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Verführer der Nacht

Titel: Verführer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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sterben, als ihn zu verlieren, aber Furcht regte sich in ihr, als Rafael mit seiner Zunge über ihr Handgelenk fuhr und den Kopf hob, um Juan anzustarren. In seinen schwarzen Augen lag Mordlust und kaum etwas anderes.
    Colbys Arm löste sich aus seiner Umklammerung. Ohne zu überlegen, sprang sie auf und schob das Gewehr weg. »Nein, Juan. Er weiß nicht, was er tut.« Sie versuchte, Rafaels Bewusstsein zu berühren, konnte aber nur ein seltsames Brüllen und in sehr weiter Ferne einen herzzerreißenden Schmer-zensschrei hören. Rafaels Finger schlossen sich um ihren Hals. Die Zeit stand still. Ihr Herz schlug zu schnell, und die Luft wich aus ihren Lungen.
    Ohne Vorwarnung brach Rafael zusammen, schlug hart auf dem Boden auf und zog sie mit sich. Er war aus ihrem Bewusstsein verschwunden. Colby tastete panisch nach seinem Puls. »Ist er tot? Ich kann keinen Puls fühlen, Juan. Er kann nicht tot sein!« Sie versuchte, ihn auf den Rücken zu drehen, um ihn wiederzubeleben.
    Juan hielt sie zurück, indem er eine Hand auf ihre Schulter legte. »Es ist die Sonne. Er ist zu schwach, und er muss geschützt und in die Erde gebettet werden. Wir müssen seine Wunden so gut wie möglich versorgen und ihn mit Erde bedecken. Wenn Don Nicolas heute Abend aufsteht, wird er ihn an einen sicheren Ort bringen.«
    Sie hob Rafaels Kopf und war schockiert, als er sie anstarrte. Tiefe Reue zeigte sich in seinen schwarzen Augen. Er schien wie gelähmt zu sein und sich nicht rühren zu können. Sein Herz und seine Lungen erweckten den Anschein, nicht zu arbeiten, aber er war bei Bewusstsein. »Soll ich Erde auf seine Wunden legen, so wie gestern Nacht?« Sie wollte weder in Rafaels Augen noch in sein Inneres schauen.
    Während Juan in der kühlen Erde nahe beim Teich ein Loch aushob, legte Colby eine Mischung aus Erde und Speichel auf Rafaels Wunden. Er sagte kein Wort, und sie fühlte sich wie betäubt. Seine Verletzungen waren grauenvoll. Es schien unmöglich, dass jemand in seinem Zustand genesen könnte. Sie fand es entsetzlich, ihn mit Juan in das flache Grab zu legen, und musste den Blick abwenden, als sein Körper mit Erde bedeckt wurde.
    Colby richtete sich schwankend auf und rannte durch das Dickicht, ohne auf die spitzen Zweige und scharfen Dornen zu achten, die ihre Kleidung und ihre Haut aufrissen. Sie musste Paul und Ginny finden. Sie brauchte es, mit jemandem zusammen zu sein, der gesund und völlig normal war. Ihr Verstand konnte einfach nicht akzeptieren, wozu Rafael imstande war. Er müsste tot sein, und doch hatte er einem Mann mit bloßen Händen das Herz aus der Brust gerissen, hatte sie beinahe getötet und hätte Juan umbringen können. Und statt ihn zum Arzt zu bringen, hatten sie die klaffenden Wunden mit Erde und Speichel versorgt und ihn auf ihrer Ranch begraben.
    Paul und Ginny saßen, bewacht von Julio, in einer kleinen Kiefernschonung. Beide sahen müde und schmutzig und so vertraut aus, dass Colby in Tränen ausbrach. Rafael konnte sie nicht trösten. Er war im Erdreich eingeschlossen, sein Körper war bleischwer, und sein Herz hörte zu schlagen auf. Er konnte sie weinen hören und wusste, dass er sie beinahe getötet hätte. Und sie wusste das auch! Juan hatte ihm gehorcht, als er Colbys Sicherheit über alles andere gestellt hatte, und dafür würde er ihm immer dankbar sein. Er war dem Abgrund so nahe, und das Monster in ihm wurde immer stärker, obwohl ihn die rituellen Worte schützen sollten. Hatte er zu lange gewartet? Er wollte bei Colby sein, wollte sie in die Arme nehmen, die Tränen von ihrem Gesicht küssen und ihr schwören, dass er ihr nie etwas antun könnte, aber er wusste nicht mehr, ob das wahr war. Hier in der Erde stellte er fest, dass die Qualen, die er ihretwegen litt, viel schlimmer als irgendeine seiner körperlichen Verletzungen waren.
    Über der Erde hielt Colby ihre Geschwister fest umschlungen, erfüllt von dem verzweifelten Wunsch, die beiden aus einer Welt zu holen, die sie nicht verstand. Ginny erzählte ihr alles über ihr schreckliches Erlebnis, als sie dem Laut eines verletzten Tieres gefolgt und in eine tödliche Falle getappt war. Der Klang ihrer Stimme vermochte das Grauen, das Colby erfüllte, nicht zu beschwichtigen.

Kapitel 14
    W ir haben zu tun!«, rief Paul und schlug mit der flachen Hand an Colbys Schlafzimmertür. »Wie lange willst du noch im Bett liegen? Der Tag ist schon halb vorbei! Julio hat Ginny zu den Everetts gebracht, und Juan ist dabei, das Heu

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