Verführ mich nur aus Liebe
seine Fehler. Aber ich hatte gehofft, dass er sich inzwischen als guter Ehemann erwiesen hätte und ihr euch ein gemeinsames Leben aufbauen würdet.“
Tatsächlich sind wir noch nie weiter voneinander entfernt gewesen als jetzt, dachte Ellie. Zu allem Überfluss ertappte sie sich immer öfter bei der Frage, wie Angelo seine vielen Nächte in Rom verbrachte … und mit wem. Bei Anlässen wie diesem gab es viele schöne junge Frauen, die lächelnd mit der Contessa Manzini plauderten. Waren unter denen vielleicht einige, die in Wirklichkeit über sie lachten? Über die langweilige Ehefrau, die ständig betrogen wurde und außerdem noch unfruchtbar zu sein schien?
Heute Abend würde er wieder zu ihr kommen. Und wieder würde sie sich dieselbe Frage stellen: War er insgeheim froh, dass er keine Leidenschaft vortäuschen musste, die er ohnehin nicht empfand? Ich werde die Augen schließen und versuchen, an nichts zu denken … und nichts zu fühlen. Doch das wurde mit jedem Mal schwieriger. Wenn sie anschließend allein war, lag sie meist für Stunden wach. Dann kämpfte sie mit den Tränen – und noch schlimmer: mit dem Wunsch, ihm nachzulaufen …
Jetzt schaute sie fest auf ihre Hände in ihrem Schoß. „Ich glaube nicht, dass das jemals passieren wird. Wir … passen einfach nicht zueinander.“
„Das tut mir sehr leid zu hören“, sagte Nonna Cosima leise. „Mia cara, deine Patentante und ich … und auch Dorotea, wir haben lange vor dieser Nacht in Largossa geglaubt, dass du die ideale Ehefrau für Angelo wärest. Dass ihr beide ein gutes Paar abgeben würdet.“ Sie seufzte. „Aber anscheinend waren wir nicht so schlau, wie wir dachten.“
„Hat Angelo davon gewusst?“, wollte Ellie wissen.
Die alte Dame zögerte. „Liebes Kind, seine Familie wollte unbedingt, dass er endlich heiratet. Das war kein Geheimnis.“
„Aber ich … Wurde ich … ihm vorgeschlagen?“
„Vielleicht beiläufig erwähnt …“
„Ich verstehe.“ Sie stand auf. „Das … erklärt vieles.“ Und es beweist, dass es wirklich kein Entkommen gab – für keinen von uns.
„Elena.“ Nonna Cosima nahm besorgt ihre Hand. „Sag mir, dass Angelo nicht lieblos zu dir ist.“
„Nein, unter den gegebenen Umständen ist er sehr rücksichtsvoll und großzügig.“ Sie berührte den Diamantanhänger an ihrem Hals und rang sich ein Lächeln ab. „Ich kann mich wirklich nicht beklagen.“ Dann beugte sie sich herab und küsste Angelos Großmutter auf die Wange. Sie lächelte ihr noch einmal beruhigend zu und ging.
Suchend sah sie sich nach Angelo um. Einige Meter entfernt entdeckte sie ihn schließlich. Er lächelte und war in ein Gespräch vertieft. Als sie näher kam, erkannte sie, mit wem er da redete: Silvia. Ihre Cousine drängte sich so dicht an ihn, dass sich ihre Körper fast berührten. Eine ihrer perfekt manikürten Hände hatte sie besitzergreifend auf seinen Arm gelegt.
Schockiert blieb Ellie stehen und wandte sich dann abrupt ab. Fast wäre sie mit einem Kellner zusammengestoßen, der auf einem Tablett Drinks anbot. Sie murmelte eine Entschuldigung. In wenigen Schlucken leerte sie ihr Glas und griff sich ein neues, bevor sie auf den Balkon hinausging.
Halt suchend lehnte Ellie sich an die schmiedeeiserne Brüstung. Ihr zitterten die Knie. Angelo und Silvia – so vertraut miteinander, als hätten sie die Zeit zurückgedreht. Wie war das möglich?
Seit Silvias unerwartetem Besuch in Vostranto im vergangenen Jahr war ihre Cousine zwischen Angelo und ihr nicht mehr erwähnt worden. Und auch auf dem gesellschaftlichen Parkett waren sie sich bislang nicht wieder begegnet. Silvia und Ellie hatten vollkommen verschiedene Vorlieben. Diesen Wohltätigkeitsempfang hätte Silvia normalerweise nicht besucht – es sei denn, es gab einen guten Grund dafür.
Erneut trank Ellie einen großen Schluck Wein, doch es half wenig. Natürlich hatte sie kein Recht, auf Angelos Frauen eifersüchtig zu sein. Das sagte ihr der Verstand. Trotzdem war es etwas ganz anderes, einer davon direkt gegenüberzustehen – noch dazu Silvia! War Angelo ihr wirklich so verfallen, dass er ihren gemeinen, rachsüchtigen Streich einfach vergessen konnte?
Nun, zumindest musste Ellie nicht bleiben und dabei zusehen. Entschlossen stellte sie ihr Glas auf eine Fensterbank und kehrte in den Saal zurück, um den Empfang zu verlassen.
Sofort packte jemand sie am Arm und hielt sie fest. „Wo bist du gewesen?“, fragte Angelo. „Ich habe dich
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