Verführe niemals Deinen Mann
wütend. Aber sie doch auch. Sie hatte es so satt, immer und immer wieder durch den Klatschblatt-Wolf gedreht zu werden! Und sie war es leid, sich immer wieder gerade vor dem Mann rechtfertigen zu müssen, der ihr eigentlich vertrauen sollte. „Wenn du glaubst, ich würde diesen schleimigen Wurm freiwillig küssen, bist du verrückt.“
„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte!“, schimpfte er und hielt ihr das Titelblatt der Zeitung vors Gesicht.
„Ach du liebe Zeit.“
Da war es. Schön groß und gestochen scharf. Das Foto war genau in dem Moment aufgenommen worden, als Jean Claude ihr – für sie völlig überraschend – blitzschnell einen Kuss aufgedrückt hatte. Offenbar hatte er tatsächlich irgendwo einen Fotografen postiert. Nein, sie hätte niemals versuchen dürfen, vernünftig mit einem Mann zu reden, der keine Moral kannte. Es war ihr Fehler, ihre Schuld.
„Er hatte sich offenbar irgendwo hinter den Bäumen versteckt“, sagte sie kleinlaut.
„Wer?“
„Na, der Fotograf natürlich.“ Sie wollte wieder nach der Zeitung greifen, aber Travis schüttelte den Kopf, drehte die Zeitung um und las ihr laut den Text unter dem Foto vor.
„Heimliche Geliebte?“
Ihr fiel die Kinnlade herunter. „Was? Heimliche …?“
„Jean Claude Doucette und Julie O’Hara-Doucette-King … “
Julie fühlte sich, als zöge ihr jemand den Boden unter den Füßen weg. „Was soll das denn? Ich trage doch nicht mehr seinen Namen, oder?“
Ungerührt las er weiter. „… trafen sich heimlich auf einer Aussichtsplattform.“
„Das hört sich ja furchtbar an.“
Er starrte sie böse an. Sie glaubte geradezu, Flammen in seinen Augen sehen zu können. „Oh, es kommt noch besser“, sagte er. „Erspar mir, dir alles vorzulesen, aber sinngemäß geht es so weiter: Ob Travis King wohl weiß, dass seine Frau immer noch diesen Mann liebt? Diesen Mann, von dem sie sich nicht einmal scheiden ließ, bevor sie eine neue Ehe schloss?“
Sein Mund war nur ein dünner Strich. Obwohl er ihr direkt gegenüberstand, fühlte sie sich unendlich weit von ihm entfernt.
„Travis, du kannst das doch nicht allen Ernstes glauben.“
„Was soll ich denn glauben?“, fragte er gefährlich leise. „Du hast doch das Treffen mit ihm arrangiert.“
„Ja, schon“, sagte sie müde. „Aber ich habe dir doch hinterher davon erzählt.“
„Hinterher, ja! Vorher hättest du es mir sagen müssen! Dann hätte ich dich nämlich davon abgehalten!“
Sie seufzte. Ein Funken Wut mischte sich in ihre Verzweiflung und Sorge. „Genau deswegen habe ich es ja vorher nicht gemacht.“
„Warum wolltest du dich überhaupt mit ihm treffen? Was war so verdammt wichtig, dass du dich hinter meinem Rücken mit deinem Exmann verabreden musstest?“
„Das habe ich dir doch alles gestern schon erklärt, Travis“, sagte sie und zwang sich zur Ruhe, obwohl sie sich am liebsten die Haare ausgerauft hätte. So einen Sturkopf wie Travis hatte sie noch nicht erlebt. „Ich musste es einfach tun. Ich musste wenigstens versuchen, Jean Claude mit Vernunft beizukommen.“
„Ich bezahle teure Rechtsanwälte, um ihn in seine Schranken zu weisen. Obendrein kümmern sich meine Brüder um sein Vorleben.“
Sie war diese ewigen fruchtlosen Diskussionen so leid. „Du verstehst das einfach nicht, Travis. Ich bin nicht eines von diesen Mäuschen, die tatenlos brav zu Hause sitzen und darauf warten, dass der große starke Mann schon alles in Ordnung bringt.“ Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Begreif doch – dass Jean Claude dir so viel Kummer macht, liegt nur an mir. Weil ich vor langer Zeit so dumm war, ihn zu heiraten. Deswegen war es meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit, ihm gegenüberzutreten.“
„Verdammt, Julie.“ Wütend zerknüllte er die Zeitung.
„Ich musste etwas tun, Travis“, sagte sie, und ihre Stimme wurde mit jedem Wort entschlossener. „Ich habe meine Angelegenheiten immer selbst in die Hand genommen, das bin ich so gewohnt, und, ganz ehrlich, ich will es auch nicht anders. Im Kern ist alles meine Schuld. Deshalb musste ich es auch in Ordnung bringen.“
„Oh ja, das ist dir ja auch bestens gelungen“, kommentierte er und fuchtelte mit der zerknitterten Zeitung herum.
„Na ja …“ Sie fühlte sich unendlich müde. „Ich habe es wenigstens versucht. Ich musste es versuchen. Ich hatte nur übersehen, dass ich es mit einem Widerling ohne jeden Anstand und ohne jede Moral zu tun hatte. Mit einem elenden
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