Verführer oder Gentleman? (German Edition)
sie neue Hoffnung.
Am Rand der Wiese brachen die Reiter zum Nachbardorf auf, wo das nächste Rennen beginnen würde. Thomas Howard zügelte ebenso wie Charles Sedgwick sein Pferd, um auf den Duke zu warten. Dann entdeckte er Miss Lockwood, hob sein Lorgnon und inspizierte sie von Kopf bis Fuß.
„Perfekt, Charles, einfach perfekt. Schade, dass wir ihre Ankunft nicht beobachtet haben! Hmmm – sie ist göttlich.“
„In der Tat, eine echte Schönheit“, stimmte Sir Charles zu. „Wäre Lansdowne nicht an ihr interessiert, würde ich sie umwerben … Außerdem ist sie arm wie eine Kirchenmaus, also würde sie leider der lieben Mama missfallen.“
Thomas starrte ihn vorwurfsvoll an. „Hast du meine Schwester vergessen? Seit einer halben Ewigkeit wartet sie auf deinen Heiratsantrag, das weißt du verdammt gut.“
„Keine Bange, Thomas, ich werde die zauberhafte Geraldine nicht enttäuschen und um ihre Hand bitten, sobald ich mich bereitfinde, den Hafen der Ehe anzusteuern. Vorher will ich mich noch ein bisschen amüsieren.“
„Nicht mit Miss Lockwood, Charles!“, mahnte Dominic, der die letzten Worte gehört hatte und seinem Freund einen frostigen Blick zuwarf. „Ich habe dich bereits gewarnt. Halte dich von dieser jungen Dame fern. Solche Ablenkungen würden sie bei ihrer Arbeit stören. Das dulde ich nicht. Seid ihr bereit? Gleich werden wir ein Rennen bestreiten, und ich will euch beide besiegen. Folgt mir, und ich zeige euch, wie man das macht.“
Lachend galoppierten die drei Gentlemen davon, um beim wichtigsten Wettkampf des Nachmittags anzutreten.
Juliet schaute ihnen nach. Bewundernd beobachtete sie, wie Lord Lansdownes Fuchs einen beträchtlichen Vorsprung herausholte und mühelos eine niedrige Mauer übersprang, ehe er aus ihrem Blickfeld verschwand.
„So heiter habe ich meinen Bruder schon lange nicht mehr gesehen.“ Lady Pemberton lächelte wehmütig. „Nach allem, was ich soeben bemerkt habe“, fuhr sie fort, in der festen Überzeugung, dass Dominic nicht immun gegen die Reize seiner jungen Angestellten war, „ist er sehr von Ihnen angetan, meine Liebe. Und Sie scheinen ihn ebenfalls zu mögen.“
Verwirrt wandte Juliet sich zu ihr. „Wie, bitte? Tut mir leid, ich …“
„Unsinn, das muss Ihnen nicht leidtun. Höchste Zeit, dass er heiratet und für einen Erben sorgt! Jedes Mal, wenn er nach London fährt, hoffe ich, er wird mir bei seiner Rückkehr erzählen, er habe eine Braut gefunden, die sich zur Duchess eignen und ihn glücklich machen wird. Darauf warte ich schon viel zu lange.“
„Offenbar ist ihm die richtige Frau noch nicht begegnet.“
„Sie glauben also, er müsste aus Liebe heiraten?“
„Für eine Ehe ist die Liebe sehr wichtig. Zwei Menschen, die ihr ganzes Leben miteinander verbringen sollen, wären zu bedauern, wenn sie sich nicht liebten. Finden Sie das nicht auch, Lady Pemberton?“
„Doch. Haben Ihre Eltern eine Liebesehe geführt?“
„O ja. Sie fühlten sich in einer tiefen, innigen Zuneigung verbunden, die das Schicksal sicher nur wenigen Paaren vergönnt. Man musste die beiden nur anschauen, um zu erkennen, wie sehr sie sich liebten.“
„Und Sie halten die eheliche Liebe für wichtig?“
Juliet blinzelte verwundert. Wie konnte Lady Pemberton eine solche Frage stellen, wo die Antwort doch offenkundig war? War ihre Ehe unglücklich gewesen?
„Natürlich weiß ich, dass manche Leute glauben, die Ehe und die Liebe hätten nichts miteinander zu tun“, begann Juliet vorsichtig. „Aber nach meiner Ansicht sollte man nur aus Liebe heiraten – aus keinem anderen Grund.“
„Nun, ich denke, auch der Wunsch nach Kindern stellt einen ausgezeichneten Anlass dar, der einen Mann und eine Frau zur Ehe bewegen könnte.“
Ein sanftes Lächeln umspielte Juliets Lippen. In ihren Augen erschien ein schelmisches Funkeln. „Wirklich? Ich wusste gar nicht, dass man heiraten muss, um Kinder zu bekommen.“
Scherzhaft schlug Lady Pemberton mit ihrem Fächer auf Juliets Arm und lachte leise. „Wie unsittlich! Wenn Sie so etwas in gehobenen Gesellschaftskreisen verkünden, wären die Leute entsetzt und würden Sie ächten.“
„Ohne jeden Zweifel. Aber nur, weil ich es auszusprechen wage – nicht wegen des Inhalts meiner Bemerkung. Nach meiner Meinung brauchen Kinder vor allem eine familiäre Umwelt und liebevolle Eltern. Allerdings bin ich weder naiv noch schlecht informiert, und ich weiß, das trifft leider nicht immer zu.“
Beinahe nahm Lady
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