Verfluchte Seelen
Flur.
Abgesehen von den Folterkammern gab es noch ein paar Büros, die ebenfalls leergeräumt worden waren bis auf ein paar ramponierte Schreibtische und Stühle. Und dahinter …
Seth starrte die Leichen an. Auch sie waren mit Kopfschüssen hingerichtet worden, genau wie die Soldaten im Erdgeschoss. »Das hier sind Zivilisten.«
»Ja. Und da sind noch mehr.«
Unter den Toten im Keller waren auch Frauen und Kinder. Einige Frauen hielten ihre Tochter oder ihren Sohn noch immer umklammert, als wollten sie ihr Kind mit dem eigenen Körper auf ewig schützen.
»Am besten, wir sehen uns jetzt mal den Hangar an.«
Abgesehen von dem kaputten Humvee gab es dort nichts als Ölflecken und Radmuttern.
Seth zog sein Handy aus der Tasche. »Wie kommst du mit dem Sonnenlicht zurecht?«
David zuckte mit den Achseln. »Wenn ich mich im Schatten aufhalte, müsste es noch ein paar Stunden gehen. Wahrscheinlich länger.«
Seth nickte und wählte.
»Reordon«, meldete sich eine verschlafene Stimme.
»Ich muss dir was zeigen.«
»Gib mir ein paar Minuten, damit ich mir was anziehen kann.«
Seth schob das Handy zurück in seine Gesäßtasche.
»Glaubst du, dass seine Männer ein paar brauchbare Fingerabdrücke nehmen können?«, wollte David wissen.
»Das müsste möglich sein. Es sieht so aus, als hätten die Söldner Hals über Kopf die Flucht ergriffen. Verdammt – sie haben es ja nicht mal geschafft, die Vordertür zuzuschließen.«
»Während du Chris holst, durchsuche ich das Grundstück nach Stolperdrahtminen und dergleichen. Es kommt mir merkwürdig vor, dass sie die Leichen einfach so hier zurückgelassen haben, wo jeder sie finden kann.«
»Du glaubst, dass es sich um eine Falle handelt?«
»Vielleicht. Ich will jedenfalls nicht, dass einer der Netzwerkmitarbeiter zu Tode kommt oder ein Körperteil verliert, wenn er auf dem Anwesen herumläuft.«
»Ich helfe dir, sobald wir wieder da sind. Wir werden das ganze Grundstück gründlich durchforsten. Wenn etwas da ist, werden wir es finden.«
Chris war gerade dabei, einen Parka anzuziehen, als sich Seth in seinem Wohnzimmer materialisierte.
Seth sah sich in dem Zimmer um. Chris’ Zuhause war das genaue Gegenteil von Davids Haus. Während bei David alles tipptopp sauber war, herrschte bei Chris das reinste Chaos, bestehend aus fettigen Pizzakartons, schmutziger Kleidung und dreckigem Geschirr. Da Chris großen Wert auf ein sauberes und aufgeräumtes Büro legte, fragte sich Seth, ob er vielleicht einfach zu beschäftigt war, um Zeit für Hausarbeit zu finden.
»Also …«
Chris durchwühlte den Kram, der sich auf seinem Couchtisch türmte, und beförderte schließlich einen Stapel brandneuer Spiralblöcke ans Tageslicht. »Ja?«
»Hast du schon mal in Erwähnung gezogen, einen unserer Leute vom Aufräumkommando herkommen zu lassen, damit er hier Ordnung schafft?«
Chris grinste. »Für jemanden, der so penibel ist wie du, muss dieses Chaos hart sein.«
Seth nickte. »Und außerdem fühle ich mich schuldig. Ist dein Arbeitspensum zu hoch, oder bist du schlichtweg zu müde zum Aufräumen, wenn du endlich nach Hause kommst?«
»Beides.«
»Du kannst die Kosten gern dem Netzwerk in Rechnung stellen.«
Aber Chris schüttelte den Kopf. »Auch wenn es hier total schlimm aussieht, ich weiß wenigstens genau, wo was ist. Wenn jemand zum Putzen herkommt, muss ich hinterher alles suchen, was mich wertvolle Zeit kosten würde.«
»Sag demjenigen doch einfach, dass er sich nur um das dreckige Geschirr, den Müll und die schmutzigen Kleider kümmern soll. Denn … verdammt.«
Das brachte Chris zum Lachen. »Wenn du das hier schon so schlimm findest, dann solltest du lieber keinen Blick in meine Küche werfen.«
»Das muss ich auch gar nicht. Ich kann die Schimmelpilze und die angetrockneten Essensreste bis hierher riechen.«
Immer noch grinsend, schob Chris die Notizblöcke in seine Jackentasche und fügte ein paar Bleistiftstummel hinzu.
»Denk wenigstens darüber nach«, bat ihn Seth.
»Das werde ich. Okay, dann mal los.«
Seth teleportierte sie zur Vordertür des Hauptgebäudes.
Davids Gestalt, die sich so schnell bewegte, dass sie verschwamm, raste aus der Richtung des Hangars auf sie zu. »Bis jetzt habe ich nichts gefunden.«
Während David und Chris sich begrüßten, öffnete Seth die Eingangstür und bedeutete den beiden Männern einzutreten.
Zuerst zeigten sie Chris die toten Soldaten. Sofort zog er Notizblock und Bleistift heraus, ging aber nicht
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