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Verflucht in Alle Ewigkeit

Verflucht in Alle Ewigkeit

Titel: Verflucht in Alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael J. Parrish
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sich ihr Verstand im Angesicht des Grauens längst verabschiedet hatte.
    Die Büßer schrien ihren Schmerz laut hinaus, fielen keifend in die religiösen Lieder mit ein, die O'Malley anstimmte.
    Plötzlich gewahrte der Reverend Torn, der wie angewurzelt am Straßenrand stand.
    »Du da!«, rief der Reverend anklagend und zeigte mit dem Finger auf Torn. »Leg die Kleidung des Kriegers ab und büße, mein Sohn! Denn du bist der, dessentwegen das Gericht über uns alle gekommen ist. Es ist deine Schuld!
    Deine Schuld …!«
    »Das ist nicht wahr!«, rief Torn trotzig aus. »Ich kann nichts dafür! Ich weiß nicht einmal, was hier geschehen ist!«
    »Das Gericht … ist über uns gekommen, mein Sohn«, rief der Priester, während er sich erneut einen Hieb mit der Peitsche gab. »Komm mit uns und büße!«
    Torn setzte sich in Bewegung, schloss sich dem Zug der Pilger an – nicht, weil er büßen wollte, sondern weil er das Gefühl hatte, dass O'Malley ihm vielleicht sagen konnte, was hier vor sich ging.
    Die anderen Büßer beachteten Torn gar nicht. Ihre Blicke waren entrückt und apathisch, sie waren so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie ihn gar nicht wahrnahmen.
    Schockiert erkannte Torn Wayne Gabbler unter den Pilgern. Der Sheriff von Summerset hatte seine Uniform gegen eine blutbefleckte Kutte getauscht und war dabei, sich mit einem Messer schlimme Schnittwunden beizubringen. Neben ihm ging Selma Shearer. Die Ärztin, die Torn als wohlhabende und sportliche Mittfünfzigerin in Erinnerung hatte, war völlig nackt, ihr abgemagerter Körper von Blessuren übersät.
    »Was hat das alles zu bedeuten, Reverend?«, wandte sich Torn an O'Malley, der den Zug der Verlorenen anführte. »Was ist hier los?«
    »Das Jüngste Gericht ist angebrochen, mein Sohn«, gab der Priester zurück. »Gottes Zorn ist über uns gekommen, weil wir seine Gebote nicht beachtet haben. Die Buße bleibt uns als einziger Ausweg.«
    »Aber …« Torn streifte die Pilger mit einem Seitenblick, sah ihre vor Angst und Wahnsinn verzerrten Gesichter.
    »Was ist mit diesen Menschen geschehen? Sie haben alle den Verstand verloren!«
    »Schweig!«, fuhr ihn der Priester in scharfem Tonfall an. »Sie haben erkannt, dass Buße der einzige Weg zur Rettung ist – du aber, der du all das verschuldet hast, zeigst keine Reue!«
    »Was soll das heißen, Reverend?«, rief Torn. »Was meinen Sie damit?«
    »Du warst das Werkzeug«, erwiderte der Priester bitter, »und ein williges Werkzeug noch dazu. Es ist deine Schuld, Isaac Torn! Deine Schuld ganz allein!«
    »Aber ich bin … ich meine, ich habe nicht …«
    Stammelnd versuchte Torn, sich zu verteidigen – als er plötzlich die Straßensperre bemerkte, die ein Stück vor ihnen die Old Street versperrte. Dahinter hatten mehrere Transporter und Schützenpanzer aus Fort Bragg Stellung bezogen. Die Läufe von mehreren Dutzend M-16-Gewehren starrten ihnen feindselig entgegen.
    »Halt!«, erklang es schallend über Megafon. »Keinen Schritt weiter! Dies ist militärisches Sperrgebiet!«
    Die Pilger ließen sich davon nicht beeindrucken. Lauthals stimmte O'Malley ein neues Kirchenlied an, und seine Gefolgsleute fielen in den Gesang mit ein.
    »Halt!«, wiederholte die Stimme energisch. »Wenn Sie nicht stehen bleiben, sind wir gezwungen, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.«
    Die Pilger sangen weiter, setzten ihren Weg fort. Torn konnte hören, wie die Soldaten hinter der Absperrung ihre Waffen durchluden.
    »Hey, Reverend«, raunte er O'Malley zu. »Sie sollten lieber auf das hören, was er sagt. Diese Kerle meinen es ernst.«
    »Wir auch«, erwiderte der Priester zwischen zwei Strophen eines Chorals.
    »Seien Sie doch kein Idiot, Reverend«, zischte Torn entnervt. »Ich habe gesehen, wie diese Kerle ohne Zögern auf Zivilisten geschossen haben.«
    »Sie sind Werkzeuge«, erklärte O'Malley schlicht. »Werkzeuge wie du, mein Sohn.«
    »Aber …« Torn warf einen gehetzten Blick ans Ende der Straße, sah, wie sich die Soldaten bereit machten zum Feuern. »Verdammt noch mal! Was soll das?
    Haben Sie alle miteinander den Verstand verloren?«
    »Es ist nicht aufzuhalten«, sagte O'Malley mit seltsam entrückter Stimme, während er seinen Weg unbeirrt fortsetzte. »Nicht aufzuhalten …!«
    »Scheiße!«, zischte Torn. Dann rannte er los und eilte der Pilgergruppe voraus, lief den Soldaten mit erhobenen Händen entgegen. Wenn schon mit den einen nicht zu reden war, würden ihn vielleicht die anderen

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