Verführer oder Gentleman? (German Edition)
keinen Umständen, darf eine junge Dame einem Duke widersprechen oder ihn ignorieren, so wie du es bei deiner Weigerung getan hast, mit mir zu tanzen.“ In seinen Augen funkelte ironischer Humor. „So etwas missfällt unsereins. Hat man dir das auf der Academy in Bath nicht beigebracht?“
„An einen solchen Unterricht erinnere ich mich nicht. Aber dein Charakter und mein Gerechtigkeitssinn zwingen mich immer wieder, dir zu widersprechen, Euer Gnaden .“
Nun lachte er wieder. Beim nächsten Tanz begann ihr Herz schmerzhaft zu pochen. Sie wusste, sie dürfte ihm nicht erlauben, sie so fest zu umarmen. Trotzdem wich sie nicht zurück, denn sie schien in einen eigenartigen Bann zu geraten. Erst als er sie noch enger an sich presste, kam sie zur Besinnung. Bei einem kurzen Blick nach beiden Seiten erkannte sie, dass sie ihm erst am Ende der Walzerserie entrinnen würde. Und wenn sie schon früher vor der Versuchung floh …?
„Also möchtest du erneut davonlaufen“, konstatierte Dominic. Hatte er ihre Gedanken gelesen. „Versuch es doch, bevor die Musik verstummt – vor all den Leuten …“
Juliet schaute in seine silbergrauen Augen, sah eine gnadenlose Kampfansage und erbebte wieder. Diesmal nicht vor Angst.
„Willst du es?“, fragte er leise.
So täuschend sanft klang seine Stimme, und Juliet fand, sie sollte den Rat ihrer Vernunft befolgen und den Tanz vorzeitig beenden. Doch sein eindringlicher Blick genügte, um sie in seinem Arm festzuhalten.
„Nein“, hauchte sie.
„Du könntest eine sehr starke Macht ausüben, Juliet – wenn du wüsstest, wie du sie anwenden sollst.“
„Welche Macht? Das verstehe ich nicht.“
„Eine Frau kann von einem Mann alles haben, was sie sich wünscht; sie muss ihn nur richtig behandeln. Diese Kunst beherrschen manche Frauen instinktiv. Leider hast du keine Ahnung davon.“
„Hör auf!“ Obwohl sie innerlich dahinschmolz, bemühte sie sich, in ruhigem Ton zu sprechen. „Du spielst mit mir. Dafür bin ich nicht in der richtigen Stimmung.“
„Das gebe ich zu: Ich plane ein Spiel.“ Durch gesenkte Wimpern musterte er ihr Gesicht. „Und ich lasse dich nicht gewinnen. Weil ich immer gewinne. Aber ich könnte dir zeigen, wie du spielen müsstest.“
In diesen Worten schwang etwas mit, das die schmelzenden Gefühle verscheuchte. „Das hast du bereits getan. Und wohin hat es mich gebracht?“
„Du bist eine ganz besondere Frau, Juliet. Für jeden Mann eine Herausforderung.“ Dominic lachte leise. „Einerseits möchtest du eine respektable junge Dame sein, andererseits bist du faszinierend und verführerisch. Ist das möglich? Eine interessante Frage, nicht wahr?“
„Kann eine Frau nicht beides sein?“
„Doch – was ich glücklicherweise herausfand …“
Zweifellos deutete er an, das hätte er bei ihrer rückhaltlosen Hingabe in jener einzigartigen Nacht erkannt.
„Du hast angekündigt, du würdest mit mir spielen und gewinnen, Dominic. Was willst du von mir?“
Sein Blick schweifte wieder zu ihren Lippen. Jetzt lächelte er nicht mehr. Sein Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an, und sie wurde erneut von der erwartungsvollen Erregung ergriffen, die sie in seinen Armen stets empfunden hatte.
„Heirate mich, Juliet.“
Ihre Umgebung verschwand in einem Schleier. Verstört zuckte sie zusammen, wachsende Verwirrung drohte sie zu lähmen. Aber irgendwie tanzten ihre Füße weiter. Schließlich fasste sie sich und ordnete ihre Gedanken. Was mochte den Duke zu diesem Antrag bewegen? Zu ihrer eigenen Verblüffung klang ihre Stimme ruhig und kontrolliert, mit einem vernehmlichen sarkastischen Unterton.
„Was? Heißt das, du bietest mir nicht mehr die Position einer Geliebten, sondern den erlauchten Status deiner Gemahlin an?“
„Genau das meine ich.“
„Und ich soll mich geschmeichelt fühlen?“
„Keineswegs.“
Argwöhnisch starrte sie ihn an. „Warum hast du es plötzlich so eilig, den Hafen der Ehe anzusteuern, noch dazu mit mir ?“
Wie seine Erfahrungen ihn lehrten, würden ihn romantischere Avancen eher ans Ziel führen. Aber dazu würde er sich nur entschließen, wenn er Juliet mit vernünftigen Argumenten und absoluter Ehrlichkeit nicht überzeugen konnte. „Bevor ich beschloss, um deine Hand zu bitten, dachte ich lange und gründlich nach. Hätte ich dir diesen Antrag vor deiner Abreise aus Lansdowne House gemacht – was hättest du geantwortet?“
„Obwohl ich dir in der Nacht davor meine Jungfräulichkeit und meine
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