Verführ mich nur aus Liebe
Tür ging. Sie öffnete den Mund, wollte irgendetwas sagen. Doch die Tür schloss sich bereits hinter ihm.
Zu spät, dachte Ellie. Sie drehte sich um und drückte das Gesicht ins Kissen.
Im April danach
Ellie hatte schnell gelernt, was bei all den gesellschaftlichen Anlässen von ihr erwartet wurde, zu denen sie Angelo begleiten musste. An seiner Seite schwebte sie förmlich. Sie hatte eine Hand leicht auf seinen Arm gelegt und strahlte über das ganze Gesicht. Sie gab die überglückliche junge Ehefrau, die nun schon seit fast einem Jahr mit einem der attraktivsten Männer der Stadt verheiratet war.
Erlesene Diamanten funkelten an ihren Ohren und an ihrem Hals. Der Schmuck bewies dem geblendeten Betrachter mehr als deutlich, wie zufrieden der Conte Manzini mit seiner Ehe war.
Niemand – ob Freund oder Feind, Bewunderer oder Neider – durfte je ahnen, wie sehr sie versagt hatte und wie bitter er enttäuscht war. Ein beiderseitiger, nicht enden wollender Albtraum.
Am heutigen Abend fand ein Wohltätigkeitsempfang statt, den Contessa Cosima zugunsten eines Waisenhauses gab. Der Abend unterschied sich in nichts von den unzähligen anderen. Ellie mischte sich unter die Gäste. Das elegante schwarze Abendkleid betonte ihre schlanke Figur. In einer Hand trug sie einen Drink, der praktisch unberührt blieb. Immer wieder hielt sie inne, um Bekannte zu begrüßen und lachend mit ihnen zu plaudern.
Es war die perfekte Fassade. Niemand hätte geahnt, wie unglücklich sie tatsächlich war, wenn sie an das Ende dieses Abends dachte – die Rückkehr nach Vostranto und dann der kurze monatliche Besuch ihres Ehemanns in ihrem Schlafzimmer. Angelo hielt sich streng an ihre Bedingungen. Sobald er seine Pflicht erfüllt hatte, zog er sich sofort stets höflich zurück.
Auch wenn es ihr schwerfiel: Ihr blieb nichts anderes übrig, als es hinzunehmen. Das bedeutete aber auch, dass sie schließlich zu ihm gehen und ihm sagen musste, dass sie wieder nicht schwanger geworden war. Aber vielleicht würde es ja heute Nacht anders sein. Möglicherweise würde die Natur bei ihr endlich den Zauber bewirken – genau wie vor wenigen Wochen bei Tullia, die ihr überglücklich von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte.
Angelos Großmutter saß in einem bequemen Lehnstuhl auf der anderen Seite des Raums. Lächelnd winkte sie Ellie zu sich.
„Mia cara, ich möchte dir meine liebe Freundin Mutter Felicitas vorstellen. Sie ist die Äbtissin des Ordens, der das Waisenhaus für uns führt.“
Eine kleine Frau mit rosigen Wangen und blitzenden Augen trat näher. Sie trug eine lange graue Ordenstracht mitsamt gestärkter weißer Haube und Schleier.
„Es ist mir eine große Freude, Contessa.“ Der Händedruck war kurz und energisch. „Wir haben schon seit Langem das große Glück, von der Familie Manzini unterstützt zu werden. Ihre Patentante, die Principessa Damiano, zählt auch zu unseren Wohltätern. Wie ich gehört habe, sind Sie berufstätig. Trotzdem hoffe ich, dass Sie uns vielleicht ein wenig von Ihrer kostbaren Zeit widmen können.“
Ellie spürte, dass sie rot wurde. „Gern. Allerdings hatte ich bislang nicht viel mit Kindern zu tun.“
„Was sich sicher bald ändern wird“, meinte Mutter Felicitas freundlich. „Das ist der Weg des Lebens.“
„Ja“, pflichtete Ellie ihr verlegen bei. „Ich … hoffe es.“
„Leider muss ich nun gehen.“ Die Nonne wandte sich an Angelos Großmutter: „Gute Nacht, meine liebe Cosima. Nochmals vielen Dank für alles, was Sie für unsere Kinder tun. Bitte überreden Sie doch Conte Angelos charmante Gattin dazu, uns bald zu besuchen. Wir würden uns sehr freuen.“
„Komm, setz dich zu mir, mein Kind“, sagte Nonna Cosima, als Mutter Felicitas gegangen war. „Du siehst heute Abend ein wenig blass aus. Arbeitest du zu viel?“
„Ich glaube nicht.“
„Angelo verbringt mehr Überstunden bei Galantana als irgendein anderer … Und er schläft immer noch in seiner Stadtwohnung, wie ich gehört habe“, sagte seine Großmutter. „Ich hoffe, ihr findet bei all dieser Geschäftigkeit Zeit für euch. Denn das braucht eine Ehe, liebes Kind, wenn sie Bestand haben soll.“
Ellie senkte den Kopf und erwiderte leise: „Sie braucht auch ein Paar, das sich liebt und das nicht nur wegen veralteter Sitten zum Zusammenleben gezwungen wird.“
„Empfindest du es immer noch so?“, fragte Cosima Manzini sanft. „Das tut mir leid.“ Sie lächelte reumütig. „Mein Enkelsohn hat sicher
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