Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verflucht himmlisch

Verflucht himmlisch

Titel: Verflucht himmlisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
Vom Netzwerk:
sie die gesamte Wohnung geschmückt und ununterbrochen Feliz Navidad gesungen. Papa konnte sie mit Mühe und Not davon abhalten, auch in den Geschäftsräumen Lametta und Rauscheengel zu verteilen. Wenn es nach Mama ginge, würde sie den toten Omis und Opis noch eine Tüte Lebkuchen in den Sarg legen.
    Als ich zu ihr in die Küche kam, versuchte ich mich so überzeugend wie möglich über den ausnahmsweise mit lila Glitzer verzierten Adventskalender (wann würde Mama kapieren, dass ich weder Schokolade noch Marzipan mochte?) zu freuen, obwohl mir nicht nach Lachen zumute war. Gestern Abend hatte sich Seppo mir gegenüber so abweisend verhalten, dass ich Angst bekommen hatte, er würde mich nicht mehr am Training teilnehmen lassen. Ja, ich war momentan eine Niete, anders konnte man es nicht bezeichnen. Aber irgendwann würde Leander gehen und dann – dann würde alles wieder so werden wie früher. An diesen Gedanken klammerte ich mich.
    Daran, dass Leander mich zur Schule begleitete, hatte ich mich inzwischen gewöhnt. Sobald die ersten Kinder unseren Weg kreuzten, wurde er ruhig und unauffällig, und wenn ich mich artig und brav verhielt, ließ er auch die Finger von mir.
    Ich brachte das Frühstück rasch hinter mich und inhalierte tief die eisige Luft, als ich das Haus verließ. Mein Atem bildete kleine graue Wölkchen. Ich hatte die Pizzeria noch nicht erreicht, da stürzte Guiseppe aus dem Eingang und rannte mir entgegen. Leander stöhnte genervt auf. Er machte keinen Hehl daraus, dass er Seppo für einen ungebildeten, groben Affen hielt, dem später ein ganzer Urwald an Haaren auf dem Rücken sprießen würde.
    »Luzie!«, rief Seppo übermütig und strahlte mich an.
    Ich musste ebenfalls strahlen. Mein Ärger wegen gestern war vergeben und vergessen. So hatte Seppo mich lange nicht mehr angelacht – nein, eigentlich noch nie.
    »Hey«, sagte ich und hielt verwirrt inne, als Seppo mich kurz hochhob, einmal im Kreis wirbelte und mir ein schallendes Küsschen auf die Wange drückte.
    »David hat geantwortet! Er will uns kennenlernen! Ja, er will sich unbedingt mit uns treffen, wir sollen etwas für ihn vorbereiten, und wenn es gut läuft, können wir sogar an seinem Training teilnehmen, ohne zu bezahlen!«
    Seppos Augen leuchteten. Ohne Vorwarnung ließ er mich wieder los. Ich taumelte einen Moment. Leander griff beiläufig nach meinem Arm und gab mir mein Gleichgewicht zurück. Unwillig schob ich ihn weg.
    ’ »Mann, wie geil!« rief ich. »Wissen Serdan und Billy es schon?«
    »Klar, ich hab sie angerufen.«
    Na prima. Es war mein Video, das David neugierig gemacht hatte. Und dann rief Seppo zuerst Serdan und Billy an. Typisch Jungs. Mich riefen sie nie an. Als würden sie die Pest bekommen, wenn sie meine Nummer wählten. Aber ich war zu glücklich, um ein Gesicht zu ziehen. Das übernahm Leander für mich. Ich hatte ihn selten so böse und unheilvoll gucken sehen wie an diesem kalten Morgen. Es gelang ihm kaum, sein unbeteiligtes Wächtergesicht aufzusetzen, und ab und zu entwich ihm ein kleiner Seufzer, den er sofort erschrocken zu ersticken versuchte.
    In zwei Wochen würde David in Ludwigshafen sein. Wie ich bis dahin aus meinem Trainingstief herauskommen sollte, wusste ich noch nicht. Aber wenn ich einmal Glück gehabt hatte, konnte ich auch ein zweites Mal Glück haben. Vielleicht tauchten Leanders Eltern heute Nacht auf und holten ihn ab. Irgendwann mussten sie ihm verzeihen. Sie waren seine Eltern! Meine Eltern hätten mir längst verziehen.
    Während der Schulstunden konnte ich mich nicht konzentrieren. Mir flirrte ständig Guiseppes Umarmung durch den Kopf. In der Pause trafen wir uns neben der Turnhalle bei den Breakdancern, wo Serdan gerade bei einer besonders komplizierten Übung auf seinen Steiß gekracht war. Die anderen Breakdancer lenkten Leander so sehr ab, dass ich die Gelegenheit nutzte, mit Seppo über unser Treffen mit David zu sprechen. Ich hatte da nämlich eine geniale Idee …
    »Was krieg ich eigentlich dafür?«, fragte ich und schälte mit unschuldigem Gesicht eine Mandarine.
    »Wie – dafür?«
    »Na hör mal, ich breche mir fast den Hals bei meinem Herbstrun und ohne meinen Run würde David nicht zu uns kommen, wir würden ihn nie kennenlernen …«
    »Moment, Luzie, so war das alles nicht …«
    »Egal. Ohne mein Video kein David. So viel steht ja wohl fest. Also, hast du eine Belohnung für mich?«
    Seppo begann unruhig mit den Füßen zu scharren.
    »Eine Pizza

Weitere Kostenlose Bücher