Verfolgt im Mondlicht
die sich nicht versteckt haben, leben als Ausgestoßene, als Freaks, die zu keiner Art dazugehören.
Holiday nickte und lächelte mitfühlend. Und Kylie sah es nicht nur, sondern sie konnte auch Holidays Gefühle lesen.
Burnett musste ihr Gespräch mitbekommen haben, denn sobald er aufgelegt hatte, starrte er ihre Stirn an und murmelte: »Verdammt.«
»Was hast du erfahren?« Holiday schien zu merken, dass Kylie keine Lust hatte, jetzt auch noch ihr sich ständig veränderndes Gehirnmuster zu besprechen.
»Cindy Shaffer wird seit etwa sechs Monaten vermisst.«
»Also ist Hannah vor ihr verschwunden«, stellte Holiday fest.
»Wissen wir denn sicher, dass Hannah nicht einfach eine Weile weggefahren ist und dass sie dann …« Er hielt inne und Kylie konnte fühlen, wie er Wellen an Mitgefühl aussendete.
»Und dann wurde sie umgebracht«, ergänzte Holiday. Sobald die Worte aus ihrem Mund waren, verströmte sie so viel Trauer, dass Kylie es kaum ertragen konnte.
Das wird kein Spaziergang, dachte Kylie. An das Fee-Sein musste sie sich eindeutig noch gewöhnen. Aber wenigstens konnte sie jetzt wieder normale Sachen essen. Dann dachte sie an Derek und wie er versucht hatte, ihr zu erklären, wie ihn ihre Gefühle erdrückt hatten. Das musste echt schlimm für ihn gewesen sein.
Burnett berichtete weiter: »Die Polizei untersucht ihr Verschwinden. Sie haben einen Verdächtigen – ihren Exfreund –, aber sie konnten ihm noch nichts nachweisen. Ich werde mir die Polizeiakten mal genau anschauen, aber so wie ich das sehe, hat es gar nichts mit ihr persönlich zu tun.«
»Was haben sie noch gesagt?«, fragte Kylie, als ihr wieder einfiel, wie Burnett sie während des Telefonats angeschaut hatte.
»Ich hab Hayden Yates noch mal überprüfen lassen.«
»Und?«, fragte Kylie, doch noch bevor Burnett antworten konnte, spürte sie seine Unzufriedenheit mit dem, was er ihr zu sagen hatte.
»Er ist sauber. Nichts in seiner Vergangenheit deutet darauf hin, dass er irgendetwas zu verbergen hat.«
Kylie schnaufte nachdenklich. Sie war sich nicht sicher, ob sie das glauben sollte. Sie war sich so sicher gewesen, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Dann fiel ihr noch was ein … »Kannst du vielleicht noch den neuen Freund meiner Mutter überprüfen lassen?«
»Glaubst du etwa, er steckt hinter den Morden?« Burnett sah sie ungläubig an.
»Nein, damit hat er bestimmt nichts zu tun. Ich … kann ihn nur nicht leiden.«
»Ich auch nicht«, stimmte Burnett zu, »aber das heißt noch lange nicht, dass er ein Krimineller ist. Es gibt jede Menge Leute, die ich nicht leiden kann.«
Kylie runzelte die Stirn. »Ich finde ihn irgendwie unheimlich, und ich würde mich besser fühlen, wenn …«
»Schon gut, ich mach es«, lenkte Burnett ein, doch Kylie konnte spüren, dass er es eigentlich für Zeitverschwendung hielt.
»Da ist noch was, über das ich mit euch reden muss«, setzte Kylie hinzu.
»Wieso hab ich das Gefühl, dass mir das mal wieder nicht gefallen wird?«, fragte Burnett.
Kylie schaute Holiday an, die genauso besorgt dreinschaute. »Ich glaube, es ist Zeit, den Schatten-Dienst einzustellen«, sagte sie dann mit möglichst viel Überzeugung.
»Auf keinen Fall!« Burnetts Miene verfinsterte sich.
Kylie straffte die Schultern und reckte das Kinn vor. »Ich hab es satt, nie allein zu sein.«
»In deinem Zimmer in der Hütte bist du doch allein«, erwiderte er.
»Della hört doch jede Bewegung, die ich mache. Ich kann das einfach nicht mehr. Ich will mein Leben zurück. Mario hat seit Wochen nichts mehr unternommen. Miranda meint auch, dass sie keine feindliche Magie mehr fühlt. Ich spüre ihn auch nicht mehr. Vielleicht hat er aufgegeben.«
»Leute wie er geben nicht auf. Er wartet nur auf den richtigen Moment, um wieder zuzuschlagen.«
»Ich verspreche euch auch, vorsichtig zu sein und euch sofort Bescheid zu sagen, wenn mir was Verdächtiges auffällt.«
»Nein!«, sagte Burnett mit Nachdruck.
Kylie fühlte, wie sich in ihr eine seltsame Energie aufbaute. Sie wusste, dass sie recht hatte, dass die zwei sie nicht dazu zwingen konnten. Aber sie verstand nicht, woher sie den Mut nahm, sich so aufzulehnen. Wenn sie nicht so außer sich gewesen wäre, hätte sie bestimmt auch mehr Angst gehabt, dass ihr wieder etwas Schlimmes zustoßen könnte.
»Ich bin nicht eure Gefangene«, stellte sie patzig fest. »Ich hab da noch was mitzureden.«
»Du meinst, du hast was mitzureden, ob du von einem Wahnsinnigen
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