Verfluchte Seelen
vordrang. Es gab keine Atemgeräusche und weder das Rascheln von Kleidung noch das Scheppern von Waffen.
Das wenige Licht, das durch die Vordertür hereindrang, erhellte Seth’ Weg, als er eine offene Tür erreichte und hineinspähte.
Ein Klassenzimmer?
Die nächste Tür führte in einen Sitzungssaal mit einem langen Tisch und bequemen Stühlen. Danach kam eine Krankenstation, blutbespritzt und chaotisch. Medizinische Geräte und blutige Verbände waren auf dem Boden und allen anderen Oberflächen verteilt. Fliegen summten über der zurückgebliebenen Schweinerei.
Bei dem letzten Zimmer handelte es sich um einen Fitnessraum.
Auf der gegenüberliegenden Flurseite befanden sich vier identische, verschlossene Türen mit Schlitzen, die aussahen wie verstärkte Briefschlitze. Er drückte sie gewaltsam auf. Verstärkte Stahlwände. Titanketten, so dick wie seine Arme. Dieses Zimmer war ganz offensichtlich dafür gedacht, Vampire oder Unsterbliche darin unterzubringen. Zwei der Zimmer waren makellos sauber; nichts deutete darauf hin, dass hier jemand untergebracht worden war.
Das dritte und vierte hingegen …
Offenbar waren Bastiens Vampire hier festgehalten worden. Nach dem zu schließen, was Seth von seinen Besuchen bei den Vampiren über sie wusste, war es wahrscheinlich, dass sich Joe in dem dritten Zimmer befunden hatte. An den Wänden waren Blutflecken, die darauf hindeuteten, dass der eingesperrte Vampir wiederholt den Kopf gegen die Wand geschlagen hatte. Blutige Streifen zierten die Wände an den Stellen, an denen er den Putz so heftig mit den Händen bearbeitet hatte, dass sich seine Fingernägel abgelöst hatten. Eine Blutlache auf dem Boden roch nach dem Virus.
Es war eine große Blutlache. Groß genug, dass sich Seth unwillkürlich fragte, ob der Vampir womöglich ausgeblutet war und schließlich, indem er sich selbst zerstört hatte, seinen Frieden gefunden hatte.
Im vierten Raum gab es ebenfalls viel Blut. Aber Seth glaubte nicht, dass es genug war, um daraus zu schließen, dass Cliff ebenfalls tot war.
Du musst dir unbedingt etwas ansehen
, sagte David.
Seth ging zurück durch den Flur und bog in den zweiten Korridor ein, in dem sein Freund verschwunden war. Durch die geöffneten Türen sah er ein Büro, mehrere Schlafzimmer, eine Cafeteria und einen Aufenthaltsraum mit Spielkonsole und einem Fernseher.
David wartete am Ende des Flurs vor der letzten Tür. Der Todesgeruch wurde jetzt so stark, dass er Seth fast die Luft abschnürte.
Er trat in das Zimmer.
Die Leichname mehrerer Dutzend Soldaten, offenbar durch Kopfschüsse getötet, lagen aufgetürmt in der Mitte des Zimmers.
Seth betrachtete die Gesichter der Soldaten, deren Augen blicklos ins Leere starrten. »Was zum Teufel hat Emrys davon, seine eigenen Leute zu töten?«
David stellte sich neben ihn. »Ein paar von denen habe ich während des Kampfs gesehen. Den da drüben. Diese beiden da vorn, und der da hinten kommt mir auch bekannt vor.«
Der Vampirkönig tötete jeden seiner Anhänger, der ihm nicht bedingungslos gehorchte oder an ihm zweifelte. »Vielleicht waren sich diese Männer nicht mehr sicher, ob sie für Emrys weiterkämpfen wollten, nachdem sie den Unsterblichen im Kampf gegenübergestanden hatten.«
»Das glaube ich auch.«
»Lass uns den Rest des Gebäudes durchsuchen, und danach sehen wir uns den Hangar an.«
David nickte. »Ich übernehme den Keller.«
»Dann gehe ich nach oben.«
Was auch immer oben in den Zimmern gewesen war, war fortgeschafft worden. Abgesehen von Staubmäusen waren sie leer.
Seth hörte David fluchen.
Kommst mal nach unten
, sagte David.
Sie trafen sich am Fuß der Treppe. Der Keller war genauso groß wie die anderen Geschosse, und auch hier roch es nach Tod.
David deutete auf die erste Tür.
Seth sah in das Zimmer und hatte das Gefühl, durch die Zeit zurückzureisen zu dem Tag, an dem er Ami gerettet hatte. Auf den ersten Blick schien es sich um einen Operationssaal zu handeln. Wenn man genauer hinsah, entdeckte man Hand- und Fußschellen und einen Ledergurt, mit dessen Hilfe man das Opfer auf der Stahloberfläche des Tisches fixieren konnte. Die Folterwerkzeuge – was immer sie gewesen sein mochten – waren inzwischen entfernt worden; jetzt lagen dort nur noch ein paar OP-Kittel, blutige Handtücher und eine halb leere Flasche Reinigungsalkohol, die umgekippt war.
»Hier unten sind noch drei weitere Folterkammern«, verkündete David und führte Seth zurück in den
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