Verfuehre niemals einen Highlander
London und die Erbin, die er sich erwählt hatte, zu verlassen – übrigens Andrews Beitrag, die finanzielle Misere des Clans zu lösen. Zufällig war diese Erbin Selinas beste Freundin. Also hatte Ian dafür gesorgt, dass Andrew nach Amerika ging, wo ihn dann der Tod ereilte. Wie konnte er nun die Frau heiraten, die ihn mühelos um den Finger gewickelt hatte und ihn damit schuldig am Tod seines Bruders werden ließ? Ganz gewiss verdiente er nicht dieses aufwallende Glücksgefühl bei dem Gedanken an diese Verbindung. „Du hast den Verstand verloren!“
„Ich denke nur praktisch, Junge. Heirate sie, dann können sie ihr bis zum Jüngsten Tag zusetzen, denn ihre Aussage taugt nichts vor Gericht.“
„Ich glaube nicht, dass Lady Selina gegen mich aussagen würde.“
„ Sie mag vielleicht durchhalten, aber sie hat diesen jungen Engländer dem Spott ausgesetzt. Lass sie zu ihrem Vater gehen, und du kannst dir gleich einen Strick um den Hals legen. Und das wäre auch das Ende für alle deine Leute. Ohne dich werden sie ihr Land räumen. Dunstan droht ihr und ihrem Vater mit Vergeltungsmaßnahmen. Wen, glaubst du, wird sie wählen, wenn du dich in den Hügeln verkriechen musst?“ Grimmig schaute er Ian an. „Überleg’s dir, Gilvry. Was auch immer passiert, sie ist ruiniert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihren Vater da auch noch hineinziehen wird.“
Hölle und Verdammnis. Eine zu schwere Wahl für eine Tochter! Sie schuldete Ian nichts, ihrem Vater alles. Aber Heirat? „Es muss einen anderen Weg geben.“
Angus musterte ihn streng. „Du bist der Laird. Und sie ist eine Lady. Hast du keine Ehre?“
Der Widerwille in Angus’ Tonfall brachte ihn auf. „Ich habe das Mädchen nicht angerührt!“ Doch beim Gedanken an ihre Küsse lief er rot an und war froh um die Dunkelheit. Aber es waren nur Küsse gewesen. „Ich habe sie nicht gebeten, mir heute Nacht zu helfen.“
McIver seufzte. „Aber sie hat’s getan. Willst du sie dafür büßen lassen, dass sie es versuchte? Du bist nicht der Mann, für den ich dich immer gehalten habe, wenn du nicht tust, was der Anstand gebietet.“
Ian schloss die Augen, versuchte, Klarheit zu finden. Er brauchte Zeit, nachzudenken, zu planen. „Ich werde sie zu ihrer Freundin bringen, aber mehr nicht.“
Enttäuscht schüttelte McIver den Kopf. „Überleg dir meine Worte, Junge. Derweilen sieh zu, dass ihr so weit wie möglich von hier fortkommt, ehe es hell wird. In den Tälern wirst du bereitwillig aufgenommen werden. Und trödelt nicht. Gleich am Morgen werden sie auf deinen Kopf einen Preis aussetzen.“
In Ians Kopf tobten die gegensätzlichsten Überlegungen. Angus an den Fersen, ging er zu Selina zurück.
„Nun?“, fragte sie.
Reumütig grinste er sie an. „Ich bringe dich zu deiner Freundin.“
An McIver gewandt fragte sie: „Sind Sie sicher, dass es keine andere Möglichkeit gibt?“
Angus nickte. „Gehen Sie mit Gilvry, sonst haben Sie vergeblich geholfen.“ Er holte eine Satteltasche zwischen den Steinen hervor. „Da drin sind Wasser, Hafermehl und Vorräte. Und ein wenig Geld. Genug für die erste Wegstrecke. Wenn alles klar ist, Laird, schick deinem Bruder eine Nachricht.“
McIvers Voraussicht missfiel Ian; der Mann schien alles durchdacht zu haben, so als ob er einen eigenen Zweck verfolgte. Aber er selbst sah keinen anderen Weg.
Und schon gar nicht den, die Ehe einzugehen …
Schließlich hob er den Kopf. Von Osten her färbte sich der Himmel grau, sodass er Selinas Gesicht, die Sorge in ihren Augen, deutlicher erkannte.
„Wir müssen sofort los“, erklärte er.
Müde nickte sie und ließ sich von ihm auf das Pferd helfen. Darauf saß sie nun und schaute ihn bekümmert und vertrauensvoll an.
Wenn überhaupt fühlte er sich dadurch nur noch schlechter. Irgendwie musste er einen Ausweg aus dieser Klemme finden. Für sie beide. Er stieg vor ihr auf und wandte sich noch einmal an Angus. „Sag Niall, er hört von mir.“
Dann wendete er Beau und grub ihm die Fersen in die Flanken.
8. KAPITEL
S elina blieb nichts anderes übrig, als haltsuchend ihre Arme um die Taille des Mannes vor ihr zu schlingen, während er sein Pferd querfeldein lenkte. In ihrer Brust lauerte ein dumpfer Schmerz, denn beim Versuch, Ian zu helfen, hatte sie ihre eigene Zukunft vernichtet. Wäre sie doch nur in London geblieben, dann wäre das alles nicht geschehen!
Und sie hätten Ian geschnappt.
Dieser dumme Ranald war schuld daran! Wenn er einfach nur
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