Verflucht in Alle Ewigkeit
Zweifel in ihm.
Er war leichtsinnig gewesen, arrogant und unbekümmert. Er hatte ein Leben in Unwissenheit geführt, hatte die Wahrheit nicht sehen wollen. Und es war ihm verdammt egal gewesen, was die Konsequenzen sein mochten, wenn er Rebecca nur zurückbekam …
»Willst du das Antlitz des Bösen sehen?«, erkundigte sich der Hüne lauernd. »Willst du wissen, was dich antreibt? Was dich zu dem gemacht hat, was du bist?«
Mit seiner behandschuhten Rechten griff der Schädelmann nach dem Verschluss der Maske. Mit einem Ruck zog er sie auf, und die stählerne Fratze löste sich. Darunter kam das wahre Gesicht des Dämons zum Vorschein – und Torn sog scharf die Luft ein, als er in sein eigenes, grinsendes Antlitz blickte.
»Das ist dein wahres Ich, Isaac Torn!«, rief sein Doppelgänger triumphierend aus. »Verleugne es nicht länger!« Damit brach er in schallendes Gelächter aus, das mit beißendem Spott über Torn zusammenschlug.
Wie von einem schweren Faustschlag getroffen, ging Isaac nieder.
Das alles war zu viel für ihn, das Grauen und die Verzweiflung drohten ihn zu übermannen. Er fühlte sich elend und durchschaut. Schuld lastete zentnerschwer auf seinem Herzen. Geschlagen sank er auf die Knie und senkte sein Haupt. In einer hilflosen Geste faltete er die Hände, während der Korridor und alles rings um ihn in Dunkelheit versank.
Ich bin schuldig …
Durch meine Arroganz und meine Unwissenheit war ich ein leichtes Opfer. Leicht zu berechnen und zu manipulieren. Nun ist alles verloren. Die Welt ist der Finsternis verfallen, und ich bin schuld daran! Verzeih mir, Rebecca! Verzeiht mir, ihr alle, die ich euch verraten habe …!
Verzweiflung packte ihn, und ein Sturzbach von Tränen ergoss sich aus seinen schmerzenden Augen. Wie von fern konnte er hören, wie sich ihm leise Schritte näherten. In sich versunken, kauerte er weiter am Boden, fröstelte von der Kälte, die von dem nackten Stein ausging.
Sollten sie ihn strafen. Er hatte es tausendfach verdient. Er hatte die Menschheit verraten, alles, woran er jemals geglaubt hatte. Es gab kein Licht mehr, nur noch die Finsternis, denn das Böse hatte auf ganzer Linie gesiegt.
Er wollte nicht mehr leben. Er wollte sühnen.
Die Schritte kamen näher, hielten bei ihm inne. Torn beachtete sie gar nicht, war gefangen in seiner Verzweiflung.
Dann, plötzlich, berührte ihn jemand – oder etwas – an der Schulter. Seltsamer Trost ging von der Berührung aus, und Torn blickte auf.
Verwundert schaute er in Aeternos' gütige Züge, die mit mildem Lächeln auf ihn herabblickten.
»Komm, mein Sohn«, sagte er leise.
»Es ist vorbei.«
5. Kapitel
Sie waren wieder in der großen Halle, standen vor dem Richtertisch der Lu'cen, die mit ihren gesichtslosen Häuptern auf sie herabblickten.
»Nun, meine Brüder«, rief Aeternos mit fester Stimme. »Habt ihr euch entschieden?«
»Das haben wir«, bestätigte Aeternos. »Wir haben den Sterblichen geprüft und in sein Herz gesehen.«
»In mein Herz …?« Torn wusste nicht, was er davon halten sollte, sandte Aeternos einen verwirrten Blick.
»Erinnere dich, Torn«, raunte der Alte ihm zu. »Sie sind dir begegnet, dort unten in der Tiefe …«
Torn schluckte. Etwas schnürte ihm die Kehle zu.
Konnte es, sollte es wirklich wahr sein?
Waren jene Gestalten aus seiner Vergangenheit, die ihm auf dem Korridor begegnet waren, in Wahrheit die Richter der Zeit gewesen?
Er bekam keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen.
»Nun denn, meine Brüder«, forderte Aeternos die anderen Richter auf, »so fällt euer Urteil! Wie habt Ihr über den Sterblichen Isaac Torn befunden?«
»Er ist schuldig«, stellte Severos lapidar fest.
»Schuldig«, unterstrich auch Custos den Urteilsspruch.
»Schuldig«, echoten die anderen Richter wie aus einem Munde.
»Ihr sprecht ihn schuldig?«, fragte Aeternos und war erstaunt. »Obwohl ihr in sein Herz geblickt habt?«
»Es ist Licht dort«, räumte Severos ein, »aber auch sehr viel Dunkelheit. Er trägt das Böse in sich.«
»Wir könnten ihm helfen, es zu besiegen.«
»Könnten wir das wirklich? Oder betrügen wir uns nur selbst, wie wir es schon einmal getan haben? Nein, Aeternos – dieser Mensch muss sterben.
Wenn er lebt, ist er eine Gefahr für alle Welten.«
»Oder ihre Befreiung«, hielt Aeternos dagegen.
»Es steht nicht in unserer Macht, dies zu beurteilen, Aeternos«, wies Severos den Alten streng zurecht.
»Aber wer sollte es denn tun, wenn nicht wir?«,
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