Verfluchte Fesseln
glaubte, dass es auch sehr schrägen Sex
gab, so ging das seiner Meinung nach doch weit über harmlose
Spielchen hinaus. Das, was er gesehen hatte, war ganz einfach brutal
und von selbst gewagten Praktiken weit, weit entfernt.
Und
er sollte oder wollte nun der Held sein, der die kleine, schwache
Frau aus den Händen ihres Folterknechtes befreit? War es nicht
auch möglich, dass sie das gar nicht wollte?
Robert
hatte das Gefühl, noch nie in seinem Leben vor einem solchen
Wust von Fragen gestanden zu haben. Im Grunde wusste er gar nichts.
Alles, was er sich zurecht gelegt hatte, waren bloße
Vermutungen.
Wieder
sah er nach der Zeit. Es war fast schon ein Uhr, und er war gerade
dabei, sich damit abzufinden, dass er sich umsonst Hoffnungen gemacht
hatte, als er sie am Eingang sah.
17.
Franziska
blieb an den ersten Tischen stehen und sah sich suchend um. So
zumindest deutete es Robert, dem das Herz bis zum Hals schlug, was er
in vergleichbaren Situationen seit der achten Klasse nicht mehr
erlebt hatte. Tatsächlich schaute sie sowohl nach ihm als auch
nach anderen Personen aus, die sie möglicherweise kannte.
Ihr
Mann hatte sie eben noch mit einem seiner Kontrollanrufe bedacht, er
würde sie hier nicht erwischen können. Er war in der Schule
und hatte noch zwei Stunden Deutsch vor sich. Aus dieser Richtung war
also nichts zu befürchten.
Robert
wusste, dass sie ihn nicht sofort würde sehen können. Daher
erhob er sich und winkte ihr über die Pflanzenabtrennung zu. Sie
nickte nur kurz und bahnte sich den Weg zu ihm. Es entging Robert
nicht, dass sie einen gespannten, fast gehetzten Eindruck machte. Er
reichte ihr förmlich die Hand und bat sie, sich zu setzen. Noch
bevor er irgendetwas sagen konnte, begann sie zu sprechen.
„ Hören
Sie, ich kann nicht lange bleiben. Sagen Sie mir, was sie unbedingt
loswerden müssen, und dann bin ich wieder weg. Was soll das
sein, dass angeblich so wichtig ist und das ich vermissen soll?“
Dabei
sah sie sich wieder nach alle Seiten um. Robert sah sie ganz ruhig
an, und was er da sah, war so wunderschön, dass er es fast nicht
glauben konnte. Am liebsten hätte er ihre Hand genommen, die,
wie er meinte, zu zittern schien.
„ Bitte,
jetzt beruhigen Sie sich doch erst einmal. Ja, es stimmt, ich habe
etwas, aber ich glaube, es gehört nicht Ihnen, sondern Ihrem...“
Er
stutzte ein wenig, aber er brachte das „Mann“ nicht
heraus. Irgendwie gefiel ihm das absolut nicht. Das Gebilde „Mann
und Frau“ drückte für ihn eine Form der
Zusammengehörigkeit aus, und genau das, dass sie zusammen
gehörten, sah er eben nicht so, aber Franziska brachte den Satz
für ihn zu Ende.
„ Sie
meinen, es gehört meinem Mann?“
„ Ja,
das wollte ich sagen.“
„ Woher
wollen sie das wissen?“
Die
ganze Leichtigkeit, die sie bei ihrem kurzen ersten Gespräch bei
Mario an den Tag gelegt hatte, war dahin. Ihre Sätze kamen
schnell und stakkatoartig, als hätte sie keine Zeit.
„ Erinnern
Sie sich an Samstagabend?“, fragte er und erntete einen
verständnislosen Blick. „Wir haben uns bei Mario nicht zum
ersten mal gesehen. Erinnern Sie sich daran, wie sie im
Einkaufzentrum alles auf das Band an der Kasse gelegt haben?“
Jetzt
huschte ein Lächeln über ihr Gesicht, ein Lächeln, das
allein es wert gewesen wäre, sie hier zu treffen.
„ Ja,
stimmt, jetzt, wo sie es sagen. Ich wusste, ich hatte sie schon
gesehen, aber ich konnte mich nicht erinnern, wo das war. Dann waren
Sie das, der mir so frech in den Ausschnitt geschaut hatte.“
Und dabei drohte sie ihm mit dem Zeigefinger. „So etwas macht
man aber nicht!“
Robert
lächelte verlegen.
„ Wenn
ich jetzt sagen würde, es tut mir leid, dann wäre das
schamlos gelogen. Ich habe noch nie so schöne..., äh...“
„ ...Möpse
gesehen?“, ergänzte sie und wurde tatsächlich rot.
„ Genau,
das wollte ich sagen.“
„ Danke!
Aber ich verstehe immer noch nicht, was das damit zu tun hat, dass
mein Mann angeblich etwas vermisst.“
Robert
wusste nicht, wo er anfangen sollte.
„ Darf
ich Ihnen einen Kaffee holen? Oder irgendetwas anderes?“
Sie
war geneigt, nein zu sagen, stimmte dem aber zu.
„ Ja,
einen Kaffee bitte!“
„ Aber
nicht weglaufen!“, ermahnte sie Robert.
„ Nein,
nein!“
Und
wieder lächelte sie. Robert wertete das als Zeichen dafür,
dass sie sich in seiner Gesellschaft wohlfühlte.
„ So,
wo waren wir stehen geblieben?“, fragte er, während er
ihren Kaffee auf den Tisch stellte.
„
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