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Verflucht himmlisch

Verflucht himmlisch

Titel: Verflucht himmlisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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ich ein paar Zentimeter tiefer in meine Kissen sank.
    »Es war eine Mutprobe«, flunkerte ich. »Die haben gesagt, dass ich nie den Mut aufbringen würde, vom Fenster aus auf den Schulhof zu springen, und ich wollte nicht als Feigling dastehen …« Ganz so falsch war das nicht. Ich hatte wirklich nicht als Feigling dastehen wollen vor Seppo.
    »Na, das sind ja tolle Mutproben, bei denen ein kleines Mädchen sterben kann«, ereiferte sich Mama. »Die gehören angezeigt! Wer waren überhaupt ›die‹?«
    Ich hatte es geahnt. Bettkantengespräche mit Mama waren schwierig. Und dieses hier wurde nicht nur schwierig, sondern auch kompliziert und anstrengend. Dass Leander mich nun erwartungsvoll anfeixte mit seinen Huskyaugen, machte es nicht besser.
    »Das will ich nicht verraten«, antwortete ich mit weinerlicher Stimme. »Sonst verhauen die mich. Und ich wi-hiill nicht verhau-huh-hen werden.«
    Leander guckte an die Decke und schnaubte verächtlich. Mama hingegen kullerte die erste Träne die Wange hinunter.
    »Mama … es ist doch alles gut gegangen. Ich mache es nicht wieder, versprochen. Keine Sprünge mehr aus dem Klassenzimmer, okay?« Ich musste es so formulieren, denn ich konnte keine falschen Versprechen abgeben. Notlügen, ja, die waren erlaubt, manchmal ging es nicht anders. Aber Mama etwas Falsches versprechen, nein, das brachte ich nicht übers Herz. Dazu hatte ich sie trotz ihrer Beknacktheit zu gerne.
    »Na gut«, brummelte Mama und wischte sich die Träne weg. »Bitte, Luzie, keine Mutproben mehr. Wir wissen alle, dass du Mut hast. Ich hab nur ein einziges kleines Mädchen und das will ich nicht verlieren. Du musst besser auf dich aufpassen.«
    Leander errötete und betrachtete mit unschuldigem Blick die Zimmerdecke.
    »Ich versuche es«, beschwichtigte ich sie. Auch das war kein gelogenes Versprechen. Versuchen war okay. Ich täuschte ein herzhaftes Gähnen vor.
    »Oh, du bist müde, mein Schatz. Dann schlaf dich gesund. Wenn du noch etwas brauchst, sag Bescheid, ja?« Mama zerrte mir die Bettdecke über die Schultern und stopfte sie in die Ritzen zwischen Bettkasten und Matratze. Und wie immer würde das höchstens eine halbe Minute lang halten. Außerdem sah meine Zudecktechnik komplett anders aus. Ich legte mich brav hin und lächelte ihr zu.
    »Gute Nacht, Mama.«
    »Gute Nacht, Luzie.«
    Als sie die Tür hinter sich zugezogen hatte, riss ich die Decke aus den Fugen, schüttelte sie durch und wickelte mich ein.
    »Pfff«, machte Leander, doch ich beachtete ihn nicht. Ich musste mein Luzie-Bettdeckenkonstrukt noch perfektionieren. Ich ließ mich auf die rechte Seite kippen, zog die Beine an, schlug die Bettdecke über meine Schulter und lupfte ihren Zipfel übers linke Ohr, bis nur noch meine Nasenspitze herausschaute. Anders waren die arktischen Temperaturen in meinem Zimmer nicht zu ertragen. Um das Licht zu löschen, hatte ich keine Energie mehr.
    »Oh. Oh, oh. Nicht gut!«, tönte es vom Schreibtisch.
    Gereizt richtete ich mich auf.
    »Kannst du nicht endlich deine Schnauze halten?«, fuhr ich Leander an. »Ich will schlafen!« Ich war plötzlich so erschöpft und zerschlagen, dass mich nicht einmal mehr interessierte, was er eigentlich war und bei mir wollte. Mamas Gespräch hatte mich restlos geschafft. Es war stressig zu lügen.
    Leander saß immer noch auf meinem Schreibtisch, doch er wirkte verkrampft und irritiert. Hektisch deutete er auf seinen Bauch.
    »Komisches Gefühl. Ganz komisches Gefühl. Anders als vorhin. Als ob ich was machen muss, aber ich weiß nicht, was … und wo … oh …«
    Ich vergaß meine Müdigkeit und hechtete zu ihm rüber. Mit einem kräftigen Ruck schob ich ihn vom Schreibtisch und drängelte ihn in Richtung Flur. Er stolperte, fing sich aber sofort wieder.
    »Zweite Tür von rechts«, herrschte ich ihn wispernd an. »Bitte schließ ab! Und zieh vor allem vorher – ach, egal.« Er hatte sich schon auf den Weg gemacht.
    Zehn Minuten später kam er zurück. Er sah erleichtert, aber auch sehr entsetzt aus.
    »Also, euer Körper … das ist ja widerlich. Bah.«
    »Das ist ganz normal. Was oben reinkommt, muss irgendwann unten wieder raus«, sagte ich gähnend. »Macht jeder. Und du hast ja gleich sieben Fleischklößchen essen müssen, obwohl sie dir nicht geschmeckt haben.«
    »Hmpf«, brummelte Leander und sah beschämt an sich herunter. Auf dem Flur ertönten Schritte. Nein, nicht schon wieder Mama! Hatte sie ihn etwa bemerkt?
    »Luzie?« Diesmal blieb sie

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