Verfuehr mich
würde. Als ihm das endlich gelungen war, machten sie sich trotz des Dauerregens sofort mit Domino auf den Weg zur Fähre. Der Hund lief stolz an einer Nylonleine. Er trug einen improvisierten Regenumhang, den Bliss aus schwarzen Mülltüten und Klebeband gebastelt hatte, und sah nach dem Verzehr des Roastbeefs und eines weiteren Muffins schon viel kräftiger aus.
Doch er war nicht der Einzige, der in schwarzes Plastik gehüllt war. Die Wochenendurlauber, die mit schönem Wetter gerechnet hatten, steckten ebenfalls in improvisierten Regenmänteln. Einige Leute hatten sogar einfach nur ein Loch in eine Plane geschnitten, den Kopf durchgesteckt und es dabei belassen.
Die Schlange an der Anlegestelle für die nächste Überfahrt war lang, und die Leute waren nicht besonders guter Stimmung. Die Reederei setzte zusätzliche Fähren ein, die sich ebenfalls schnell mit Passagieren füllten und eine nach der anderen nach Havertown übersetzten. Aber das Ganze ging doch sehr langsam vonstatten.
Domino bemerkte sehr wohl die anderen Hunde und Katzen, die mit ihren Besitzern in der Tierarztpraxis warteten. Doch er benahm sich vorbildlich. Ein gutes Zeichen , dachte Bliss. Sie hoffte und betete, dass der Tierarzt keine schlimmen Krankheiten bei ihm feststellen würde. Schließlich konnten sie Rocco nicht bitten, einen Hund mit schweren gesundheitlichen Problemen aufzunehmen.
Das Tier schmiegte sich leicht zitternd an Bliss’ nasses Bein. Jaz legte einen Arm um Bliss’ Schulter und drückte sie liebevoll.
Mit allem Drum und Dran dauerte es fast bis Mitternacht, dass sie wieder zurück auf Pine Island waren. Noch bevor Jaz die ganze Geschichte am Handy erzählt hatte, erklärte Rocco sich auch schon bereit, den Hund aufzunehmen. In der Zwischenzeit entfernte die Tierarztassistentin geduldig die Zecken aus Dominos Fell. Sie trug Gummihandschuhe und eine Schutzbrille, falls aus den ekelhaften kleinen Biestern beim Herausziehen Blut herausquoll. Sie riet den beiden noch, auf Lyme-Borreliose und andere, von Zecken übertragbare Krankheiten zu achten, und gab ihnen eine Broschüre mit, die sie über die Symptome aufklärte.
Domino fand es offensichtlich gar nicht schön, sich die Wunde neben seinem Auge vom Tierarzt untersuchen zu lassen, und auch die stattliche Reihe der Spritzen wirkte nicht entspannend auf ihn. Doch er schien genau zu wissen, dass man sich hier gut um ihn kümmerte und machte kein Theater. Um fünfhundert Dollar ärmer und mit einem besonders gesunden Hundekuchen, den Domino jedoch nicht wollte, schafften sie es gerade noch zur letzten Fähre.
Genau wie Jaz vorhergesagt hatte, freundete Rocco sich sofort mit dem Hund an. Er zeigte Domino ein schäbiges Sofa, auf das er draufspringen durfte. Dort versank das Tier mit einem fast unhörbaren Seufzer in den Kissen.
»Ich kann dir gar nicht genug danken, Rocco«, erklärte Jaz. Bliss fiel auf, dass in seiner Stimme echtes Gefühl und große Erschöpfung lagen. Er hatte vor, die Fähre um sechs Uhr morgens zu nehmen, damit er rechtzeitig am Flughafen und gegen Mittag in Leonardville sein konnte.
Bliss beneidete ihn nicht. Sie musste nicht mal zurück nach New York. Rocco hatte Vi angerufen, und die war von Dominos Unglücksgeschichte und seiner Rettung dermaßen gerührt, dass sie Bliss die nächsten zwei Tage freigegeben hatte. Na ja, fast frei. Eine moderne Sklavin hatte statt einer Kette mit Kugel dran eben immer einen Laptop dabei. Und für die kleinen Änderungen, die Vi sich für die Layouts wünschte, musste Bliss nicht extra nach New York zurückfahren. Die konnte sie auch ganz gemütlich hier auf Pine Island vornehmen.
Der Regen hatte sich zu einem kalten Nieselregen abgeschwächt, aber für den nächsten Tag wurden bereits weitere, starke Niederschläge angekündigt. Bliss musste also sowieso im Haus bleiben. Und da Jaz in Leonardville sein würde, konnte sie sicher eine Menge Arbeit schaffen. Schweigend und Hand in Hand spazierte das Pärchen zurück nach Breezy Bay.
»Vermisst du Domino?«, fragte Jaz nach einer Weile.
»Woher weißt du das?« Aber eigentlich überraschte sie seine Frage nicht.
Er blieb stehen und drückte ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn. »Keine Ahnung. Vielleicht weil ich ihn auch vermisse. Er hatte sich schon mit uns angefreundet.«
»Ja. Ein bisschen«, gab Bliss zu. »Aber wir können ihn ja besuchen, wann immer wir wollen.«
»Ja.«
9
Wie vorhergesagt, blieb der Sturm drei Tage über der Insel hängen und zog
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