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Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)

Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)

Titel: Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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nicht.«
    Ein getrockneter tellergroßer Blutfleck befand sich auf dem Boden vor der Säule, Blut und Hirnmasse waren trichterförmig ausgetreten und hatten sich auf Wand und Boden verteilt. »Bauch- oder Rückenlage?«
    »Rückenlage.« Mit der Hand fuhr Buchholz sich über den graumelierten, stoppeligen Schädel. »Der Junge hat die Baustelle am Eingang Anemonenweg betreten. Dort habe ich einen Abdruck von Turnschuhen entdeckt, die sich auch hier finden.« Er deutete auf die Lageposition. »Ich gehe davon aus, dass es die des Opfers sind. Sobald ich die Schuhe habe, wissen wir das sicher. Auf dem Vorplatz hat der Junge gezögert und ist dann weiter. Der Schuss hat ihn von vorne getroffen. Eintritt über dem rechten Auge. Derjenige, der auf ihn gewartet hat, hat das zunächst oben im ersten Stock getan. Dort lagen zwei frische Kippen im Flur, kurz hinter der Treppe, direkt am Fenster, genau wie es die Zeugin gesagt hat.«
    »Als Daniel hier ankam, war der Täter also bereits unten und wartete?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht hat der Junge auf dem Vorplatz gezögert, weil der andere von oben kam. Vielleicht war der aber auch schon hier und lehnte dort an der Säule.« Buchholz wies auf den Pfeiler, an dem er gerade noch gearbeitet hatte. »Ein paar graue Fasern sind dort hängengeblieben.«
    Dühnfort sah sich um, zog eine gedachte Linie von der Säule zur Lage der Leiche und verlängerte sie. Weiter hinten standen ein Dutzend Rollen Isoliermaterial. An einer haftete eine Spurennummer. Buchholz folgte Dühnforts Blick. »Das Projektil steckt noch drin. Das holen wir später raus. Eines nach dem anderen.«
    »Eine Patronenhülse …«
    »Bis jetzt haben wir keine gefunden. Entweder hat der Täter sie mitgenommen, oder die Tatwaffe ist ein Revolver. Ich nehme an, dass der Täter an der Säule stand, als er den Jungen erschossen hat. Entfernung keine drei Meter.«
    »Kann ich rauf?«
    »Kein Problem. Oben sind wir fertig.«
    »Die Kippen … Was für eine Marke?«
    »Marlboro. DNA bekommst du schnellstmöglich.«
    »Danke.«
    Dühnfort folgte den Kreidelinien bis zur Treppe und ging nach oben. Ein breiter Flur. Linker Hand eine noch unverputzte Ziegelmauer, davor eine Wand aus Dämmstoffrollen. Rechts Fensteröffnungen zum Anemonenweg. Hier hatte der Täter gestanden. Dühnfort beugte sich vor und konnte die Straße etwa hundertfünfzig Meter in beide Richtungen einsehen. Rechter Hand mündete sie in einen Kreisverkehr. Er versuchte, sich vorzustellen, was geschehen war.
    Es ist dunkel, nur die Straßenlaternen spenden trübes Licht. Schon nach Mitternacht, der Anemonenweg liegt ruhig dort unten. Ab und zu fährt ein Auto vorbei. Hier oben steht jemand und wartet. Als er Schritte hört, beugt er sich vor, sieht hinaus. Daniel kommt. Hastig tritt er die Kippe aus, geht nach unten. Und dann? Gab es Streit um Weiße Mitsubishi? Ein Wortgefecht? Eine Rangelei? Der Täter greift zur Waffe und schießt. Oder war es ganz anders?
    Dühnfort trat zum Treppenabsatz und rief zu Buchholz hinunter: »Sag mal, Frank, weißt du, ob der Junge bewaffnet war?«
    »Nee. War er nicht.«
    »Danke.« Dühnfort kehrte ans Fenster zurück. Der Täter geht hinunter, nachdem er Daniel entdeckt hat. Sind die beiden wirklich verabredet? Oder lockt er ihn in die Falle? Daniel betritt die Baustelle, zögert vor dem Treppenaufgang. Warum? Dann nimmt er den anderen wahr, geht auf ihn zu. Der zieht die Waffe und schießt. Ohne Vorankündigung. Ist es so abgelaufen?

7
    Stefan schob den Stuhl zurück und stand auf. »Ich beginne jetzt mit dem Aushub.«
    Sie nickte. In den letzten Monaten war er alt geworden. Graue Strähnen zogen sich durchs dunkle Haar, das noch immer dicht und lockig war, so wie damals, als sie sich kennengelernt hatten. Zweiundzwanzig Jahre war das her, und sie liebte ihn noch immer. Vielleicht mehr als je zuvor. Doch sie wusste nicht, was in ihm vorging. Was er dachte, was er fühlte. Er hatte sich hinter Mauern zurückgezogen. Dicken, kalten, abweisenden Wehrbauten. Wie konnte das sein?
    Die Tür schloss sich hinter ihm. Marlis Schäfer begann den Frühstückstisch abzuräumen. Zwei Gedecke. Es sah so falsch aus.
    Wie jedes Mal, wenn sie an Isabelle dachte, legte sich ein dumpfer Schmerz in ihre Brust. Würde sich das denn nie ändern? Doch eigentlich wollte sie das nicht. Sie wollte den Verlust spüren, sich nie daran gewöhnen, dass Isabelle tot war. Sie wollte daran denken, dass sie jetzt in Südfrankreich sein sollten, alle

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