Verführer oder Gentleman? (German Edition)
befehligen, eine eigene Kutsche benutzen. Außerdem dürfen Sie tun, was Sie wollen, solange kein anderer Mann genießt, wofür ich bezahle. Mit Ihren Kleidern und Juwelen werden Sie den Neid aller Damen in der Hauptstadt erregen.“
„Schmuck und eine elegante Garderobe interessieren mich nicht“, erwiderte Juliet tonlos. „Ebenso wenig brauche ich eine Dienerschaft, die erledigen würde, was ich selber tun kann.“
„Da wären Sie eine ungewöhnlich preiswerte Geliebte“, konterte Dominic grinsend. „Noch etwas – Sie sollten unsere Beziehung nicht missverstehen.“
„Was heißt das?“
„Erwarten Sie nicht mehr von mir, als ich zu geben bereit bin.“
Juliet reckte ihr Kinn hoch. Wenigstens ersparte er ihr die Beteuerung einer Liebe, die er nicht empfand. Nicht einmal eine gewisse Zuneigung hatte seinen Vorschlag begleitet, sie möge seine Geliebte werden.
Deshalb erkundigte sie sich genauso emotionslos: „Darf ich fragen, was aus mir werden soll, wenn Sie zu heiraten beschließen?“
„Das habe ich nicht vor. Falls ich mich anders besinne, wird sich Ihr Status einer Geliebten nicht ändern.“
„Ah, ich verstehe. Also würden Sie nicht nur Ihre Gemahlin, sondern auch mich entehren“, konstatierte sie eisig. „Haben Sie noch nie an eine Ehe gedacht, Euer Gnaden?“
In Dominics Blick erschien sekundenlang ein schmerzlicher Glanz – und noch etwas, das Juliet nicht deuten konnte. „Ein einziges Mal – vor langer Zeit“, gestand er. „Sie hieß Amelia. Damals fand ich nichts an ihr auszusetzen. So schön ist sie gewesen, so lebensfroh. An ihrer Keuschheit und Tugend zweifelte ich nicht.“
Umso offenkundiger verachtet er jetzt meine Moral, dachte Juliet. Irgendwie gelang es ihr, eine ausdruckslose Miene beizubehalten. Den Kopf gesenkt, betrachtete sie ihre ineinandergeschlungenen Finger. Brennende Scham erfüllte ihr Herz. Natürlich musste sie Dominics Trauer um seine verlorene Liebe berücksichtigen.
Aber spürt er denn nicht, wie tief er mich verletzt? Nun, vielleicht zählte die Beleidigung nicht, denn sie sollte ja nur seine Geliebte werden.
„Und was wurde aus diesem Ausbund an Tugend?“, fragte sie leise. Wie sie von Lady Pemberton erfahren hatte, war die Dame gestorben. Doch sie wollte es aus seinem Mund hören.
„Das war sie nicht.“ Über seine Augen glitt ein Schatten. „Sie fand den Tod.“
„Dann bedaure ich Ihren schweren Verlust.“ Seine Bemerkung, er habe nicht an Amelias Keuschheit und Tugend gezweifelt, verwirrte Juliet. Hatte er etwas anderes festgestellt? Wie auch immer, diese Frau musste ihm sehr viel bedeutet haben. Bittere Enttäuschung raubte ihr fast den Atem, und sie verbarg ihren Kummer hinter einem dünnen Lächeln. „Sicher war es sehr schmerzlich für Sie.“
Zynisch verzog Dominik die Lippen. „Das ist noch milde ausgedrückt. Wenn ich jene Ereignisse in knappen Worten schildere, werden Sie mich vielleicht ein bisschen besser verstehen. Amelia betrog mich. Und diese qualvolle Erfahrung, die ich damals verkraften musste, möchte ich nicht wiederholen. Niemals verzieh ich ihr. Sobald eine Frau versucht, näher an mich heranzukommen, wehre ich sie ab. Nach jenem Leid schwor ich mir, mein Herz nie wieder zu verschenken. Von den heuchlerischen, trügerischen Machenschaften des weiblichen Geschlechts will ich nichts mehr wissen. Aber Sie sind anders, Miss Lockwood. Das habe ich schon bei unserem ersten längeren Gespräch erkannt.“
Da hob Juliet den Kopf und schaute ihm fest in die Augen. „Wirklich? Vergeben Sie mir, wenn ich mich nicht geschmeichelt fühle. Auch ich bin nicht bereit, mein Herz zu verschenken.“ Was hatte Amelia verbrochen? Was mochte so schrecklich gewesen sein, dass es ihm verwehrte, jemals wieder Liebe zu empfinden? „Und nun wandern Sie durchs Leben und sammeln Mätressen, Euer Gnaden?“
Beharrlich missachtete sie seinen Wunsch, ihn nicht mehr so zu nennen, was ihn mit wachsendem Ärger erfüllte. Trotzdem wollte er vorerst darüber hinwegsehen, denn er spürte die Anspannung hinter ihrer kontrollierten Fassade.
„So ähnlich.“ Er erhob sich von der Tischkante. „Dauernd drängt meine Schwester mich zur Heirat. Irgendwann werde ich mich vielleicht dazu entschließen. Aber wie ich sagte – jetzt noch nicht. Während meiner Abwesenheit werden Sie genug Zeit finden, um sich mein Angebot zu überlegen, Miss Lockwood. Sie sind ehrgeizig und klug. Also werden Sie die logischen Vorteile erkennen, die es Ihnen
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