch einen Moment!« Leander klang panisch.
    »Was ist? Mama wartet auf mich! Und ich hab Hunger.« Ich drückte die Klinke herunter.
    »Geh nicht aus dem Haus. Bleib in meiner Nähe. Weiter weg als in die Küche und ins Bad darfst du jetzt nicht. Das könnte alles vermasseln, hörst du? Ich muss mich überprüfen können. Komm nach dem Essen sofort wieder in dein Zimmer. Das ist ein Befehl, Luzie!« Nun waren seine Haare sehr kurz.
    »Ach, weißt du was, du kannst mich mal«, flüsterte ich wütend und knallte die Tür hinter mir zu. Wollte er mich nur drangsalieren oder war es wahr, dass er mich in seiner Nähe haben musste? Wenn ja, dann sollte ich schnellstmöglich verschwinden. Er sollte wieder durchsichtig werden und Leine ziehen.
    Doch ich schaffte es nicht, aus dem Haus zu gehen. Mama verbot es mir. Dafür sei ich noch viel zu krank, sagte sie, und kleine Mädchen hätten um diese Uhrzeit draußen nichts verloren. Also blieb ich in Leanders Nähe. Nach dem Essen ging ich nur kurz ins Bad, machte eine schnelle Katzenwäsche und kehrte dann sofort in mein Zimmer zurück. Ohne Leander anzuschauen, vergrub ich mich in mein Bett und wartete darauf, dass ich einschlief.
    Ich wollte ihn nicht sehen.
    Ich wollte einfach nur, dass er mich endlich allein ließ.

Fleischklößchen
    »Was ist denn jetzt wieder los?«
    Es war schon spät am Abend, doch seit einiger Zeit seufzte Leander in regelmäßigen Abständen vor sich hin, mal leiser, mal lauter, mal tief, mal wimmernd. Ich ließ das Licht aus. Ich hatte die Hoffnung aufgegeben, dass er sich in irgendetwas Anständiges verwandelt hatte. Vermutlich war es absolut danebengegangen. Und sein Gestöhne ging mir entsetzlich auf die Nerven.
    »Immer noch Schmerzen?«
    »Schlaf, Luzie. Du musst schlafen. Schlaf ist überlebenswichtig.«
    »Dann hör auf rumzustöhnen!«
    »Kann ich nicht. Ooh000h.« Ein lautes Knurren ertönte aus der Ecke neben dem Schreibtisch. Es kam aus seinem Bauch. Leander stöhnte ein weiteres Mal. »Ich kann nicht mehr sprecken. Mein Mund plebt. Er ibt bo propen. Aaaaah.«
    Ach du Scheiße. Er brauchte etwas zu trinken und zu essen. Und zwar schnell. Im Dunkeln schälte ich mich aus dem Bett und rannte in die Küche. Im Kühlschrank stand noch ein Teller mit kalten Fleischklößchen von gestern Mittag. Ich packte eine Flasche Wasser und eine Flasche Milch in unseren Einkaufskorb,

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