Verfuehre niemals einen Highlander
leisten und wäre wärmer. Was allerdings ihre Zofe dazu sagen würde, wusste nur der Himmel. Energisch warf sie sich die Decke um die Schultern, kreuzte zwei der Zipfel über ihrer Taille und band sie im Rücken zusammen, wie die Bauernmädchen es machten. Dann hob sie Ians Kilt vom Boden auf und faltete ihn ebenfalls, nur um etwas zu tun zu haben, solange sie wartete.
„Bist du bereit?“, fragte er, während er Beau seinen zusammengerollten Kilt auf die Kruppe band und anschließend Selina hinaufhalf.
Sie nickte, doch das war gelogen. Ihr Magen verkrampfte sich. Der Gedanke an ihr Zuhause gab ihr ein Gefühl, wie ein entkommener Häftling es haben musste, wenn er an erneute Gefangenschaft dachte. Eine Gefangenschaft, die sie selbst bewirkt hatte. Was dachte sie da für einen Unsinn, wo sie doch davor stand, den Mann zu heiraten, den sie sich selbst erwählt hatte? Sie hielt Ian den Kilt hin. „Den brauchst du wohl.“
Dann leerte er einen Eimer Wasser über dem Feuer aus, das qualmend erstickte und die Höhle mit beißendem Rauch füllte.
Selina musste husten und rieb sich die tränenden Augen. „Du Schwachkopf, konntest du nicht warten, bis wir gehen?“
Doch er schmunzelte nur, nahm die Zügel und führte den großen Schwarzen in den Tunnel, wobei er mit einer Fackel den Weg beleuchtete. Langsam ging es durch die Enge aufwärts, bis sie plötzlich in der kalten Nachtluft standen.
Ian löschte die Fackel, warf sie über die Klippen und führte den Hengst Richtung Straße.
Die ganze Zeit über betete Selina, dass sie rechtzeitig nach Hause gelangen möge.
Als sie nicht mehr weit vom Burgtor entfernt waren, wies Selina Ian an, querfeldein zu reiten. „Auf der anderen Seite des Hügels ist eine Anhäufung von Felsbrocken. Sie verbergen einen geheimen Durchlass“, erklärte sie.
„Ich kenne die Stelle.“ Nur war ihm nie in den Sinn gekommen, dass die Anschüttung einen Eingang versteckte. Als junge Burschen wären seine Brüder begeistert gewesen. Doch der Gedanke an den Ärger, den der Durchlass ihnen womöglich eingebracht hätte, jagte ihm einen Schauer über den Rücken.
Sie mussten sich beeilen. Schon färbte sich der Himmel im Osten grau. Als eine Gestalt aus dem hohen Heidekraut auftauchte, scheute Beau zurück, stand aber still, als Ian scharf die Zügel anzog.
„Angus!“, stieß Selina hervor.
„Pscht!“, zischte der Mann. „Was um Himmels willen denkst du dir, Ian Gilvry?“
„Was machen Sie hier?“, fragte Selina.
Ian zog sich der Magen zusammen. Wer wohl sonst noch wusste, dass man Lady Selina zurückerwarten durfte?
Angus warf einen Blick zurück zur Burg. „Glauben Sie nicht, dass ich jeden Winkel im Hause meines Herrn kenne, Mylady? Also stimmt es!“
„Was wollen Sie andeuten, Mr McIver?“
Nie zuvor hatte Ian sie so überheblich sprechen hören. So ganz die hochnäsige Adelige, die Andrew ihm bei seiner Rückkehr aus London beschrieben hatte.
„Was ist hier los, Angus?“, fragte er und sprang von Beaus Rücken.
„Diese junge Dame war nicht in ihrem Bett aufzufinden, und ihr Verlobter schreit nun Zeter und Mordio, das ist los.“
„Verlobter?“ Nun wurde ihm wirklich übel. Fragend sah er zu Selina auf. Hatte sie in der Höhle irgendein Spiel mit ihm gespielt, eine kleine Tändelei, wie sie, soweit Andrew ihm erzählt hatte, die Damen des ton zu genießen pflegten?
„Bisher gibt es keinen offiziellen Antrag“, sagte sie abwehrend. Sie ließ sich vom Pferderücken gleiten und trat an Ians Seite.
„Es mag nicht offiziell sein“, erklärte Angus, „trotzdem ist er sehr verärgert. Droht, Ihren Ruf zu ruinieren und den Ihres Vaters. Einmischung in amtliche Angelegenheiten; das macht Sie vor dem Gesetz zu Komplizen.“
„Das kann er gar nicht sicher wissen“, sagte sie hitzig. „Niemand hat mich gesehen.“
„Ist sie doch gesehen worden?“, wollte Ian wissen.
„Davon weiß ich nichts. Ich weiß nur, dass der junge Dunstan vor Wut außer sich ist. Zweifellos erhoffte er sich von dieser nächtlichen Unternehmung ein wenig Ruhm. Stattdessen …“
Selina fuhr zusammen. „Mein Vater weiß, dass ich von dem Unternehmen wusste, und nun glaubt er, dass ich es verraten habe.“
„Nun, so ist es ja auch, nicht wahr?“, grummelte Angus. „Lady Albright ist in Tränen aufgelöst und redet nur von Schande und Untergang. Ihr Vater, Lady Selina …“ Er schüttelte den Kopf.
Ian versteifte sich, doch trotz des Zorns, den er empfand, musste er zugeben,
Weitere Kostenlose Bücher