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Verfuehr mich

Verfuehr mich

Titel: Verfuehr mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noelle Mack
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näherte, duckte sich das Tier und starrte ihn mit ängstlichen Augen an.
    »O Mann, sieh dir mal sein linkes Auge an. Das ist ja ein riesiges Blutgerinnsel. Und direkt daneben hat er eine tiefe, aber fast verheilte Wunde auf der Stirn. Da, kannst du das unter dem Fell erkennen? Er scheint von einem Auto angefahren worden zu sein.«
    Bliss nahm den Zorn in Jaz’ Stimme wahr, als sie das linke Auge des Tiers untersuchte. Die Wunde war ihr gar nicht aufgefallen, als sie den Hund gestreichelt hatte. Zum Glück war sie schon so gut wie zugewachsen. Eigentlich hatten sie einen gesunden Hund vor sich, wenn man von den Misshandlungen absah, die ihm widerfahren waren.
    »Da hat dich irgendein Fiesling aber kräftig vermöbelt, mein Hundchen. Ich wüsste nur zu gern, wer das war …«, sagte Jaz. »Dem würde ich die Knochen brechen.«
    »Ja, ich auch.« Bliss’ Stimme blieb sehr leise. »Aber jetzt müssen wir ihm erst mal ein bisschen was Gehaltvolleres als einen Muffin geben und ihn gründlich vom Tierarzt untersuchen lassen. Verlaufen hat er sich nicht. Er ist weggelaufen. Gut gemacht, Kleiner. Bist ein kluger Hund.« Sie tätschelte ihn wohlwollend an einer Stelle des Kopfes, die nicht von Zecken befallen war. Domino sah auf eine lächerliche Weise glücklich aus. Welchen Misshandlungen er ausgesetzt gewesen war, konnte das Tier ihnen ja nicht mitteilen.
    »Und was jetzt?«, fragte Jaz nach einer Weile.
    »Hey, was siehst du mich an? Ich kann doch in meiner engen, kleinen Wohnung keinen Hund halten.« Dann machte Bliss den Fehler, in die herzerweichenden Augen des Tieres zu blicken. »Aber wenn es ginge, würde ich es tun. Sieh mich nicht so an, Domino. Du bist so dünn und durcheinander. Ich könnte heulen.«
    »Ich kann ihn auch nicht behalten«, seufzte Jaz und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. »Wenn man keinen Hund halten kann, hat man auch kein richtiges Leben. Verstehst du, was ich meine?«
    »Nicht so ganz.«
    »Früher oder später muss ich zurück nach Leonardville und den Babysitter für Alf Sargent spielen. Ich will damit sagen, dass ich nicht mein eigener Herr bin. Also kann ich auch nicht Dominos Herrchen sein.«
    Der Hund warf Jaz einen aufrichtig bedauernden Blick zu und drehte sich dann abwartend zu Bliss.
    »Ich glaube, er versteht uns.«
    Jaz zuckte nur mit den Schultern. »Nein. Das ist nur das Hin und Her. Ich rede, er sieht mich an. Du redest, er sieht dich an.«
    Das Tier legte sich wieder auf den Bauch und den Kopf zwischen seine bemitleidenswert dünnen Beine. Nun bewegten sich nur noch seine Augen.
    »Der wird noch ziemlich wachsen, wenn er älter wird.«
    »Welche Rasse? Hast du eine Vermutung?«
    Sie hob beide Hände zu einer wer-weiß-das-schon -Geste. »Ein typischer Promenadi. Papa was a rolling stone und Mama hatte auch andere Sachen am Laufen – hab ich recht?!«, fragte Bliss in Richtung Domino.
    Der Hund schloss die Augen.
    »Ich glaube, er möchte nicht über seine Eltern sprechen«, sagte Jaz lachend. »Haben wir noch ein bisschen Roastbeef übrig behalten?«
    »Geh doch mal nachsehen. Er muss was essen. Aber was er wirklich braucht«, erklärte Bliss schließlich, »ist ein Zuhause. Wir werden ihn nicht ins Tierheim bringen. Dazu hat er schon zu viel durchgemacht.«
    Jaz warf ihr ein Lächeln zu. »Wieso habe ich nur schon geahnt, dass du das sagen wirst?«
    »Weil ich schon wusste, dass du ihn nicht dort abgeben würdest.«
    »Du hast recht, Bliss. Vielleicht können wir ja jemanden finden, der ständig hier draußen ist.«
    Sie schauten sich an und sprachen den Namen gleichzeitig aus: »Rocco!«
    Der Schwanz des Hundes klopfte auf den Sand, als würde er ihre Freude teilen.
    »Sag nicht, dass du ihn kennst, Domino«, meinte Jaz. »Auf jeden Fall bist du dem Künstler ein klassisches objet trouvé für die Collage seines Lebens.« Es sah so aus, als würde der Hund grinsen.
    Jaz drehte sich zu Bliss um. »Rocco hat jetzt schon lange keinen Hund mehr gehabt. Und ich weiß, dass er Hunde liebt. Er hat früher oft welche aus dem Tierheim geholt, um ihnen neue Besitzer zu besorgen. Ein paar hat er aber auch behalten.« Dann fügte er, direkt an Domino gerichtet, hinzu: »Du wirst Rocco mögen. Und du kannst auf seiner Couch schlafen. Das wird ihm nichts ausmachen. Die hat er nämlich auch irgendwo gefunden.«
     
    Jaz verbrachte ungefähr eine Stunde am Telefon, um in der Gegend von Havertown einen Tierarzt ausfindig zu machen, der den Hund auch an einem Sonntag untersuchen

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