Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)
den Mund, die Hände und so weiter. So kann er sich langsam an deine Kurven gewöhnen.«
Ob Isa diesem Rat gefolgt war? Mika klickte sich weiter durch die Mails, noch immer auf der Suche nach persönlichen Infos über Sascha. Block und Stift lagen neben ihr auf dem Tisch. Bisher hatte sie nicht viel gefunden. Sascha, 19, Gymnasiast. Auf welches Gymnasium er ging, stand nicht in seinem Profil, nur dass er in München wohnte. Angesichts einer Million Einwohner half ihr das ja ungemein weiter.
Irgendwann wechselte der Tonfall von kumpelhaft und frech zu vertraut und gefühlvoll. Sascha verlinkte Songs von Adele und Beyoncé und einen von Gossip. Isa betete die Gossip-Sängerin Beth Ditto beinahe an. Sie hatte nicht nur eine Wahnsinnsstimme, sie war so cool, so selbstbewusst, geballte Power, ein Bündel Energie, das auf der Bühne explodierte. Und sie war dick. Nicht pummelig, nicht mollig, sondern fett. Und alle liebten sie. Karl Lagerfeld entwarf Mode für Beth und nannte sie seine Muse. Eine dicke Frau, jenseits aller geltenden Schönheitsideale, wurde in den Medien als sexy betitelt! Und Sascha mochte Beth!
Hi Sascha, klasse Clip. Volltreffer. Wusstest du, dass ich ein Fan von Gossip bin?
Hi Mondprinzessin, habe ich geraten. Ich finde Beth Ditto einfach klasse. Tolle Stimme. Tolle Figur.
He, du verarschst mich. Tolle Figur?
Na klar verarsche ich dich … nicht. Ich meine das ernst. Beth ist super sexy. Aber ich kann verstehen, dass das nicht alle finden. Sie entspricht ja nicht gerade dem Klischee einer schönen Frau.
Hm? Sascha, das nehme ich dir nicht ab.
Kannst du aber. Beth ist für mich the sexiest woman alive.
Nee, oder? Würdest du mit ihr ins Bett gehen?
Natürlich. Sofort. Atemberaubender Gedanke. Du bringst mich auf Ideen, meine Mondprinzessin.
Der ganze wabbelige Speck würde dich nicht stören?
Würde er nicht. Ich finde sie toll. Ehrlich. Ich hoffe, du denkst jetzt nicht, dass ich irgendwie abartig veranlagt bin.
Du stehst auf Pummel? Echt? Auch wenn sie keine berühmten Sängerinnen sind?
Das ist doch egal. Ich mag Mädels, die weich und kuschelig sind. Kennst du die Bilder und Skulpturen von Fernando Botero?
Hab grad mal gegoogelt. Alles klar. Offenbar hat Beth ihm Modell gestanden.
Ich bin letztes Jahr extra zur Botero-Ausstellung nach Wien gefahren. Ich mag die Sinnlichkeit des Lebens, die Botero in seinen Bildern feiert, ohne die Vergänglichkeit zu negieren.
Mika sah auf. Etwas stimmte hier nicht. Ganz und gar nicht. Sascha liebte dicke Frauen und hatte die Flucht ergriffen, als er Isa das erste Mal gesehen hatte? Wie passte das denn zusammen? Und dann der Satz über die Botero-Ausstellung. Der klang so ganz anders. So erwachsen und abgeklärt, dass er glatt von ihrem Kunstlehrer stammen könnte.
Mika überflog die restlichen Mails. Natürlich hatte Sascha gefragt, wie Isa aussah, ob sie ihm nicht endlich ein Foto schicken könnte. Und hallo, sie hatte das getan, in einzelnen Häppchen, genau wie Mika es ihr geraten hatte. Allerdings nicht jeden Tag eines, sondern im Stundentakt. Sascha war total darauf abgefahren. Wow! Du bist einfach wunderschön, Mondprinzessin.
Mika klappte den Laptop zu und starrte aus dem Fenster. Je länger sie darüber nachdachte, umso klarer wurde das Bild von Sascha. In vielen seiner Mails wirkte der Tonfall bemüht locker. Vermutlich war er älter, als er vorgab, und der Satz über Botero zeigte, wie er normalerweise sprach. Er musste gewusst haben, dass Isa dick war und unter ihrer Figur litt und unter der Tatsache, dass kein Junge sie attraktiv fand. Erst war es ihm gelungen, Isa in sich verliebt zu machen. Mit Beth Ditto hatte er sie dazu gebracht, sich als dick zu outen. Und dann hatte er das Treffen provoziert, zu dem Isa so aufgeregt wie verliebt gegangen war, einzig und allein, um sie fallenzulassen, in den Dreck zu treten und sie fertigzumachen. Warum? Die Erkenntnis traf sie ganz unvermittelt: Sascha hatte Isa gekannt!
Und er hatte sie gehasst!
28
Vor dem Bioladen zog Dühnfort sein Handy aus der Tasche, wählte Kirstens Nummer und fragte, ob der Zeuge den Hund gesehen hatte. Doch den hatte er nicht erwähnt. »Ist das wichtig? Dann frage ich nach.«
»Eigentlich nicht. Danke.« Er schob das Handy zurück, setzte sich am Bahnhofsvorplatz auf eine Bank im Schatten und holte das belegte Brötchen aus der Papiertüte.
Der Lieferwagenfahrer. Wer war er? Es würde ihn nicht wundern, wenn er zur Clique um Isa, Daniel und Mika gehörte.
Das
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