Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)
raschelte. Er zog es heraus und mit ihm Kassenbon und Garantieheftchen für eine Damenhandtasche der Marke Louis Vuitton mit dem seltsamen Namen Wilshire PM zum stolzen Preis von 655,– Euro. Bar bezahlt Anfang Mai. Ein Betrag, der Daniels Einkommen nicht angemessen war. Er musste gespart haben, um seiner Freundin mit diesem Geschenk imponieren zu können. Dühnfort zog das Handy hervor und rief Sophie an. Sie koordinierte die Arbeit der Sachbearbeiter, die den Kommissionen zuarbeiteten und die Gina gerne Bürofeen nannte, weil es hauptsächlich Frauen waren. Die Unterlagen aus Daniels Wohnung, die er zur Überprüfung hatte abholen lassen, lagen bei ihr. »Bist du so nett und siehst nach, ob Daniel Ohlsberg in den Tagen vor dem dritten Mai eine größere Summe Bargeld von seinem Konto abgehoben hat?«
»Ich wühle mich grad durch Kfz-Zulassungen. Wie eilig ist das denn?«
»Wenn du gleich nachsehen könntest?«
»Also gut. Wie hoch?«
»Mindestens 655 Euro.«
»Ich lege dich einen Augenblick zur Seite.« Er hörte erst ein Klacken, dann Rascheln. Während er wartete, fiel ihm Gerlinde Weylandt wieder ein. Die nächtliche Radfahrerin. Woher war sie nachts um halb eins wohl gekommen? Noch dazu, wo sie doch nur Stunden später verreisen wollte, also früh aufstehen musste.
Sophie meldete sich. »Kein größerer Betrag. Und auch nicht mehrere kleine, die das zusammen ergeben würden. Er war einer, der gerne mit Karte zahlte. An der Tanke, im Supermarkt, in der Kneipe. Er hat so gut wie nie mehr als hundert Euro bar abgehoben.«
»Gibt es ein Sparbuch oder einen Sparvertrag?«
»Sparbuch. Da sind 178 Euro drauf. Und das schon seit zwei Jahren. Zinsen hätte er mal nachtragen lassen sollen. Obwohl, das macht den Kohl auch nicht fett. Demnächst werden wir ja noch Zinsen dafür zahlen dürfen, dass wir den Banken unser Geld leihen.«
Dühnfort dankte Sophie und legte auf. Woher hatte Daniel das Geld für die Handtasche gehabt? Hatte er am Ende doch gedealt oder war in andere krumme Geschäfte verwickelt? Er konnte sich das Geld allerdings auch geliehen haben. Dühnfort wählte die Nummer der Großmutter. Doch bei ihr hatte Daniel sich nichts geborgt. Er fragte, welcher Freund dafür in Frage käme. »Eigentlich nur der Phillip. Die anderen haben nicht so viel.«
Phillip Eckel. Mikas Bruder. Natürlich. Er schob das Handy in die Tasche. Zeit, mit ihm zu reden. Doch vorher wollte er den Bioladen von Gerlinde Weylandt aufsuchen.
Er verließ die Wohnung und trat auf die Straße. Schon beinahe zwei. Sein Magen knurrte, und außerdem brauchte er jetzt dringend einen Espresso. Daher entschloss er sich zu einem kleinen Umweg und kehrte bei Supremo ein. Allein der Duft war bereits belebend. Hinter der Glasscheibe, die Café und Rösterei trennte, arbeitete der Röstmeister an der Maschine. Dühnfort nahm an der Theke Platz, bestellte einen Doppio, diesmal einen Jamaika Blue Mountain, und verließ fünfzehn Minuten später den Laden mit geschärften Sinnen und einem halben Pfund des Espressos.
Den Bioladen von Gerlinde Weylandt fand er auf Anhieb. Ois bio , was wohl so viel wie Alles bio bedeuten sollte, befand sich am Bahnhof. Ein kleines Geschäft mit Stellagen für Obst und Gemüse vor den beiden Schaufenstern. Dazwischen war der Zugang zum Laden. Ein Windspiel begann zu klimpern, als Dühnfort eintrat. Es roch, wie es in derartigen Läden häufig roch. Nach Gewürzen und Räucherstäbchen, nach erdigen Kartoffeln und Jutesäcken, nach Biobrot und Körnern. Hinter einer Theke mit einem beeindruckenden Sortiment an Wurst und Käse stand eine Frau mittleren Alters und legte einen luftgetrockneten Schinken in die Auslage. Durch ihr schulterlanges Haar zogen sich graue Strähnen. Sie war ungeschminkt und ihre Haut so klar und rein, dass Dühnfort unwillkürlich an Kernseife und Gebirgsbäche dachte. Sie blickte hoch, als er an die Theke trat. »Was darf es sein?«
Der Koffeindurst war gestillt. Der Hunger jedoch nicht. »Kann man bei Ihnen ein belegtes Brötchen bekommen?«
Sie nickte. »Was soll denn rauf?«
Er entschied sich für Schinken. Während sie sich an die Arbeit machte, stellte er sich vor. »Ich bearbeite den Mordfall Daniel Ohlsberg, und ich frage mich, woher Frau Weylandt nachts um halb eins mit dem Rad kam. Haben Sie eine Idee?«
»Logisch. Sie wird mit dem Hund draußen gewesen sein. Mit dem Krambambuli.«
Merkwürdig. Von einem Hund hatte Kirsten nichts gesagt. »Nimmt sie ihn an der
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