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Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)

Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)

Titel: Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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müssen. Wie soll ich das denn ihren Eltern beibringen und ihrem Verlobten? Das versteht doch niemand.«
    Er konnte ihren Ärger nachvollziehen, ihre Wut, er wusste, wie sie sich jetzt fühlte. Hilflos und ohnmächtig, nutzlos und verschaukelt. Sie machte einen guten Job, und dann drehte ihr nicht nur der Täter eine lange Nase, sondern auch das System, für das sie arbeitete, sich einsetzte, an das sie glaubte und das sie verteidigte. Er zog sie an sich. Sie schlang ihre Arme um ihn. »Das ist einfach nicht gerecht.«
    »Nein. Das ist es nicht. Doch damit müssen wir leben.«
    »Müssen wir?«
    Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, schob sie hinter ihr Ohr. »Manchmal bleibt unser Bemühen um Gerechtigkeit nur ein Versuch. Wenn es uns nicht gelingt, die Waagschalen von Schuld und Sühne in ein Gleichgewicht zu bringen, einen Ausgleich der Interessen herzustellen, werden wir scheitern. Was ist schon Gerechtigkeit? Wie oft liegt sie im Auge des Betrachters und ist etwas zutiefst Subjektives? Wir werden das nicht ändern können. Also müssen wir damit leben.«
    »Mag ja sein, dass das im Großen und Ganzen stimmt. Ich rede aber vom Strafrecht. Von Strafe und Gerechtigkeit. Und deshalb werde ich mich nicht zufriedengeben. Es gibt nämlich zwei Ausnahmen. Entweder ich ringe Schulz ein Geständnis ab, dann kann das Verfahren wiederaufgenommen werden, oder jemand hat beim Prozess einen Meineid geschworen oder gefälschte Dokumente vorgelegt. Wenn ich das Geständnis nicht kriege, dann wühle ich mich eben durch die Akten, bis ich ihn vor Gericht habe. Der kommt nicht ungeschoren davon. Nicht, wenn es nach mir geht.«
    »Ja, das verstehe ich.« Er gab ihr einen Kuss. Gemeinsam machten sie den Salat fertig. Das Rezept stammte aus Ginas Kochbuch und nannte sich wirklich Hacksalat.
    Da es noch immer regnete, deckten sie den Küchentisch fürs Abendessen und genossen es am offenen Fenster. Die Tropfen fielen auf Blätter und Sträucher, auf Gräber und Wege. Es war ein leises Hauchen und Murmeln, Raunen und Wispern, eine tröstende und besänftigende Regenmusik. Er erzählte ihr von seinem Tag, von der Ungeheuerlichkeit, mit der Saskia Eckel in das Leben ihrer Tochter eingegriffen und welche Katastrophe sie dadurch ausgelöst hatte. Dieser Fall machte ihn traurig und gleichzeitig wütend wie noch keiner zuvor. Selbstherrlichkeit und Dummheit prägten ihn.
    Langsam senkte sich die Dämmerung herab. Irgendwann war es Zeit, zu Bett zu gehen. Sie waren beide müde und erschöpft, doch am Gute-Nacht-Kuss entzündete sich das Begehren, das noch so dicht unter seiner und ihrer Haut schlummerte wie beim ersten Mal. Sie schliefen miteinander, während vor dem Fenster noch immer der Regen fiel, der den nachttrunkenen Duft von Gräsern und Blättern ins Zimmer trug, in dem sich der Ventilator langsam drehte.
    Bereits im Einschlafen murmelte Gina, dass sie seine Freundschaftsanfrage bestätigt habe. Immerhin hätte er nun eine Freundin bei Facebook, was ja schon mal ein Anfang wäre.
    Während er langsam in den Schlaf hinüberglitt, sah er plötzlich ein Bild vor sich. Stefan Schäfers Arbeitsschuhe auf der Tischplatte, eine ausgequetschte Tube Pattex daneben.

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    Dieses Bild ging ihm auch am nächsten Tag nicht aus dem Kopf. Nach dem Morgenmeeting fuhr Dühnfort nach Unterhaching. Er zog den Schlüsselbund hervor, der Stefan Schäfer gehört hatte, und trat ein.
    Der süße Geruch nach Verwesung hing in der Luft. Dühnfort kippte die Fenster und öffnete die Tür zur Terrasse, um frische Luft hereinzulassen. Im Garten stand noch immer der Minibagger, so wie Stefan Schäfer ihn verlassen hatte. Ein gelbes, kabinenloses Raupenfahrzeug mit schwarzem Schalensitz.
    Vor nicht einmal achtundvierzig Stunden hatte Stefan Schäfer hier auf diesem Bagger gesessen und den Aushub für den Badeteich gemacht. Dann war er aufgestanden, in den Keller gegangen und hatte sich erschossen. Was hatte ihn veranlasst, seine Arbeit abzubrechen und das zu tun? Hatte er sich schon seit Tagen mit dem Gedanken getragen? Hatte er unzählige Male in seiner Vorstellung durchgespielt, wie das sein würde, wenn er sich die Waffe in den Mund steckte und abdrückte, so oft, bis er schließlich dazu bereit gewesen war?
    Die vertrockneten Blut- und Gewebespuren im Keller hatten das nächste Stadium der Vergänglichkeit erreicht. Haarfeine Risse zogen sich durch schwarzbraune vertrocknete Lachen und Spritzer. Er umging sie und steuerte die Arbeitsplatte an. Die

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