Verführer oder Gentleman? (German Edition)
Und was ich heute trage – dieses Kleid entspricht der neuesten Mode und ist sehr hübsch.“
„Und der Earl kann es später mühelos entfernen“, ergänzte er mit schneidender Stimme. „Warum bist du mit ihm zusammen?“
In wachsender Wut hörte sie ihm zu. Am liebsten hätte sie ihm ins Gesicht geschleudert, sie sei die Enkelin des Earl of Fairfax. Aber irgendein seltsamer Impuls bewog sie, ihm zu verschweigen, welche verwandtschaftliche Beziehung sie mit dem Earl verband. „Dazu haben mich die üblichen Gründe veranlasst“, antwortete sie ausweichend.
„Geld, Einfluss und Luxus, nehme ich an“, resümierte Dominic abfällig. „Auch ich bot dir das alles an – und noch viel mehr, wie ich mich entsinne.“
„Als du dachtest, Robby hätte die Miniaturen gestohlen, bat ich dich, meinem Wort zu vertrauen und an seine Unschuld zu glauben. Du hast dich geweigert. Nach allem, was an jenem Tag geschah, fand ich es unmöglich, noch länger in Lansdowne House zu bleiben. So, wie sich die Dinge entwickelt haben, bin ich sehr zufrieden. Ich mag den Earl of Fairfax. Und er erwidert meine Gefühle.“
„Kein Wunder!“ Höhnisch ließ er seinen Blick über Juliets schönes Gesicht mit der klaren Haut schweifen, die leicht schräg stehenden dunklen Augen mit dem warmen Glanz, den vollen Mund, der jeden Mann zu einem Kuss einladen musste. An einer Wange flatterten feine Haarsträhnen wie gewisperte Geheimnisse – genau an der Stelle, auf die Dominic seine Lippen drücken wollte.
Noch einmal betrachtete er den Ansatz ihrer Brüste im Ausschnitt ihres Kleides, und ein drängendes Verlangen erhitzte sein Blut. Juliet hatte einen Körper, der für die Hände eines Mannes geschaffen war und ekstatische Lust erregen konnte.
Sein Puls hämmerte wie rasend. Doch er bot seine ganze Selbstkontrolle auf und zwang sich wegzuschauen. Er hatte ihr die Freuden der sinnlichen Liebe gezeigt. Und kaum war ihr der himmlische Genuss bewusst geworden, teilte sie ihn mit einem anderen. Diese Erkenntnis sandte leidvolle Unrast in die Leere, wo sich einst seine Seele befunden hatte. Für seine Schwäche hasste er sich selbst.
„So schön bist du – und so unmoralisch! Ich gratuliere dir zu deinem Erfolg. In erstaunlich kurzer Zeit hast du einen Earl eingefangen. Eigentlich hielt ich dich für eine Frau mit Herz und Geist, nicht für eine raffsüchtige kleine Opportunistin.“
Entrüstet schnappte Juliet nach Luft. Dieser ungerechte Angriff überschritt die Grenzen ihrer Duldsamkeit. „Wie kannst du es wagen, über meine Moral zu lästern und mich habgierig zu nennen? Als wäre ich ein … Parasit! Ausgerechnet du machst mir Vorwürfe!“
„Sind sie etwa unbegründet?“, knurrte Dominic. In seiner wilden Wut wollte er sie möglichst schmerzhaft verletzen und ihr heimzahlen, was sie ihm angetan hatte. „Offenbar bist du genauso verwerflich, wie ich dich einschätze.“
„Und du bist ein arroganter, anmaßender, verwöhnter Aristokrat, der – nach allem, was ich gehört habe – nur für sein Vergnügen lebt.“
„Wie du zu dieser Folgerung gelangt bist, überrascht mich …“ Weil ihre Anklage ein Körnchen Wahrheit enthielt, widersprach er ihr nicht. „Ich habe dich schlecht behandelt. Das gebe ich zu. Aber ich hätte nicht erwartet, du würdest dich auf diese Weise rächen. Nachdem ich deinem Bruder begegnet bin, einem geradlinigen Mann mit starken Prinzipien, begreife ich nicht, dass er dir einen solchen Lebensstil erlaubt.“
Juliet lächelte spöttisch. „Oh, Robby billigt meine Beziehung zu dem Earl vorbehaltlos. Dazu hat er mich sogar ermutigt.“
Wie vom Donner gerührt, wich Dominic zurück. „Dann ist er ein Narr.“
„Untersteh dich, meinen Bruder zu beleidigen!“, zischte sie. „Er gehört zu den ehrbarsten Männern, die ich kenne. Und du bist es nicht wert, seine Stiefel zu putzen.“
„Nach deiner Ansicht vielleicht nicht. Aber er ist auch leichtsinnig und verantwortungslos.“
„Ah, und dank deiner überaus korrekten Maßstäbe bildest du dir ein, du dürftest ihn beurteilen“, konterte Juliet ironisch. Die Wangen feuerrot vor Zorn, widerstand sie nur mühsam der Versuchung, ihren Sonnenschirm auf Dominics Kopf zu schlagen. „Was ich nicht verstehe … Da du anscheinend glaubst, ich würde all diese Beleidigungen verdienen – warum redest du überhaupt mit mir?“
„Und ich frage mich, warum du vorhin zu Cordelia und mir kamst – nachdem du mein Haus so überstürzt verlassen
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