Verführer oder Gentleman? (German Edition)
hätte sich einen Liebhaber angeschafft.
„Ah, Juliet!“, rief sie und zog sie in eine abgeschiedene Laube, wo sie vor neugierigen Beobachtern geschützt waren. „Was für eine angenehme Überraschung! Und wie gut Sie aussehen!“ Sie drehte sich zu Dominic um, der eine steinerne Miene aufgesetzt hatte. „Sieht sie nicht zauberhaft aus?“
„Besser denn je!“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Der unverhohlene Zorn in seinen Silberaugen ließ Juliet zusammenzucken. Doch er schüchterte sie nicht ein. Herausfordernd hob sie die Brauen und umklammerte ihren Sonnenschirm etwas fester. „Nun, es geht mir sehr gut, und ich habe unsere letzte Begegnung ohne Narben überlebt, Euer Gnaden. Hoffentlich konnten Sie jemanden finden, der meine Arbeit fortsetzt.“
„Noch nicht, aber das ist nur eine Frage der Zeit. Übrigens, Ihr Bruder hat mich besucht.“
„Ja, das weiß ich. Danke für den Bankwechsel. Damit ist alles zwischen uns geklärt.“
Weil Cordelia die Spannung spürte, die in der Luft zu knistern schien, mischte sie sich rasch ein. „Kommen Sie oft nach Vauxhall, Juliet?“
„Heute bin ich zum ersten Mal hier. So viel gibt es zu bewundern. Ein sehr schöner Park.“
„In der Tat“, stimmte Cordelia zu. Dann wurde sie abgelenkt, denn jemand rief ihren Namen, und eine Dame trat in die Laube.
Cordelia entschuldigte sich und eilte sie zu ihrer Bekannten.
„Tagsüber sind die Gärten wirklich angenehm“, bemerkte Dominic. Die Stirn gefurcht, schaute er seiner Schwester nach, bevor er seinen frostigen Blick wieder auf Juliet richtete. „Das ändert sich am Abend. Vielleicht würde die nächtliche Atmosphäre deinem Geschmack eher entsprechen.“
„Würdest du mir erklären, was das heißt?“, bat sie verstört.
„In der Nacht geht es hier nicht so vornehm zu. Stattdessen verwandelt sich Vauxhall in einen echten Vergnügungspark, wo gewisse Londoner Dämchen auf den dunklen Wegen erotische Abenteuer suchen.“ Dominic grinste verächtlich. „Das würde dich sicher interessieren“, behauptete er, ohne seinen Sarkasmus zu verbergen.
Seine Kritik weckte rebellischen Zorn. Aber seine Worte verwirrten sie, und so zügelte sie ihr Temperament. „Verzeih mir … wovon redest du?“
„Für dich muss es eine berauschende Erfahrung sein, am Arm eines distinguierten Aristokraten über den Grand Walk zu lustwandeln – obwohl du nur seine Geliebte bist. Wenn du geschickt taktierst, könntest du mit deinem schönen Gesicht und dieser reizvollen Figur zur berühmtesten Londoner Halbweltdame avancieren. Sogar der Regent höchstselbst könnte Gefallen an dir finden – natürlich nur, wenn der Earl es erlaubt.“
Die ungeheuren Beleidigungen bereiteten Juliet unendliche Qualen. Und plötzlich verstand sie, was Dominic meinte. So etwas traute er ihr zu? Unglaublich … Aber trotz ihrer Entrüstung wollte sie ihn nicht aufklären.
Nonchalant hob sie die Brauen. „Wie ich gestehen muss, sind der Earl und ich uns sehr nahegekommen. Ich habe ihn wirklich lieb gewonnen.“
Wieder einmal wurde Dominic von heißer Eifersucht erfasst, als er diese zärtlichen Worte hörte, die einem anderen galten. Die Hände in die Hüften gestemmt, die Beine leicht gespreizt, herrschte er Juliet angriffslustig an: „Es verblüfft mich, dass du dich mit einem Earl begnügst. Immerhin hättest du einen Duke erobern können.“
Würden die infamen Attacken auf ihren Charakter kein Ende nehmen? Doch sie ließ sich nicht anmerken, wie grausam Dominic sie kränkte, und zwang ihre Lippen zu einem honigsüßen Lächeln. „Für mich ist ein Adelstitel wie der andere. Dergleichen bedeutet mir sehr wenig. Jedenfalls hat sich mein Status entscheidend verbessert – wenn man bedenkt, wie ich vorher dastand …“
Erbost starrte Dominic ihre schwellenden Brüste im Ausschnitt des teuren, eleganten Kleides an. Wenn sie auch nicht mehr zur Schau stellte als die anderen Damen in den Vauxhall Gardens – dies war Miss Juliet Lockwood, die ihm, abgesehen von einer einzigen Nacht, niemals mehr gezeigt hatte als ihr Gesicht und die Unterarme.
„Findest du dein auffallendes Dekolleté nicht ein bisschen vulgär für diese Tageszeit?“, fragte er in eisigem Ton.
Entgeistert riss sie die Augen auf, dann wäre sie beinahe in lautes Gelächter ausgebrochen. „Gerade du müsstest die Bedeutung dieses Wortes besonders gut kennen, Dominic Lansdowne, weil dein Verhalten in der Stadt des Öfteren damit beschrieben wird.
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